Sachsen-Anhalts Kabinett vor der auswärtigen Sitzung in der Mammuthalle in Sangerhausen (Mansfeld-Südharz) am 18. April 2023
Sachsen-Anhalts Landesregierung vor der auswärtigen Kabinettssitzung in der "Mammuthalle" in Sangerhausen (Mansfeld-Südharz) Bildrechte: MDR/Felix Fahnert

Auswärts-Sitzung in Sangerhausen Kabinett tagt in Mansfeld-Südharz: Haseloff will mit Strukturwandel Wunden heilen

18. April 2023, 20:11 Uhr

Raus aus der Landeshauptstadt, rein in die Regionen: Sachsen-Anhalts Regierung will mit auswärtigen Sitzungen künftig wieder näher an den Entwicklungen vor Ort sein. In Mansfeld-Südharz ging es dabei am Dienstag vor allem um den Strukturwandel. Rund 400 Millionen Euro an Fördergeldern fließen durch den Kohleausstieg in den Landkreis – und dennoch kämpft man vor Ort für die Akzeptanz des Transformationsprozesses.

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Zeit zum Verschnaufen bleibt Reiner Haseloff an diesem Mittag in Mansfeld-Südharz nicht. "Ich bin noch nicht mal zum Händewaschen gekommen", sagt der Ministerpräsident, als er mit Verspätung zur Pressekonferenz in der Sangerhäuser "Mammuthalle" kommt. Rund drei Stunden hatte der CDU-Politiker zuvor mit seiner Landesregierung und Vertretern des Landkreises in Sangerhausen zusammengesessen – ein Termin mit Fokus auf die Herausforderungen, auf Förderprojekte und auf die langfristige Entwicklung von Mansfeld-Südharz. Und trotzdem komme ja noch das "normale Programm" des Kabinetts hinzu, betont Haseloff. Die schnelle Handhygiene muss da offenbar auch mal zurückstecken.

Haseloff: Vernetzung durch Kabinettssitzungen vor Ort

Rauskommen aus der Landeshauptstadt, rein in Sachsen-Anhalts Regionen und die Herausforderungen vor Ort – das will das Kabinett mit auswärtigen Sitzungen wie in Sangerhausen nun wieder häufiger tun. So "kriegt man die Vernetzung hin", sagt Haseloff. In solchen Runden sei vieles "ganzheitlich einordenbar", Dinge, die sich aus der nüchternen Statistik gar nicht ableiten ließen.

Und geht es um Entwicklungen in Mansfeld-Südharz, dann geht es eigentlich auch immer um den Strukturwandel – also um den Kohleausstieg und alle Veränderungen, die damit verbunden sind. Der Landkreis sei eine "klassische Strukturregion", die sich verändere, erklärt Haseloff. Durch die Milliarden, die im Zuge des Kohleausstiegs an Fördergeldern fließen, profitiert auch Mansfeld-Südharz als Teil des mitteldeutschen Braunkohlereviers. Da sei "viel Bewegung in den gemeinsamen Projekten", sagt der Ministerpräsident.

Mansfeld-Südharz will Stempel der "Problemregion" loswerden

Dass es die ehemalige Bergbauregion in den vergangenen Jahrzehnten nicht leicht hatte, weiß auch Haseloff. Es sei ein "Heilen der Wunden", was hier versucht werde. Dass mittlerweile mehr Menschen nach Mansfeld-Südharz ziehen als den Landkreis verlassen, sei aber ein "klares Zeichen, dass wir die Talsohle hier durchschritten haben", sagt der Regierungschef.

André Schröder (CDU), Landrat von Mansfeld-Südharz und ehemaliger Finanzminister, kommen Haseloffs Worte zweifellos gelegen. Schröder, seit Sommer 2021 im Amt, will, dass der Landkreis den Stempel der Problemregion loswird. Der Strukturwandel sei eine "Riesenchance", sagt Schröder. Rund 400 Millionen Euro sollen über die Jahre an Fördermitteln fließen, 45 Projektvorhaben gebe es. Der Landkreis hat dafür einen eigenen Masterplan zum Strukurwandel entwickelt.

