Landrat Götz Ulrich
Landrat Götz Ulrich begrüßt die Routen-Änderung der geplanten AfD-Demo. Sie sollte ursprünglich an seinem Privathaus vorbeiführen. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Bein

Nicht mehr an Privathaus Landrat Ulrich begrüßt Routen-Änderung bei AfD-Demo

15. März 2024, 15:23 Uhr

Die Route der AfD-Demonstration im Burgenlandkreis, die ursprünglich am Wohnhaus von Landrat Götz Ulrich vorbeiführen sollte, wird geändert. Zuvor hatte es heftige parteiübergreifende Kritik gegeben. Auch Innenministerin Tamara Zieschang stellte sich hinter Ulrich und kündigte an, sie wolle selbst vor dem Haus stehen. Ulrich hatte die Anmelder der Demo zuvor zu einer sachlichen Auseinandersetzung im Kreistag aufgefordert, ohne seine Familie einzubeziehen.

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Ein von AfD-Vertretern im Burgenlandkreis angemeldeter Demonstrationszug soll nicht mehr am Wohnhaus von Landrat Götz Ulrich vorbeiführen. Wie eine Sprecherin des Kreises MDR SACHSEN-ANHALT mitteilte, ist die Änderung das Ergebnis eines Gespräches zwischen Vertetern der Versammlungs-Behörde und den Anmeldern der Demo.

Ulrich zeigte sich erfreut. "Die Änderung der Route begrüße ich. Sie ist das Ergebnis des öffentlichen Drucks und der großen Solidarisierung aus allen demokratischen Parteien und Gruppen", sagte der CDU-Politiker.

Innenministerin Zieschang sichert Ulrich Unterstützung zu

An der geplanten Demonstration vor dem Wohnhaus des Landrates hatte es zuvor heftige Kritik gegeben. Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es sei Aufgabe aller gesellschaftlichen Akteure, sich entschieden und konsequent gegen Anfeindungen und Bedrohungen gegen Kommunalpolitiker zur Wehr zu setzen.

Daher werde ich selbst vor dem Haus des Landrates stehen und freue mich, wenn viele mit mir Flagge zeigen.

Tamara Zieschang (CDU) Innenministerin von Sachsen-Anhalt

"Daher werde ich selbst am 25. März abends vor dem Haus des Landrates stehen und freue mich, wenn viele Bürgerinnen und Bürger mit mir Flagge zeigen", sagte Zieschang. Sie betonte, dass Auflagen für die Demonstration geprüft werden müssten, sollte der Anmelder an seiner ursprünglich geplanten Route festhalten. Diese hätte am Privathaus von Landrat Götz Ulrich vorbeiführen sollen.

Parteiübergreifende Ablehnung der Route

SPD-Landeschef Andreas Schmidt sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man stehe fest an der Seite von Landrat Ulrich gegen die Einschüchterungsversuche durch die AfD: "Demokratische Werte und unsere freiheitliche Ordnung müssen wir gemeinsam verteidigen. Solidarität kennt keine Partei-Grenzen."

Die Fraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen, Cornelia Lüddemann, teilte mit, was die AfD mache, sei der Versuch der Einschüchterung und der Bedrängung eines ausgewiesenen Demokraten. Landrat Ulrichs privates Umfeld in Angst und Schrecken zu versetzen, gehe gar nicht: "Eine solche Demo-Route sollte nicht genehmigt werden."

Die Fraktionschefin der Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt, Eva von Angern, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, diese Art der politischen Aggression lehne sie zutiefst ab. Sie hoffe, dass dieser Einschüchterungsversuch mit den Mitteln des Rechtsstaates verhindert werden könne.

Guido Kosmehl, innenpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, teilte mit, er unterstütze die Courage von Götz Ulrich. "Als Demokraten müssen wir zusammenstehen, auch wenn die AfD und Tillschneider versuchen, Angst zu schüren. Hass löst nicht die Probleme in unserem Land."

Auch der Präsident des Landkreistages, Reinhard Sager, kritisierte die geplante Demonstration. Die Ankündigungen der AfD seien "ungeheuerlich", sagte er der Funke Mediengruppe. Damit werde eine rote Linie überschritten.

