Schockraum in einer Notaufnahme
In der Notaufnahme in Bernburg sollen nach Ostern nur noch neurologische Notfälle wie Schlaganfälle oder Hirnhautentzündungen behandelt werden. (Symbolfoto) Bildrechte: IMAGO / Agentur 54 Grad

Gesundheitsversorgung gefährdet Salzlandkreis: Umstrukturierung bei Ameos-Kliniken sorgt für Kritik

22. März 2024, 09:35 Uhr

Der Landrat des Salzlandkreises macht sich Sorgen über die Umstrukturierungspläne der Ameos-Kliniken. Diese könnten die Gesundheitsversorgung beeinträchtigen. Kapazitätsprobleme werden befürchtet, außerdem gibt es Kritik an mangelnder Information und möglichen Entlassungen.

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Der Landrat des Salzlandkreises, Markus Bauer (SPD), sorgt sich um die Gesundheitsversorgung in seiner Region. Mit Blick auf die Umstrukturierungspläne des Klinikbetreibers Ameos sagte er MDR SACHSEN-ANHALT: "Wir müssen – und das ist mein deutliches Signal – dringend ins Gespräch kommen und klären, wie wir gute Gesundheitsversorgung in der Fläche erhalten."

Die Ameos-Gruppe hatte am Mittwoch angekündigt, an ihren Klinikstandorten im Salzlandkreis künftig eine spezialisierte Versorgung anzubieten. So sollen in der Notaufnahme in Bernburg nach Ostern nur noch neurologische Notfälle wie Schlaganfälle oder Hirnhautentzündungen behandelt werden. Die Stationen für Chirurgie und Innere Medizin werden laut Ameos ab Mai ausschließlich in Aschersleben und Schönebeck konzentriert.

Kostendruck und Fachkräftemangel

Als Gründe nannte der Klinikbetreiber steigende Kosten und den Fachkräftemangel. Stephan Freitag, Geschäftsführer der Regionaldirektionen Ameos-Nord und Ameos-Ost, sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Donnerstag, die Problematik zeige sich in allen deutschen Krankenhäusern und gehe auf die letzten zwei Jahre zurück. Bedingt durch Inflation, Energiekrise und Ukraine-Krieg hätten die Krankenhäuser eine Unterfinanzierung von mittlerweile 13 Prozent erreicht.

Freitag forderte eine auskömmliche Finanzierung. Diese müsse über die Krankenkassen erfolgen. Hier sei das Bundesgesundheitsministerium gefordert.

Kapazitätsprobleme erwartet

Nach Ansicht von Daniel Schweigert, Leiter des ASB-Rettungsdienstes im Salzlandkreis, wird die Entscheidung der Ameos-Gruppe gravierende Folgen haben. "Wir haben schon jetzt Kapazitätsgrenzen in den Notaufnahmen in Aschersleben, sodass wir nach Bernburg in die Notaufnahme fahren müssen. Wenn das jetzt auch noch wegfällt, sehe ich da echte Kapazitätsprobleme."

Die Versorgungssicherheit der Patienten ist nach Ansicht Freitags aber nicht gefährdet. Man habe einen gut aufgestellten Rettungsdienst und starke Notaufnahmen in Aschersleben und Schönebeck. Mit diesem werde man in den kommenden Tagen auch noch die Details besprechen und klären.

Kritik vom Betriebsrat

Auch der Betriebsratsvorsitzende des Ameos-Klinikums Aschersleben-Staßfurt, Andreas Rossa, kritisiert die Umstrukturierungspläne des Klinikbetreibers, insbesondere die Kommunikationsstrategie. "Wir erhalten als Betriebsrat keine Informationen, auch nicht auf Nachfrage bei der regionalen Geschäftsleitung." Deshalb könne er auch nicht sagen, ob es Entlassungen geben werde und was das für die Beschäftigten bedeute.

Zur Personalsituation bei Ameos sagte Regionalgeschäftsführer Freitag, man wolle niemanden entlassen. Allen 65 betroffenen Mitarbeitenden würden Angebote gemacht, entweder in die bleibenden Klinik-Bereiche oder an andere Standorte im Kreis zu wechseln.

Benachbartes Harzklinikum sichert Versorgung zu

Die Umstrukturierung bei Ameos interessiert auch die Mitbewerber. Das Harzklinikum im benachbarten Landkreis Harz hat der Bevölkerung als Reaktion auf die Ameos-Umstrukturierung eine umfangreiche medizinische Versorgung zugesichert. Ein Sprecher des Harzklinikums erklärte, die Einrichtungen in Quedlinburg, Wernigerode und Blankenburg seien "umfassend ausgestattet, um den entstehenden Bedürfnissen gerecht zu werden." Die Mitarbeitenden seien hochmotiviert, einer "zuspitzenden Krisensituation" zu begegnen. Das Harzklinikum ist noch in kommunaler Hand. Ameos hingegen ist ebenfalls im Landkreis Harz vertreten – mit Standorten in Halberstadt, Quedlinburg und Wernigerode.

Nach Angaben des Klinikbetreibers gibt es in Sachsen-Anhalt derzeit 19 Ameos-Einrichtungen an elf Standorten mit insgesamt 1.900 Betten bzw. Behandlungsplätzen. Rund 4.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien dort beschäftigt.

MDR (Norma Düsekow, Stephan Schulz, Moritz Arand) | Erstmals veröffentlicht am 21.03.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. März 2024 | 17:00 Uhr

8 Kommentare

ElBuffo vor 5 Wochen

Als die Kliniken im Salzlandkreis noch in öffentlicher Hand waren, konnte man dem Personal die Schuhe während der Arbeit besohlen. Problem hier war, dass sich die Provinzfürsten der drei Altkreise gegen jede Anpassung an die Gegebenheiten gewehrt hatten bzw. war Nichtstun immer der kleinste gemeinsame Nenner. Am Ende wurde die Notwendigkeit zu Anpassungen noch durch Bilanzfälschungen verschleiert. Durchgeführt von einer Parteifrundin des damaligen Landrates. Die wurde dann auch nur halbherzig und so spät sanktioniert, dass sie erfolgreich auf Weiterbeschäftigung zu vollen Bezügen klagen konnte. Der neue Betreiber hat dann das nachholen müssen, was jahrelang verschleppt worden ist. Und sowas ist dann wie beim Zahnarzt. Wenn man nicht hingeht, wird das Loch nicht kleiner.

vbecland vor 5 Wochen

Sie wissen sicherlich ganz genau was Herr Bauer leistet, oder in Ihren Augen nicht leistet.
Oder sind sie ein sogenannter Berufsnörgler, der alles und jeden schlecht redet?

Einheimisch vor 5 Wochen

Es ist eine Schande, die Kreisstadt hatte Jahrzehnte umfangreiche Klinikversorgung. Selbst am Bau des Bettenhauses als Lehrling beteiligt, kamen dort unsere Kinder zur Welt, die Mitarbeiter und Ärzte hatten dort sogar Betriebskindergarten. Mit Ameos fingen Auslagerungen an, erst die Geburtsstation, dann Kinder usw. Innere und Chirurgie auch noch weg, was bleibt dann noch interessiert Minister nicht, der heute die Büchse der Cannabis-Pandora öffnete.

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