Thüringen Thüringer AfD will juristisch gegen Ausschussgrößen vorgehen
Wegen der Landtagspräsidentenwahl änderte das Parlament am Samstag die Geschäftsordnung. Damit sollen auch die Ausschüsse kleiner werden. Das will die AfD nicht akzeptieren. Thüringens geschäftsführender Ministerpräsident Bodo Ramelow geht davon aus, dass die AfD im Landtag weiter Chaos stiften wird.
Die Thüringer AfD-Fraktion will gegen die vom Landtag beschlossenen Größen der künftigen Parlamentsausschüsse juristisch vorgehen. "Die Spiegelbildlichkeit zu den Verhältnissen im Plenum ist erst bei 14 Ausschussmitgliedern, fünf davon aus meiner Fraktion, gegeben", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Torben Braga, der dpa. Man wolle das daher vom Thüringer Verfassungsgerichtshof klären lassen.
Sperrminorität seit der Landtagswahl
Hintergrund ist die Sperrminorität der AfD-Fraktion. Die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei hatte bei der Landtagswahl am 1. September mehr als ein Drittel der Sitze im Thüringer Parlament erhalten und kann damit Entscheidungen, die mit Zweidrittel-Mehrheit zu treffen sind, blockieren.
Diese Blockademöglichkeit will die AfD-Fraktion auch in den Ausschüssen nicht missen. Allerdings hatte der Landtag am Samstag die Geschäftsordnung geändert und die Größe der Ausschüsse auf zwölf Mitglieder begrenzt. Die AfD würde ihre Sperrminorität dadurch in den Ausschüssen verlieren.
In den Ausschüssen können mit einer Zweidrittelmehrheit unter anderem Ausschussvorsitzende und ihre Stellvertreter abgewählt werden oder es kann darüber entschieden werden, ob Angelegenheiten öffentlich oder geheim behandelt werden.
Ministerpräsident Bodo Ramelow: AfD wird weiter Chaos stiften
Thüringens noch amtierender Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geht davon aus, dass die AfD weiter Chaos im Landtag stiften wird. Zur konstituierenden Sitzung sagte Ramelow dem MDR am Montag: "Das ist die Wiederholung des 5. Februar 2020, als es um die Wahl des Ministerpräsidenten ging."
Damals hatte die AfD einen Kandidaten aufgestellt, ihn allerdings nicht gewählt. Ramelow dazu: "Jetzt haben wir am Donnerstag den zweiten Akt davon erlebt. Und ich rechne damit, dass diese AfD in Thüringen das auch demnächst an anderen Stellen wieder wiederholen wird."
Sorge bereitet Ramelow der Angriff auf die Institutionen. Im digitalen Orbit werde das Landesverfassungsgericht schlecht gemacht. Es sei gefährlich für das Gemeinwesen, wenn Institutionen der Demokratie und der Verfassung kaputt gemacht würden. "Es passiert etwas, was ich auch eine Tendenz der Staatszersetzung nenne", so Ramelow.
Thüringens Landtag hat sich erst am Samstag konstituieren können, nachdem das Verfassungsgericht den AfD-Alterspräsidenten auf die Regeln hingewiesen hat, die er laut Verfassung im parlamentarischen Verfahren einzuhalten hat.
Auch Verfassungsschutz besorgt
Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer warnte nach dem Eklat im Thüringer Landtag vor weiteren Angriffen auf die demokratischen Institutionen. "Das war letzte Woche nur ein Vorgeschmack auf das, was uns noch erwartet", sagte Kramer dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)". Was bei der ersten konstituierenden Sitzung passiert sei, sei "das Niveau von Staatszersetzung", sagte Kramer mit Blick auf den Umgang der AfD mit dem Landesverfassungsgericht und dessen Richtern.
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar
Dass es mit Hilfe des Landesverfassungsgerichts und der anderen Fraktionen gelungen sei, "die Konstituierung des Verfassungsorgans Landtag störungsfrei und rechtswirksam zu vollenden und einen Präsidenten zu wählen", stimme ihn zuversichtlich. "Jetzt haben wir ein arbeitsfähiges Landesparlament, das ist schon mal viel wert", sagte er weiter.
Einige neue Mitglieder des Landtages hätten "zum ersten Mal höchstpersönlich erlebt, mit welchen Mitteln die AfD in Thüringen arbeitet", sagte Kramer. Dies "schweißt vielleicht zusammen, wenn es künftig darum geht, Verfassungsfeinden als Demokraten gemeinsam entgegenzutreten".
Stephan Kramer ist Thüringens Verfassungsschutzpräsident.
Die Bildung der Landesregierung in Thüringen gestaltet sich schwierig. Mit der AfD als stärkster Fraktion will keine andere der im Landtag vertretenen Parteien koalieren. CDU-Landes- und Fraktionschef Mario Voigt strebt eine Regierung unter seiner Führung an.
MDR/dpa (gh)