Ulrich informierte Kreistag über Demo-Pläne

AfD-Vertreter haben für Ende März eine Demonstration angemeldet, die zunächst am Wohnhaus von Ulrich vorbeiführen sollte. Darüber hatte Landrat Ulrich am Montagabend den Kreistag unterrichtet. Der Aufzug trage das Motto "Stoppt den großen Raubzug". Nach den Worten Ulrichs soll ihm vor seinem Haus "ein netter Besuch mit Fahnen, Trompeten, Fußball-Tröten, Trillerpfeifen, Trommeln und Megaphon" abgestattet werden. Dafür werde extra ein Umweg eingelegt.

"Wir alle wissen, wer solche Instrumente der Einschüchterung, der Repression und der Bedrohung eingesetzt hat, wo so etwas hinführen kann. Da muss ich nicht einmal die NS-Zeit bemühen. Es genügt ein Blick in das Jahr 2015 in den Burgenlandkreis nach Tröglitz mit einer vorbereiteten Flüchtlings-Unterkunft", so Ulrich.

AfD-Abgeordneter Tillschneider: Mit Verlegung der Route einverstanden

Die Versammlungs-Behörde hat nach eigenen Angaben am Mittwochnachmittag ein Gespräch dazu mit dem Anmelder geführt. Einer der Anmelder, der AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider, teilte dem MDR am Mittwoch mit, man sei mit einer Verlegung der Route der Demo in Bad Bibra einverstanden, sollte die Polizei Sicherheits-Bedenken hegen.

Er erklärte, man habe die Route aufgrund ihrer Länge gewählt, nicht, um vor dem Haus des Landrates zu demonstrieren. Die AfD in Sachsen-Anhalt gilt laut Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Auch Tillschneider selbst wurde vom Verfassungsschutz beobachtet.

Ein weiterer Anmelder der Demo ist laut Ulrich der AfD-Landtagsabgeordnete Lothar Waehler.

Ulrich fordert AfD-Politiker auf, seine Familie in Ruhe zu lassen

Der Landrat forderte die AfD-Politiker auf, im Kreistag die Auseinandersetzung mit Sachargumenten zu suchen. "Sie sollten sich in Grund und Boden schämen, so in die Privatsphäre meiner Familie einzudringen und meiner 85-jährigen Mutter, meinen Kindern und meinen Nachbarn damit schlaflose Nächte zu bereiten. Als Christenmensch glaube ich fest daran, dass Sie und Ihre Helfershelfer dafür einst zur Verantwortung gezogen werden."

Er werde diesen Nazi-Methoden standhalten und auch weiterhin mit aller Kraft für die freiheitlich demokratische Grundordnung einstehen, wo immer das erforderlich werde.

Erinnerungen an den Fall Tröglitz Der Fall weckt Erinnerungen an die Geschehnisse in Tröglitz (Burgenlandkreis) 2015. Nachdem sich der damalige Bürgermeister Markus Nierth für eine dort geplante Flüchtlingsunterkunft eingesetzt hatte, wurde er angefeindet. So planten NPD-Mitglieder und andere Rechtsextreme einen Protestmarsch mit Kundgebung vor dem Privathaus von Nierth. Da Nierth nach eigenen Angaben nur wenig Rückhalt aus der Bürgerschaft und vom Landkreis erhielt, trat er damals von seinem Amt zurück.

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Die Gäste im Fakt-ist-Studio: Dr. Andreas Braune, Politikwissenschaftler an der Uni Jena (von links), Annika Liebert, Kampagnen-Managerin von Campact e.V., Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes, und Sebastian Striegel, Innenpolitiker der Grünen im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Die Gäste im Fakt-ist-Studio: Dr. Andreas Braune, Politikwissenschaftler an der Uni Jena (von links), Annika Liebert, Kampagnen-Managerin von Campact e.V., Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes, und Sebastian Striegel, Innenpolitiker der Grünen im Landtag von Sachsen-Anhalt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR, dpa (Lars Frohmüller, Christoph Dziedo, Marcel Knop-Schieback, Sebastian Gall, Maren Wilczek, Annekathrin Queck) | Erstmals veröffentlicht am 12.03.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. März 2024 | 15:00 Uhr

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