Feuerwehrmann mit einem Rucksack zur Türöffnungen
Wenn es schnell gehen und bei Rettungseinsätzen die Tür geöffnet werden muss, rücken geschulte Feuerwehrleute an. In Heidenau bei Dresden sind das Freiwillige Feuerwehrleute. Jetzt gibt es in einem Fall Streit um die Einsatzkosten. (Symbolfoto) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Nach Noteinsatz Hilfloser Rentner gerettet: Streit um Kosten für die Feuerwehr Heidenau

17. Mai 2023, 18:11 Uhr

Wird die Rettungsleitstelle gerufen, sind Opfer froh, wenn Sanitäter und Feuerwehr schnell kommen. Aber wer bezahlt solche Rettungseinsätze? In Heidenau soll ein Witwer für die Hilfe der Freiwilligen Feuerwehr bezahlen. Sein Sohn ärgert sich darüber. Aber ist das auch berechtigt?

In Heidenau ist ein Witwer aus hilfloser Lage aus seiner Wohnung gerettet und ins Krankenhaus gebracht worden. Wochen nach dem Einsatz bekam er Post von der Stadt, dass er rund 200 Euro für "technische Hilfeleistung – Türöffnung" bezahlen soll. Darüber wunderte sich der Sohn des betroffenen Mannes. "Gegen diesen Bescheid habe ich für meinen Vater Widerspruch eingelegt, weil Gefahr in Verzug war und hiermit meinem Vater das Leben gerettet wurde", sagte Andreas Büttner MDR SACHSEN.

Es ist mir nicht begreiflich, warum mein Vater für seine unverschuldete Notlage hier Kosten zu übernehmen hat.

Andreas Büttner Sohn des betroffenen Witwers

Ihm gehe es nicht "um das Geld an sich, sondern um die Auslegung und Anwendung der Vorschriften gegenüber Bürgern und Bürgerinnen, die zum Wohlstand unseres Staates über Jahrzehnte hinweg beigetragen haben". Die Zahlungsaufforderung sei ihm "völlig unverständlich", da sein Vater aus einer unverschuldeten Notlage gerettet worden sei.

Verwaltung beruft sich auf Gesetze und eigene Satzung

Die Stadt Heidenau sieht das anders und beruft sich aufs Landesgesetz, wonach Kommunen die Möglichkeit haben, Kostenersatzpflicht für Feuerwehreinsätze außerhalb der Brandbekämpfung zu begründen. So eine Feuerwehrkostensatzung hat Heidenau. "Dies unterscheidet die gesetzlichen Regelungen im Freistaat Sachsen beispielsweise von denen in Bayern", wo Feuerwehreinsätze oder -tätigkeiten, "die unmittelbar der Rettung oder Bergung von Menschen und Tieren dienen" grundsätzlich unentgeltlich seien, erklärte der Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes Heidenau, Torsten Walther, auf Nachfrage von MDR SACHSEN.

Was war genau in Heidenau passiert?

  • Ende September 2022 öffnet ein pflegebedürftiger Senior dem Pflegedienst in Heidenau nicht die Tür. Daraufhin wird der Rettungsdienst gerufen. Die Leitstelle informiert auch die Freiwillige Feuerwehr.
  • Neun Kameraden rücken an. Sie steigen über den Balkon der Parterre-Wohnung, öffnen die Balkontür und die Wohnungstür von innen, um die Rettungskräfte reinzulassen.
  • Der Rentner, heute 86, wird dehydriert aus hilfloser Lage in der Badewanne gerettet und ins Krankenhaus gebracht.
  • Mitte November 2022 schickt die Stadt einen Gebührenbescheid über 196,67 Euro "wegen einer technischen Hilfeleistung -Türöffnung". Die Kommune beruft sich auf §69 Abs. 3 Nr. 3 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) und auf ihre Satzung über die Erhebung von Kosten für Leistungen der Freiwilligen Feuerwehr Heidenau, hier §3 Abs. 2 Nr. 4.

Stadt argumentiert: Wer den Nutzen hat, zahlt

Grundsätzlich sei auch derjenige zum Ersatz der Kosten eines Feuerwehreinsatzes verpflichtet, "in dessen Interesse der Einsatz erfolgt ist." Für die Verwaltung ist unstrittig, "dass der Feuerwehreinsatz im Interesse des Patienten erfolgt ist, der aufgrund seines Gesundheitszustandes in der konkreten Situation auf Hilfe angewiesen war", so Amtsleiter Walther. Rettungsdiensteinsätze zur Rettung von Menschen in Not seien grundsätzlich kostenpflichtig. Allerdings würden das die meisten nicht bemerken, weil die Kosten dafür mit den Krankenkassen abgerechnet werden.

