Thüringen Nach vorübergehender Festnahme: Thüringer Pfarrer aus Russland ausgereist
Nachdem der Thüringer Pfarrer Michael Schwarzkopf vergangene Woche aus russischer Haft freigelassen wurde, ist er inzwischen wieder in Deutschland angekommen. Grund seiner Inhaftierung war der Vorwurf, er habe nicht an seiner angegebenen Meldeadresse gewohnt.
Der zeitweise in Russland festgenommene Pfarrer aus Thüringen ist mit seiner Familie nach Deutschland zurückgekehrt. Nach Angaben der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) hat er auf Druck der russischen Behörden das Land verlassen. Das habe seine Kirchengemeinde in Sankt Petersburg am Montag mitgeteilt.
Pfarrer wegen ungültiger Meldeadresse verhaftet
Pfarrer Michael Schwarzkopf, der bis Ende 2013 die Rennsteiggemeinden rund um Frauenwald und Stützerbach im Ilm-Kreis betreute, war elf Jahre in Russland als Geistlicher tätig. Verantwortlich war er demnach für alle Gemeinden im Nordwesten Russlands. Medienberichten zufolge wurde er in der vergangenen Woche von russischen Behörden festgenommen und erst nach einer Nacht in Polizeigewahrsam wieder freigelassen.
Dem Pfarrer wurde vorgeworfen, nicht an der angegebenen Meldeadresse gewohnt zu haben. Die Behörden leiteten deshalb ein Gerichtsverfahren ein. Ihm drohte die Abschiebung. Das deutsche Generalkonsulat in Sankt Petersburg hatte nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin den Fall von Beginn an sehr eng betreut.
Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) gab an, sie sei "sehr erleichtert" über die Rückkehr von Schwarzkopf und seiner Familie. Nach Ansicht der Theologieprofessorin und Russlandexpertin Regina Elsner von der Universität Münster zeigt der Fall, dass der "allgemeine, massive Druck der Regierung in Moskau auf die Zivilgesellschaft in Russland" sich auch gegen Religionsgemeinschaften richte. "Seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine wird das Mittel des Aufenthaltsrechts nun intensiv genutzt, um jede Möglichkeit des unabhängigen Agierens von Kirchen auszuschließen", sagte sie der KNA.
Immer mehr Geistliche in Russland in Bedrängnis
Vor Schwarzkopf seien vor allem polnische katholische Priester und Ordensleute aus Russland ausgewiesen oder nach Auslandsaufenthalten nicht wieder ins Land gelassen worden. Die katholische und die lutherische Kirche in Russland böten "oft einen letzten Schutzraum vor der politischen Indoktrination", so Elsner. Doch der russische Staat lasse beide Kirchen "unter Vorwänden wie im Fall von Pfarrer Schwarzkopf spüren, dass sie vollkommen von der Gnade des Staates abhängen".
Auch der leitende Erzbischof der Kirche, Dietrich Brauer, war bereits im März 2022 aufgrund staatlicher Repressionen mit seiner Familie aus Moskau nach Deutschland geflohen. Ebenfalls der damalige Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt, verließ 2022 das Land. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinde seien von Behörden unter Druck gesetzt worden, den Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen, sagte er. Dem habe er sich widersetzt.
30.000 Ausländer aus Russland abgeschoben
Ein im August von Russlands Präsident Wladimir Putin unterzeichnetes Dekret sieht vor, dass ausländische Staatsbürger auch ohne Gerichtsentscheidung des Landes verwiesen werden können. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 wurden laut Medienberichten mehr als 30.000 Ausländer aus Russland abgeschoben.
Schwarzkopf begann seinen Dienst an der Petrikirche in Sankt Petersburg den Angaben zufolge im Jahr 2013. Ein Jahr später wurde er Vertreter des Erzbischofs der evangelisch-lutherischen Kirche Russlands. Nur ein winziger Bruchteil der Bevölkerung des Landes sind Lutheraner. Im europäischen Teil Russlands wird ihre Zahl auf etwa 15.000 geschätzt.
MDR (ost/med)/KNA