Landrat: Strukturwandel "oft als Bedrohung wahrgenommen"

Auch an diesem Dienstag gibt es aus Magdeburg wieder zwei Förderbescheide für die Region: Gut eine Million Euro fließt in das Museum "Alte Münze" in Stolberg. Weitere 135.000 Euro gehen nach Benndorf im Mansfelder Land, wo ein Energieprojekt gefördert wird. Biomasse könnte hier in Zukunft in Energie umgewandelt werden.

Blick auf das Museum Alte Münze in Stolberg (Sachsen-Anhalt)
Bekommt über eine Million Euro an Fördergeld: das Museum 'Alte Münze' in Stolberg im Landkreis Mansfeld-Südharz Bildrechte: picture alliance / Matthias Bein/dpa-Zentralbild/ZB | Matthias Bein

Landrat Schröder ist angesichts der vielen Vorhaben überzeugt, dass die Förderprojekte die Lebensqualität in der Region erhöhen werden. Er räumt aber auch ein, dass genau das noch nicht überall in der Bevölkerung angekommen ist. Strukturwandel werde "oft als Bedrohung" wahrgenommen, sagt Schröder. Hintergrund seien die negativen Erfahrungen mit Brüchen und Transformationen in der Vergangenheit. Im Fall von Mansfeld-Südharz sei das die zurückliegende Abwicklung des industriellen Bergbaus.

Sangerhausens OB: Neue Radwege werden naserümpfend angeschaut

Auch Sangerhausens Oberbürgermeister Sven Strauß (SPD) sagt, so mancher neue Radweg werde zunächst naserümpfend angeschaut – viele fragten sich, was das denn mit Strukturwandel zu tun habe. Er sagt aber auch, man habe den Prozess des Strukturwandels "als Chance für uns erkannt". Geld fließt etwa in ein Industriegebiet, in touristische Attraktionen und in die Energiewende. Es gehe darum, dass die Bürgerinnen und Bürger spürbar von den Projekten profitierten, erklärt Strauß.

Ähnlich sieht es Landrat André Schröder. Der Strukturwandel sei eine "gute Entscheidung für die Seelen der Menschen". Wenn in Mansfeld-Südharz eine Wandelerfahrung nicht mehr als Nachteil, sondern als Chance empfunden wird, „dann haben wir schon viel erreicht“, sagt Schröder.

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MDR (Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. April 2023 | 19:00 Uhr

14 Kommentare

DER Beobachter vor 49 Wochen

Das andere kann ich nicht einschätzen, aber Tatsache ist, dass F und Po/Cz Nettostromimporteure nahezu 24/7 in GW-Höhe sind, auch wenn es gern anders kolportiert wird...

MDR-Team vor 49 Wochen

Danke für Ihren kritisch-konstruktiven Kommentar. Weitere Informationen zu den strukturfördernden Maßnahmen finden sie im "Masterplan Strukturwandel" (https://www.mansfeldsuedharz.de/datei/anzeigen/id/50790,1154/masterplan_strukturwandel_mansfeld_suedharz_v1.0.pdf), der auch im Text verlinkt ist.

pwsksk vor 49 Wochen

Hallo MDR, statt zu antworten, wo Frau Grimm Benne steht, hättet ihr ja einmal schreiben können, worin die 45 Projekte des Strukturwandels bestehen. Im Artikel finde ich Worte wie böse Wunden, Tourismus oder gute Entscheidungen. Wenn Herr Haseloff nicht zum Händewaschen gekommen ist, was hat er denn wichtiges gemacht? Als Anhaltiner interessiere ich mich sehr für strukturfördernde Maßnahmen, die uns Menschen hier mitnehmen. Wenn Intel jetzt in Magdeburg investiert, habe ich Hoffnung. Was in der Landeshauptstadt an Baumaßnahmen passiert und ist, sieht nach Zukunft aus. Bitte recherchiert und schreibt konkret. Einheitsbrei und Lobhudelei (ähnlich der Auszeichnung von Frau Merkel) braucht keiner mehr.

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