Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r.) winkt bei einem Spaziergang über den Markt mit André Neumann
Im vergangenen Jahr empfing André Neumann (l) Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Altenburg. Bildrechte: picture alliance/dpa | Kristin Schmidt

Unvereinbarkeitsbeschluss CDU-Oberbürgermeister ruft seine Partei zum Umdenken auf

03. Juni 2023, 14:32 Uhr

Die CDU hatte 2018 entschieden, jedwede Koalition oder Zusammenarbeit mit der Linken und der AfD auf unbestimmte Zeit auszuschließen. Altenburgs CDU-Oberbürgermeister André Neumann hat seine Partei jetzt aufgerufen, das in Bezug auf die Linke zu überdenken. Thüringens CDU-Landtagsfraktionschef Mario Voigt hält das für ausgeschlossen.

Moderator Lars Sänger
Moderator Lars Sänger Bildrechte: MDR/Marco Prosch

Altenburgs Oberbürgermeister André Neumann (CDU) hat seine Partei aufgerufen, den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken zu überdenken. "Wenn wir in neuen Situationen nicht neu nachdenken und Dinge anders angehen, laufen wir an der politischen Realität und dem Wählerwillen vorbei."

Auf Distanz zum Parteitagsbeschluss

Neumann geht damit auf Distanz zu seiner Bundespartei. Diese hatte auf ihrem Parteitag im Dezember 2018 in Hamburg entschieden, jedwede Koalition oder Zusammenarbeit mit der Linken und der AfD auf unbestimmte Zeit auszuschließen.

"Beschlüsse gelten solange, bis sie geändert oder aufgehoben werden", so Neumann. Die Linke habe in den vergangenen Jahren in Thüringen regiert und sei nicht antidemokratisch. Deshalb müsse sich die CDU Thüringen mit den neuen Begebenheiten auseinandersetzen.

Beschlüsse gelten solange, bis sie geändert oder aufgehoben werden.

André Neumann

Dahinter, dass bislang weder CDU noch Linke intern über eine mögliche Koalition nach der Thüringer Landtagswahl 2024 diskutieren, vermutet Neumann taktische Gründe. "Beide Parteien wollen vermeiden, Teile ihre Anhängerschaft zu desillusionieren", so der 45-Jährige.

Inhaltliche Differenzen seien "überwindbar"

Der Altenburger Oberbürgermeister rät seiner Landespartei auch, über die Juniorrolle in einer möglichen Mehrheitsregierung mit der Linken nachzudenken. "Wenn tatsächlich ein klarer Machtanspruch für eine der beiden Parteien besteht, muss sich die andere damit beschäftigen, Juniorpartner zu sein. Da schließt sich niemand aus."

André Neumann, Oberbürgermeister von Altenburg
André Neumann ist Oberbürgermeister von Altenburg. Bildrechte: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Die inhaltlichen Differenzen zwischen CDU und Linke hält der Altenburger Oberbürgermeister für überwindbar. In einer mehrheitsgeführten Koalition kläre ein Koalitionsvertrag die wichtigsten Themen. "Dabei geht es auch darum, sich gegenseitig Dinge abzuringen. Und es gehört auch dazu, dass beide Seiten ein Stück weit von ihren Philosophien abrücken und dem anderen Partner entgegenkommen müssen."

Daran, so Neumann, könnten mögliche Verhandlungen zwar auch zerbrechen. Es sei aber eine demokratische Verantwortung, sich zumindest miteinander auseinanderzusetzen.

Dabei geht es auch darum, sich gegenseitig Dinge abzuringen.

André Neumann

Neumann warnt die CDU vor einer erneuten Minderheitenregierung für Thüringen. Diese bedeute Stillstand. "Wir sehen momentan: Wenn keiner Themen unterbringt, schadet das dem Land am meisten."