Zum Ersatz der Kosten, die der Stadt Heidenau durch einen Einsatz der Feuerwehr außerhalb der Brandbekämpfung entstehen, ist über Absatz 1 (derjenige, dessen Verhalten den Einsatz erforderlich gemacht hat) hinaus verpflichtet: derjenige, in dessen Interesse der Einsatz erfolgt ist.

Freiwillige-Feuerwehr-Kostensatzung Heidenau Paragraph 3, Absatz 2 Nr. 1 und 4

Kosten würden nur dann nicht erhoben, wenn sie für den Betroffenen eine unbillige Härte darstellen würden. So eine Härte habe sich "nicht per se aufgedrängt". Auch habe die Familie keine weiteren Billigkeitsgründe genannt, "die eine Kostenbefreiung hätten rechtfertigen können", hieß es weiter.

Heidenau
Über den Gebührenbescheid der Stadt Heidenau an seinen Vater ärgert sich Andreas Büttner. Er wirft der Stadt Bürgerunfreundlichkeit vor - obwohl sich Heidenau mit dem Titel "Familienfreundliche Gemeinde" schmückt. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Kann man das nicht freundlicher klären?

Wie würde in anderen Städten in solchen Fällen gehandelt? Bei Nachfragen bei anderen Feuerwehren in Sachsen und Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern fielen Sätze wie: "Das würde es bei uns so nicht geben" oder "das klärt man doch freundlicher, gerade wenn es alte Menschen betrifft". Namentlich zitieren lassen wollen sich die Feuerwehr-Kollegen nicht. Auch Sachsens Landesfeuerwehrverband verweist aufs Landesgesetz und die Satzungen der Kommunen, in denen sie die Kostenweitergabe regeln. Verbraucherexperten verweisen auf die private Haftpflichtversicherung, die man als Betroffener ansprechen könnte. Eine Garantie für Zahlung der Kosten gebe es aber nicht - vor allem nicht, wenn bei einem Einsatz nichts zerstört oder kaputt gegangen sei.

Innenministerium verweist auf Heidenaus Satzung

Und was sagt Sachsens Innenministerium als oberster Dienstherr und zuständig fürs Sächsische Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) und die Sächsischen Feuerwehrverordnung (SächsFwVO)? "Es ist die Entscheidung des Gemeinderats im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung, ob eine Kostenersatzregelung für einen derartigen Fall in der örtlichen Satzung beschlossen wird." Mit anderen Worten: Das Innenministerium empfiehlt oder bewertet gar nichts.

MDR (kk)

48 Kommentare

THOMAS H vor 47 Wochen

Für mich @Reuter4774, eindeutig eine Notlage und sogar eine Situation, welche nicht vom Hilfebedürftigen, finanziell übernommen werden muss, da der Pflegedienst seiner Fürsorgepflicht nachgekommen ist und die Kostenübernahme, m. M. n., somit in die Kategorie "Allerdings würden das die meisten nicht bemerken, weil die Kosten dafür mit den Krankenkassen abgerechnet werden." einzuordnen ist.

Das der Pflegedienst keinen Schlüssel für die Patientenwohnung hat oder hatte, steht auf einem anderen Blatt und spielt hierfür keine Rolle, da es m. W. (habe selbst in der Pflege gearbeitet) keine Verpflichtung gibt, Haus- oder Wohnungsschlüssel an die Pflegedienste zu übergeben.

Besser wäre es, um solche Situationen zu vermeiden.

THOMAS H vor 47 Wochen

Reuter4774: Unter "Was war genau in Heidenau passiert?" ist folgendes zu lesen:
"Ende September 2022 öffnet ein pflegebedürftiger Senior dem Pflegedienst in Heidenau nicht die Tür. Daraufhin wird der Rettungsdienst gerufen. Die Leitstelle informiert auch die Freiwillige Feuerwehr."

"Neun Kameraden rücken an. Sie steigen über den Balkon der Parterre-Wohnung, öffnen die Balkontür und die Wohnungstür von innen, um die Rettungskräfte reinzulassen."

"Der Rentner, heute 86, wird dehydriert aus hilfloser Lage in der Badewanne gerettet und ins Krankenhaus gebracht."

NOTLAGE ODER KEINE NOTLAGE?

"Mitte November 2022 schickt die Stadt einen Gebührenbescheid über 196,67 Euro "wegen einer technischen Hilfeleistung -Türöffnung". Die Kommune beruft sich auf §69 Abs. 3 Nr. 3 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) und auf ihre Satzung über die Erhebung von Kosten für Leistungen der Freiwilligen Feuerwehr Heidenau, hier §3 Abs. 2 Nr. 4."

Janes vor 47 Wochen

Meiner Kenntnis nach kommt die Feuerwehr in jedem Fall rein. Die Frage ist nur, wie hoch der Schaden dabei dann wird.

Ich glaube nicht, dass die Feuerwehr solche Schlüssel annimmt. Lieber mit guten Freunden "tauschen".

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