Der Schriftzug «Sächsische Zeitung» steht über dem Eingang am Haus der Presse, dem Sitz DDV Mediengruppe.
Rund 1.000 Menschen arbeiten für die DDV Mediengruppe in Dresden und Ostsachsen. Die soll an Madsack in Hannover verkauft werden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Verlagsbranche Madsack Mediengruppe will "Sächsische Zeitung" kaufen

10. Januar 2024, 15:22 Uhr

Die Verlagsbranche in Sachsen ist in Bewegung: Nachdem die RTL-Gruppe vor drei Jahren den Verlag Gruner und Jahr kaufte, wanderten die Verlagsanteile von Gruner und Jahr an der DDV Mediengruppe aus Dresden unters Dach von Bertelsmann. Der Konzern will den DDV Verlag jetzt an die Madsack Mediengruppe in Hannover verkaufen. Experten und die Journalistengewerkschaft DJV sehen das kritisch. Denn es gibt Überschneidungen in Dresden und Döbeln. Unklar ist, was das für betroffene Mitarbeiter heißt.

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Die Madsack Mediengruppe plant den vollständigen Kauf der DDV Mediengruppe in Dresden. Damit sollen unter anderem die "Sächsische Zeitung" und die sächsische "Morgenpost" mit ihren Online-Portalen unter das Dach des Unternehmens aus Hannover kommen, teilten Madsack und die "Sächsische Zeitung" am Dienstag mit. Den Kaufplänen muss das Bundeskartellamt noch zustimmen.

In den Mitteilungen in "eigener Sache" des Medienkonzerns in Hannover, zu der bereits die "Leipziger Volkszeitung" und weitere 18 Tageszeitungen gehören, und bei der "Sächsischen Zeitung" lesen sich die Übernahmepläne wie eine beschlossene Sache: "Ich sehe diesem Zusammenschluss ausgesprochen positiv entgegen. Wir werden hier in Dresden wie in ganz Sachsen sowohl von den Erfahrungen wie auch von den Synergien der Madsack-Gruppe profitieren", schreibt der Geschäftsführer der DDV Mediengruppe Carsten Dietmann.

Bei Madsack heißt es: "Mit dem Erwerb von DDV baut Madsack nicht nur die Reichweite ihres Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) deutlich aus, sondern verstärkt zudem ihre Position als eines der führenden Paid-Content-Angebote in Deutschland."

Was das Bundeskartellamt verlangt

Nach Informationen des Deutschen Journalistenverbandes Sachsen (DJV) hat das Bundeskartellamt vor dem Eigentümerwechsel Auflagen erteilt. Die betreffen zwei Titel, die bereits zu Madsack gehören: die "Dresdner Neuesten Nachrichten" (DNN) und die "Döbelner Allgemeine Zeitung" (DAZ). Letztgenannte konkurriert in Döbeln mit dem Döbelner Anzeiger, einer Lokalausgabe der "Sächsischen Zeitung". Damit es im Gebiet keine zu große Konzentration gibt, sollen DNN und DAZ verkauft werden. Aber an wen?

Ein Mann steht vor einer Fabrik und spricht in ein Mikrofon. Er hat den Daumen der rechten Hand gehoben und lächelt. Daneben der Schriftzug: Wenn der Lokaljournalismus verschwindet. 1 min
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Ohne professionellen Lokaljournalismus geht die unabhängige Berichterstattung baden. Denn dann berichtet beispielsweise der Bürgermeister selbst über seine Politik im Rathaus und schildert nur die Schokoladenseite.

Mo 24.08.2020 12:47Uhr 00:49 min

https://www.mdr.de/medien360g/medienkultur/wenn-der-lokaljournalismus-verschwindet-100.html

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Was wird aus der DNN und dem Standort Döbeln?

Der Vorsitzende der Madsack-Konzerngeschäftsführung, Thomas Düffert, sagte dazu in einem internen Video für die Madsack-Mitarbeiter, es gebe Überschneidungsgebiete mit der DDV. Bevor man einen finalen Vollzug der Übernahme vermelden könne, bedürfe es einer "kartellrechtlich unbedenklichen Lösung" für die DNN und den Standort Döbeln. "Daran arbeiten wir bereits, aber es braucht noch etwas Geduld." Ob das konkret auf einen Verkauf der beiden Madsack-Titel hinausläuft, wurde nicht gesagt.

Stehen demnächst Redaktionsschließungen bevor? "Das ist eine naheliegende Vermutung, aber wir wissen es nicht", sagt der Geschäftsführer des DJV Sachsen, Lars Radau, MDR SACHSEN. Die Journalistengewerkschaft wolle die Vorgänge "sehr genau beobachten". Geschäftsführer Radau betont: "Wir stehen als Ansprechpartner für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen bereit."

Kritik von Journalistenvertretern und Wissenschaftlern

Der DJV in Berlin sieht die Medienvielfalt in Sachsen gefährdet. "In den neuen Bundesländern fehlt eine mittelständisch geprägte Zeitungslandschaft. Mit jeder Fusion wächst die Gefahr, dass die Großen noch größer und damit marktbeherrschend werden. Das müssen die Kartellwächter berücksichtigen", teilte der Vorsitzende des DJV, Mika Beuster. Auch Medienwissenschaftler sehen die immer größer werdende Vorrangstellung weniger großer Medienhäuser in Deutschland kritisch. "Die Konzentration der Tagespresse schlägt sich durch titelübergreifende Berichterstattung in vereinheitlichten Angeboten nieder", stellt der Medienforscher Horst Röper fest.

Er schreibt: "Heute besteht die wesentliche Leitlinie der Verlagsstrategien in der Ausschaltung des Wettbewerbs untereinander. Teilmärkte werden aufgegeben und Marktanteilsverluste werden hingenommen, wenn in den verbleibenden Verbreitungsgebieten Alleinanbieterpositionen erreicht werden."

Die Eigentumsverhältnisse beim DDV und bei Madsack

  • Die DDV Mediengruppe in Sachsen ist derzeit noch eine 60-prozentige Tochter von Bertelsmann Investments. 40 Prozent gehören der SPD-Holding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG). Diesen Anteil will die Madsack Mediengruppe ebenfalls kaufen.
  • Die DDVG hält ihrerseits 23,1 Prozent an der Verlagsgesellschaft Madsack. Zur Gruppe gehören auch die Unternehmen Postmodern und Citypost sowie Firmen in den Bereichen Reisen, Ticketservice und Lagerlogistik.


  • Die Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG sitzt in Hannover. Größter haftender Gesellschafter ist die Dr. Erich Madsack GmbH. Größter Teilhafter, also nur beschränkt haftend, ist die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (DDVG), die an der Dresdner DDV Mediengruppe bislang zu 40 Prozent beteiligt ist. Die DDVG ist eine Medienbeteiligungsgesellschaft der SPD, die der Partei auch zu 100 Prozent gehört.
  • Die Madsack Mediengruppe vertreibt 20 regionale Tageszeitungen und 20 Anzeigenblätter in acht Bundesländern. Zu den auflagenstärksten Zeitungen gehören die Leipziger Volkszeitung, die Ostsee-Zeitung und die Hannoversche Allgemeine. Zum Unternehmen gehören auch drei Großdruckererein, der Film- und Fernsehdienstleister TVN, diverse Post- und Medienvertriebsdienste und Call-Center.

MDR (kk)/epd/dpa

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