Der Weyerbach in Ensdorf. (Foto: SR)

Bäche sollen zurück ins alte Bett

Barbara Lindahl / Onlinefassung: Cathy Huyer  

Über 90 Prozent der deutschen Fließgewässer sind über weite Strecken begradigt, eingeengt oder verrohrt. Auch im Saarland wurde der natürliche Verlauf vieler Bäche und Flüsse durch menschliche Eingriffe verändert, was häufig negative Folgen für das Ökosystem hatte. Mittlerweile zeigt sich aber vielerorts ein Trend zur Renaturierung von Gewässern. In Sulzbach und Ensdorf laufen aktuell die Arbeiten.

Den Bach wieder naturnäher zu gestalten und seinen ursprünglichen Verlauf zurück zu verlegen: Das ist das Ziel der Renaturierung-Maßnahmen in Ensdorf und Sulzbach. Denn man hat erkannt, dass intakte Fließgewässer wichtige Ökosysteme sind, die für viele Pflanzen-und Tierarten eine bedeutende Lebensgrundlage darstellen.

Zurück zur Natur – Bäche sollen wieder in ihr altes Bett
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 01.06.2023, Länge: 05:15 Min.]
Zurück zur Natur – Bäche sollen wieder in ihr altes Bett

Aber ganz einfach umzusetzen sind diese Maßnahmen nicht. Häufig wurde der Verlauf von Bächen wie beim Sulzbach durch dicke Betonschalen gelenkt, die entfernt werden müssen.

Große Herausforderungen und hohe Investitionen

Vor allem Innerorts gebe es weitreichende Restriktionen, gibt der Bauingenieur Michael Boes von der Landschaftsagentur Plus, die die Renaturierungs-Arbeiten in Sulzbach begleitet, zu bedenken. Neben dem Bachlauf verlegte Gas- oder Telefonleitungen sowie Abwasserrohre sind in die Planung einer Bach-Renaturierung mit einzubeziehen. Genauso wie die Interessen der Anwohner, deren Grundstücke bei der Verlegung des Bachverlaufs eventuell benötig werden.

Die größte Herausforderung für die Kommunen ist aber oft die Finanzierung, denn die aufwendigen Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung sind teuer.

Finanzierung durch Öko-Punkte

Die Gemeinde Ensdorf hat dieses Problem bei der Renaturierung des Weyerbachs mit den sogenannten Öko-Punkten gelöst.

Ökopunkte müssen Unternehmen kaufen, wenn sie Eingriffe in die Natur, wie beim Bau von Straßen oder Gewerbegebieten ausüben. Im Fall des Weyerbachs bezahlt die Gemeinde das Projekt mit Ökopunkten, die die RAG als Ausgleich für die Arbeiten an der Halde Ensdorf erwerben musste. „Einen sechsstelligen Betrag zu investieren wäre für uns in unserer Haushaltssituation nicht darstellbar gewesen“, erläutert Ensdorfs Bürgermeister Jörg Wilhelmy. Aber durch die Ökopunkte bleibt der Eigenanteil der Gemeinde am Projekt gering.

Den Bach für die Bürger erlebbar machen

Nicht nur Flora und Fauna profitieren davon wenn man die Ufer von Bächen von Beton und befreit und das Bachbett wieder in einen naturnahen Zustand versetzt, auch für die Menschen bieten diese Maßnahmen viele Vorteile.

„Der eigentliche Bachlauf war hier eigentlich ziemlich gerade gewesen, und hinter den Gehölzen konnte man den Bachlauf gar nicht wahrnehmen“, erklärt Sinem Agacik, die Projektleiterin in Ensdorf. Ihr Ziel ist es den Weyerbach für die Bürger wieder erlebbar zu machen. So wurde der Bachlauf in einen Spielplatz integriert. Geplant ist, dass man Trittsteine in das Bachbett einbaut, damit Kinder dann den Bach überqueren können.

Auch in Sulzbach erleben die Bürger so ihren Bach wieder neu. „Seit Jahrzehnten wohnen wir hier und wir haben eigentlich von dem Sulzbach nie was gesehen“, freut sich Klaus Hubig. Als die Gemeinde mit den Renaturierung-Plänen für den Sulzbach an ihn herantrat, hat Hubig einen Teil seines Grundstücks für einen symbolischen Preis verkauft. Er verspricht sich von dem Projekt eine bessere Wohnsituation und eine Wertsteigerung seines Hauses.

Etwas skeptisch ist Hubig beimThema Hochwasserschutz. „Wir haben im rückwertigen Bereich eine Ausweichfläche, die praktisch bis zu unserem Keller reicht", so Hubig. "Wir hoffen natürlich, dass die Maßnahme so gerechnet wird, dass sie kein Hochwasser für uns als Anwohner nach sich zieht.“  

Hochwasserschutz durch Renaturierung

Solche Sorgen der Bevölkerung konnte man in Ensdorf ausräumen. „Dieser Wall hält das Wasser zurück und zu anderen wurde im unteren Bereich eine Mulde geschaffen, eine so genannte Flutmulde, in der auch, wenn starke Wassermassen ankommen, das Wasser sich sammeln kann, wenn es sich etwas aufstaut“, erklärt die Umweltbeauftragte der Gemeinde Ensdorf, Adrienne Blaes.

Auch in Sulzbach will man mit Flutmulden dafür sorgen, dass der Bach bei Starkregen entlastet wird und die Bürger wie Klaus Hubig dadurch vor Hochwasser geschützt werden.

Über dieses Thema berichtete "Wir im Saarland" im SR Fernsehen am 01.06.2023.


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