Vier-Tage-Woche in der Verwaltung

Rheinland-Pfalz Was taugt die Vier-Tage-Woche für die Rathäuser?

Stand: 02.06.2023 15:44 Uhr

Die ersten Städte bieten ihren Beschäftigten die Vier-Tage-Woche an, um als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Was denkt man in rheinland-pfälzischen Rathäusern darüber?

Gleiche Arbeitszeit und gleicher Lohn - aber nur noch vier Arbeitstage in der Woche? Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche beschäftigt Betriebe und Arbeitnehmer auch in Rheinland-Pfalz.

Jetzt ist das Thema in den Rathäusern angekommen: Die Stadt Wedel in Schleswig-Holstein kündigte an, ihren Beschäftigten ein Modell anzubieten, und gilt seither als Vorreiterin. Seit dem 1. Juni gibt es ein entsprechendes Konzept auch im baden-württembergischen Mengen. Nahrung hatte die Debatte zuletzt durch die Ergebnisse einer britischen Studie erhalten.

Lisa Diener, geschäftsführende Direktorin des Städtetags Rheinland-Pfalz, glaubt, dass das Thema stark an Bedeutung gewinnen wird. "In der Diskussion um Work-Life-Balance kann das ein Baustein sein bei der Gewinnung von Mitarbeitern und Fachkräften." Die Verwaltung stehe bei der Jobsuche des Nachwuchses in Konkurrenz zum Beispiel zur Industrie.

Minister Schweitzer sieht öffentliche Verwaltung unter Druck

Ähnlich sieht es der zuständige Minister. "Flexible Arbeitszeitmodelle wie die 4-Tage-Woche können für Kommunen eine Möglichkeit sein, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes für Beschäftigte zu erhöhen", sagte Arbeitsminister Alexander Schweitzer (SPD) dem SWR. Der demografische Wandel setze auch die öffentliche Verwaltung unter Druck. Im Wettbewerb um Fachkräfte müsse auch die öffentliche Hand neue Wege gehen. "Wichtig ist, den Kulturwandel in der Verwaltung gemeinsam mit den Beschäftigten zu gestalten."

Vorreiter in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein

Seit dem 1. Juni können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Mengen (Kreis Sigmaringen) beantragen, nur noch an vier Tagen in der Woche arbeiten zu gehen. "Aufgrund des Fachkräftemangels sind wir gezwungen, innovative Maßnahmen zu ergreifen, um weiterhin arbeitsfähig zu sein", sagt Bürgermeister Stefan Buback (CDU). Allerdings bleibe die bisherige Wochenarbeitszeit von 39 Stunden für Angestellte und 41 Stunden für Beamte bestehen. Und: Seit 1. Juni bleiben das Rathaus und die Stadtwerke freitags künftig zu. Die Stadt Wedel (Kreis Pinneberg/Schleswig-Holstein) galt vor Monaten als Vorreiterin in Sachen Vier-Tage-Woche. Auch hier ist die Hoffnung groß, dass so die Verwaltung als Arbeitgeberin attraktiver wird und sich mehr Menschen auf die vielen offenen Stellen bewerben werden.

In Rheinland-Pfalz gehen die Kommunen offenbar noch verhalten mit dem Thema um. "Es ist bislang punktuell nachgefragt worden in unserer Beratung", erläutert Markus Sprenger, Geschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz. Kommunen und Beschäftigte müssten genau überlegen, ob ein solches Modell zu ihnen passen könnte.

"Ist dann freitags bei der Stadt zu?"

Sprenger betont, dass die viel zitierte britische Studie davon ausgehe, dass man die Arbeit des fünften Tages auf die vier anderen Tage verteile. Und dass man eventuell nicht automatisch immer den Freitag oder Montag frei haben könne. "Da könnte es vielleicht unterschiedliche Vorstellungen geben." Und eine Kommune müsse auch bedenken, dass sie für die Bürger da sei. "Wenn alle ab Freitag ein langes Wochenende haben wollten, wäre dann freitags bei der Stadt zu?"