Beginn des Wahlkampfs rückt näher

Mit Blick auf den nahenden Wahlkampf erklärte Neumann: "Der Prozess muss jetzt beginnen." Die Wähler hätten die Erwartung, eine CDU zu wählen, von der sie wissen, wo es mit ihr hingehe und dass es mit ihr eine Regierungsoption gebe. "Der Aufbau des Vertrauens muss jetzt beginnen", so Neumann.

In Thüringen wird im kommenden Jahr regulär ein neuer Landtag gewählt. Derzeit führt Ramelow eine Minderheitsregierung von Linke, SPD und Grünen, die sich Mehrheiten vor allem mit Stimmen der CDU organisiert.

Am Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD will Neumann festhalten. Die Partei sei antidemokratischer und schließe sich deshalb als Partner der CDU aus. Darin, eine Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern, sieht Neumann eine demokratische Aufgabe aller Parteien.

Thüringer CDU-Chef bleibt bei Unvereinbarkeit

Thüringens CDU-Landtagsfraktionschef Mario Voigt schloss in einem Interview am Samstag im "Deutschlandfunk" eine Koalition der CDU mit der Linken wie in der Vergangenheit schon aus. "In der DNA der CDU ist ganz klar, dass wir ein anderes Gesellschaftsbild haben als die Linken."

Mario Voigt (CDU), Fraktionsvorsitzender
Mario Voigt ist CDU- Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

In Thüringen kam die AfD bei einer repräsentativen Umfrage im April auf 28 Prozent, die Linke auf 22 Prozent. Die CDU erhielt 21 Prozent. Die Regierungsparteien Linke, SPD und Grüne lagen zusammen unter 40 Prozent und entfernten sich weiter von einer Parlamentsmehrheit.

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MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit vom Tag | 03. Juni 2023 | 18:00 Uhr

231 Kommentare

Wessi vor 45 Wochen

Aber ganz weitgehend andere Personen @ Maik K.!Höcke gebraucht Nazivokabular resp. die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gg. ihn.Die heutige Linke fordert nicht mehr das, was die SED auszeichnete.Davon einmal ganz abgesehen hat es wohl schon Gründe, daß der Verfassungsschutz sie heute nicht mehr überwacht, als Verdachtsfall einstuft usw.!Aber Koalitionen auf Länderebene zwischen CDU und LInke wird es eh' nicht geben, das sind "Ostvorstellungen" die der Westen nicht mitmachen würde.

Mischka vor 45 Wochen

@MK
Ich habe nichts derartiges gesagt. Sie stellen hier eine Grundsatzfrage, welche sich bei jeder anderen Partei ebenfalls stellt. Sie verwechseln ein wenig Wunsch und Realität. DIE LINKE in Thüringen hat gewisse Vorstellungen zur kostenlosen Kinderbetreuung (ein Beispiel zum Wunsch). Diese Vorstellungen sind grundsätzlich gut. Dafür müßten aber finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, welche nicht ohne Einschnitte da sind (Beispiel für Realität).

Maik Kretschmar vor 45 Wochen

@MDR-Team:

Sorry, aber diese von Ihnen getätigte Aussage ist einfach nicht korrekt, wenn Sie bitte nochmal Ihre eigene Quelle prüfen wollen:

»Bei Ihrer Quelle handelt es sich um die Gewalttaten von linksextremen Personen. Deren Anzahl liegt laut Bundesamt für Verfassungsschutz bei 6.142 (Stand: 2021), die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten hingegen bei 20.201 (Stand: 2021).«

Sie sprechen von 20.201 rechtsextremen Gewalttaten und 6142 linken Gewaltaten, Ihre Quelle spricht jedoch von 20.201 rechten Straftaten und 6142 linken Straftaten.

Sie haben natürlich Recht, dass die Diskussion »on topic« sein sollte. Aber Ihre Aussage zur Zahl der Gewalttaten kann ich so einfach nicht stehen lassen. Siehe auch von mir zitierten Bericht zur PMK vom BKA.

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