Bildkombi Maria D'Angelo heute / alter Ausweis

Seit Jahrzehnten lebt die gebürtige Italienerin Maria D'Angelo in Hessen. Dass sie so heißt, stand für sie all die Jahre außer Frage - bis sie 2020 eingebürgert wurde. Seitdem führt die schwerkranke und verwitwete Frau einen mühseligen Kampf gegen eine Behörde.

Videobeitrag

Video

Witwe muss gemeinsamen Nachnamen abgeben

Maria D'Angelo
Ende des Videobeitrags

Maria D'Angelo aus Brensbach (Odenwald) ist zerknirscht. Seit ihrer Einbürgerung 2020 kämpft die gebürtige Italienerin darum, ihren Ehenamen behalten zu dürfen. 1974 kam sie aus Italien nach Südhessen. Kurz zuvor hatte Maria Girardi ihren Landsmann Antonino D'Angelo geheiratet.

Jahrzehntelang lebte sie hier als Maria D'Angelo. Unter diesem Namen kennt man sie in Brensbach, auf ihn lauten fast alle ihre deutschen Unterlagen. "Das steht so im Grundbuch, in meiner Rentenversicherung, in meiner Krankenversicherung, überall", erzählt die 67-Jährige.

Name des Ehemannes nur ein "Gebrauchsname"

Im November 2020 erhielt die inzwischen verwitwete Frau die deutsche Staatsbürgerschaft. Aber D'Angelo soll sie nun nicht mehr heißen dürfen. Denn nach Ansicht der Ausländerbehörde des Odenwaldkreises trug sie diesen Namen nie offiziell.

Nach italienischem Recht behalten bei einer Eheschließung die Partner ihren jeweiligen Namen. Die Frau darf den Namen des Mannes als Zusatz führen, rechtliche Relevanz hat er aber nicht. Die Behörde spricht von einem Gebrauchsnamen.

"Im Ausweis standen immer beide Namen, Girardi und D'Angelo", erzählt Maria. Doch einige Jahre nach dem Tod ihres Mannes 1999 wurde der Namenszusatz bei der nächsten Passverlängerung durch das italienische Generalkonsulat in Frankfurt gestrichen - mit der Begründung, den brauche sie nun nicht mehr. "Seitdem steht da nur noch Girardi."

Behörde sieht keinen Grund für Namensänderung

Zunächst hat sie das nicht als Problem angesehen. "Ich habe den italienischen Ausweis ja nie gebraucht." Erst als es um die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft ging, wurde das Dokument wieder wichtig - und zum Auslöser einer nun jahrelang andauernden Odyssee.

Denn die Ausländerbehörde lehnte es ab, sie als Maria D'Angelo einzubürgern. Auf mehr als 20 Seiten beruft sich das Amt dabei auf Paragrafen und rechtliche Vorschriften. Ein triftiger Grund für eine Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz sei nicht zu erkennen.

Als D'Angelo im Melderegister gelandet

Dabei passierte der "Fehler" wohl vor fast 50 Jahren bei ihrer Ankunft in Deutschland. Als Ehefrau von Antonino D'Angelo wurde sie in Brensbach unter dessen Nachnamen in das Melderegister eingetragen. Ein Nachweis, der eine sogenannte Ehenamensbestimmung in Deutschland belegen würde, ist allerdings nicht zu finden.

Und so fand der Name D'Angelo seinen Weg in Marias Führerschein, ihre Bankunterlagen, ihre EC-Karte und viele weitere Dokumente, die im Laufe der Jahre ausgestellt wurden. Das könnte jetzt, so fürchtet sie, zum Problem werden, wenn sie als Deutsche nur noch Girardi heißen darf. Doch nicht nur deshalb will sie ihren Ehenamen behalten.

Kindheitstrauma mit Mädchenname verbunden

Ihr Mädchenname belastet sie auch seelisch. Es sind damit Erinnerungen an schlimme Erlebnisse in der Kindheit verbunden, wie sie berichtet. Eine Psychologin habe ihr das auch schriftlich attestiert. Die Ausländerbehörde hält das allerdings für vorgeschoben, spricht gar von einem "Gefälligkeitsbericht" und stellt in Zweifel, dass die Ablegung des Namens zu ihrer seelischen Gesundheit beitragen könnte.