Gewerkschaft: Keine Verschiebung der Belastung

Auch bei der Gewerkschaft sieht man die Gefahr, dass sich die Belastung bei den Beschäftigten lediglich verschieben könnte. "Wir sind da grundsätzlich sehr offen", sagt Alexander Graßhoff als Sprecher des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland zur Vier-Tage-Woche. Er bringt aber eine entsprechende Anpassung der Arbeitszeiten ins Spiel. "Es darf nicht dazu führen, dass man 40 Stunden an vier Tagen macht und jeden Abend geschlaucht nach Hause kommt. Dann bringt der freie Tag mehr auch nicht unbedingt was."

RP-Städte verweisen auf alternative Regelungen

Einige Städte in Rheinland-Pfalz wie Kaiserslautern oder Alzey sehen derzeit keine Notwendigkeit, um über das Vier-Tage-Modell nachzudenken. In der Landeshauptstadt Mainz ist man skeptisch, Kommunen wie Zweibrücken oder Pirmasens wollen abwarten oder haben das Thema diskutiert:

Vier-Tage-Woche: Was Städte in Rheinland-Pfalz denken

Wir haben stichprobenartig nachgefragt, was rheinland-pfäzische Städte von einer Vier-Tage-Woche in der Verwaltung halten:

  • Kaiserslautern hat das Thema bislang nicht auf der Agenda. Aufgrund "extrem flexibler Teilzeitmodelle" gebe es bereits an vielen Stellen im Rathaus die Möglichkeit, eine bestimmte Anzahl an Tagen in der Woche zu arbeiten.
  • Trier hat das Thema in den vergangenen Monaten verfolgt "und die Vor- und Nachteile andiskutiert". Die organisatorischen und zeitlichen Herausforderungen für Verwaltung und Personal seien nicht zu unterschätzen. Auch gebe es im Rathaus bereits sehr flexible Arbeitszeitmodelle.
  • Mainz verweist darauf, dass eine Vier-Tage-Woche derzeit nicht bzw. nur individuell bei einer entsprechenden Stundenreduzierung der Mitarbeitenden vorgesehen ist. Angebotene Dienstleistungen der Stadt auf vier Tage in der Woche zu kürzen, sei nicht bürgerfreundlich und führe letztlich zu einer Arbeitsverdichtung an diesen Tagen.
  • Alzey hat bislang keine Überlegungen angestellt und verweist auf bestehende flexible Arbeitszeiten und andere Instrumente, mit denen man attraktiv für Bewerber sei - zum Beispiel ein Lebensarbeitskonto, Möglichkeiten zum Homeoffice und betriebliches Gesundheitsmanagement.
  • Neustadt/Weinstraße verweist auf individuelle Arbeitszeitregelungen, die jetzt schon eine Vier-Tage-Woche möglich machten. Eine generelle Regelung sei nicht erforderlich.
  • In Neuwied verweist man darauf, dass im Tarifvertrag und beamtenrechtlich grundsätzlich eine Fünf-Tage-Woche vorgesehen sei. Viele Mitarbeitende hätten aber ohnehin bereits die Möglichkeit wahrgenommen, Arbeitszeit zu redzieren und dabei auch eine Vier-Tage-Woche realisiert.
  • Zweibrücken verfolgt "mit Interesse die Einführung dieser Maßnahme in verschiedenen anderen Kommunen". Die Stadt will nach einer gewissen Zeit die dort gemachten Erfahrungen abfragen.
  • In Pirmasens bespricht eine Arbeitsgruppe, ob eine Vier-Tage-Woche als Instrument der Gewinnung von Arbeitnehmern und Bindung von Fachkräften sinnvoll ist. Das britische Modell betrachtet man skeptisch: Eine Verteilung der Wochenarbeitszeit von 39 bzw. 40 Stunden auf vier Tage würde bedeuten, dass die Beschäftigten dann täglich 10 Stunden arbeiten müssten.

Städtetag Rheinland-Pfalz will Erfahrungen abfragen

Städtetags-Direktorin Lisa Diener will in einigen Monaten auf jeden Fall Erfahrungen einholen, zum Beispiel im baden-württembergischen Mengen. "Da hängen ja viele Fragen dran, zum Beispiel wie es dann bei den Öffnungszeiten und den entsprechenden Dienstleistungen der Stadt aussieht." Und: "Es wäre natürlich sehr interessant zu erfahren, wie sich das Modell auf die Zahl der Bewerber auswirkt."