Feuer und Proteste | sv

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Heftige Krawalle in Leipzig auch nach "Tag X"

Stand: 04.06.2023, 21:12 Uhr

Brennende Barrikaden, attackierte Einsatzkräfte: In Leipzig sind die gewalttätigen Proteste nach dem Hafturteil gegen die Linksextremistin Lina E. in der Nacht weitergegangen. So langsam scheint sich die Lage jedoch zu beruhigen.

Nach den jüngsten Krawallen zwischen Linksradikalen und der Polizei in Leipzig ist es am Sonntagabend zunächst ruhig geblieben. Zwar gab es im Stadtteil Connewitz kleinere Versammlungen, zu einer Kundgebung kam es aber nicht. Zuvor hatte die Stadt eine für Sonntagabend angemeldete Demonstration verboten. Begründet wurde die Entscheidung von einem Stadtsprecher mit den Ausschreitungen am Vorabend.

Barrikaden aus brennenden Müllcontainer

Bis in die frühen Morgenstunden hatte die Leipziger Polizei Demonstranten eingekesselt. Das teilte ein Sprecher der Leipziger Polizei am Sonntag mit. Bis zu 50 Menschen seien zeitweise in Gewahrsam genommen worden, hieß es.

Zuvor hatte es schwere Ausschreitungen gegeben: Auf Bildern sind Barrikaden aus brennenden Müllcontainern zu sehen, die die Polizei mit Wasserwerfern gelöscht und beseitigt hat. Außerdem: Handgemenge und Tritte zwischen Polizei und Protestierenden, boxende Polizisten und brennende Feuerwerkskörper.

Auch eine Polizeiwache im Süden der Stadt soll angegriffen worden sein. Zwei Polizeibeamte sollen dabei verletzt worden sein. Die Polizei berichtete von rund 50 verletzten Beamten und Beamtinnen: Einer sei dienstunfähig. Auch auf Seiten der Demonstrierenden habe es Verletzte gegeben. Die genaue Zahl ist laut Polizei nicht bekannt.

Auf Twitter schrieb die sächsische Polizei in der Nacht, in der Stadt gebe es "an verschiedenen Stellen Zusammenrottungen von augenscheinlich gewaltbereiten" Menschen.

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Insgesamt seien schätzungsweise 1.000 Menschen teils stundenlang eingekesselt worden, hieß es. Ihre Personalien wurden aufgenommen worden. Um Identitäten festzustellen, seien auch Demonstrierende auf die Polizeiwache gebracht worden.

Die Linke übte Kritik am Vorgehen der Polizei. Ihr Parlamentsgeschäftsführer im sächsischen Landtag, Marco Böhme, warf der Polizei bei Twitter vor, sie habe die Lage durch das "faktische Verbot" eskalieren lassen. Zudem kritisierte er, dass die Eingekesselten teils über Stunden festsaßen. Die Polizei erklärte, alle betroffenen Personen würden versorgt. Es gebe auch die Möglichkeit, ein mobiles WC zu nutzen.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Sebastian Fischer verteidigte den Einsatz: "Das Gewaltmonopol liegt beim Staat! Wer Gewalt ausübt, spürt die Konsequenzen", schrieb der Politiker bei Twitter. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, dankte der Polizei bei Twitter für ihren Einsatz. "Das Ziel ist Menschen und Sachwerte zu beschützen und Gewalttäter festzunehmen", schrieb der CDU-Politiker.

Solidaritätsdemonstrationen für Linksextremistin Lina E.

Bundesweit war in linken Kreisen zu Solidaritätsdemonstrationen am Samstag in Leipzig mobilisiert worden. Anlass ist das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte. Sie war am Mittwoch wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.

Haftbefehle gegen fünf Personen erlassen

Bereits in der Nacht zum Samstag hatte es gewaltsame Zusammenstöße zwischen der Polizei und mutmaßlich linksextremen Demonstrierenden gegeben. Fünf Männer, die dabei festgenommen wurden, sind inzwischen dem Haftrichter am Amtsgericht Leipzig vorgeführt worden. Das teilte die Polizei mit.

Gegen die fünf Beschuldigten sei ein Haftbefehl erlassen worden. Der Vorwurf: schwerer Landfriedensbruch.

Bis zum Samstagnachmittag war die Lage dagegen zunächst friedlich geblieben. Trotz des endgültigen Verbots einer großen "Tag X"-Demonstration der linksradikalen Szene war die Polizei mit einem Großaufgebot in der Stadt präsent. Zudem fanden in der Stadt das Sachsenpokal-Finale, das Stadtfest sowie ein Konzert von Herbert Grönemeyer statt. An Zufahrtswegen in die Stadt sowie am Bahnhof gab es den ganzen Tag Kontrollstellen.