Man bot ihr gar an, eine eingedeutschte Form ihres Mädchennamens anzunehmen. Sie könne sich ja "Gerhard" oder "Gerhardt" nennen, wenn Girardi für sie "unerträglich" sei. Das sei nach geltendem Namensrecht schon möglich. D'Angelo aber ist zumindest als offizieller Eintrag tabu. Privat dürfe sie sich gerne weiter so nennen.

Bundestagsabgeordneter "stinksauer"

Einer, den das regelrecht auf die Palme bringt, ist Jens Zimmermann. Der SPD-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises 187, zu dem auch der Odenwaldkreis gehört, hat vergeblich versucht, sich für das Anliegen von Frau D'Angelo stark zu machen.

"Ich kann Ihnen sagen, ich bin stinksauer auf die Ausländerbehörde", schimpft der Politiker, spricht von "Korinthenkackerei" und fehlendem Fingerspitzengefühl. "Das ist Deutschland par exellence."

Egal, wie der Fall juristisch zu bewerten sei, es gehe bei namensrechtlichen Fragen letztlich darum, Personen eindeutig identifizierbar zu machen und Verwechslungen zu vermeiden, sagt Zimmermann.

Man werde der Intention des Gesetzgebers besser gerecht, wenn man der Frau den Namen lasse, den sie seit vielen Jahren nutzt. "Ich finde, da hätte man mit Deckung des Landrats auch mal fünf gerade sein lassen können."

Die Gerichte müssen nun entscheiden

Inzwischen ist der Fall bei Gericht gelandet. Sonja Plückebaum, Darmstädter Fachanwältin für Ausländerrecht, legte zunächst Widerspruch ein. Als dieser abgelehnt wurde, klagte sie beim Verwaltungsgericht Darmstadt.

"Wenn die Gemeinde damals einen Fehler gemacht hat, warum muss meine Mandantin dann jetzt nach so langer Zeit dafür büßen?", argumentiert die Anwältin. Sie versteht auch nicht, warum man das nicht korrigieren können soll. "Ich denke, die Behörde hätte da schon einen Ermessensspielraum."

Der Odenwaldkreis will sich zu dem konkreten Fall mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Allgemein sei das Namensrecht aber Bundesrecht sagte ein Sprecher auf Anfrage. "Da können wir nicht handeln wie wir wollen." Inwiefern es einen Ermessensspielraum gebe, könne er nicht sagen.

Lungenkrebs-Diagnose erhöht Druck

Doch die Mühlen der Justiz mahlen langsam, und Maria D'Angelo läuft die Zeit davon. "Bei mir wurde Lungenkrebs diagnostiziert, und man weiß nicht, wie es ausgehen wird." Die 67-Jährige fürchtet - sollte die Sache nicht bald in ihrem Sinne geklärt werden - den ungeliebten Mädchennamen mit ins Grab nehmen zu müssen. Und das will sie auf keinen Fall.

Anwältin Plückebaum weiß, dass das für ihre Mandantin eine zusätzliche hohe psychische Belastung ist. Über Frau D'Angelos Zustand hat sie das Gericht informiert. Die Juristin erhofft sich davon eine Beschleunigung des Verfahrens. Denn normalerweise, so sagt sie, könne sich beim derzeitigen Verfahrensstau so etwas durchaus zwei bis drei Jahre hinziehen.

"Bis zum Europäischen Gerichtshof"

Aufgeben kommt für Maria D'Angelo jedenfalls nicht in Frage. Sie ist überzeugt, dass es weitere Frauen geben muss, die wie sie damals nach Deutschland kamen und sich heute in einer ähnlichen Situation befinden. Auch um derentwillen will sie kämpfen, so lange sie kann. "Wenn es sein muss, gehe ich bis zum Europäischen Gerichtshof."

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen