Hessen Mit Harald Lesch als Direktor: Biologikum in Homberg bietet Forschung zum Anfassen
Neben dem Mathematikum und dem Chemikum bereichert nun auch das Biologikum die Bildungslandschaft in Mittelhessen. Die interaktive Forschungseinrichtung lädt Menschen zum Mitmachen ein. Als wissenschaftlicher Direktor konnte ein prominenter Experte gewonnen werden, der aus der Region stammt.
Wie wirken sich Umweltverschmutzungen oder Chemikalien auf heimische Böden oder Gewässer aus? Und welche Folgen haben steigende Temperaturen und der Klimawandel zum Beispiel für Insekten? Diese und viele weitere Fragen beantwortet künftig das neu gegründete Biologikum Mittelhessen.
Die Mitmach-Forschungsstätte wurde am Donnerstag in Homberg (Ohm) im Vogelsberg eröffnet. Mit praxisnahen Experimenten sollen Besucher aller Altersgruppen dort auf naturwissenschaftliche Entdeckungsreisen geschickt werden.
Lernort für Schulklassen und Studierende
Zielgruppe der Einrichtung sind vor allem Schulklassen und Studierende. Sie sollen dort gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern fernab von Klassenzimmer und Lehrsaal praktische Erfahrungen mit wissenschaftlicher Arbeit rund um das Fach Biologie sammeln.
Wissenschaftlicher Direktor ist der in Mücke-Nieder-Ohmen (Vogelsberg) aufgewachsene und nun in München lebende ZDF-Moderator, Journalist und Astrophysiker Harald Lesch. Er soll bei der Entwicklung des Biologikums helfen und mit seinem Know-how in Sachen Wissenschaftskommunikation unterstützen.
Für Lesch ist die Einrichtung etwas ganz Besonderes. Sie sei mit ihrer Konzeption bundesweit einmalig, sagte er dem hr. Das Biologikum fülle auch eine Lücke bei Mitmach-Einrichtungen, in denen sich Besucher durch eigenständiges Experimentieren oder Spielen Wissen aneignen können.
"Leuchtturmprojekt in hessischer Bildungslandschaft"
In Gießen gibt es bereits das Mathematikum, in Marburg das Chemikum, in Schotten (Vogelsberg) das Vulkaneum, in Bad Hersfeld das Wortreich und in Fulda die Kinder-Akademie.
In diese Liste reiht sich nun das Biologikum. Der Gießener Regierungspräsident Christoph Ulrich, der am Donnerstag auch zur Eröffnung gekommen war, nannte es ein "Leuchtturmprojekt für die Bildungslandschaft in Hessen". Es zeige auch: Bildung und Wissenschaft gehörten nicht nur die Metropolen, sondern seien auch gut im ländlichen Raum aufgehoben.
Das Biologikum ist angedockt an das seit 2009 bestehende, auf Umweltfragen spezialisierte Forschungszentrum Neu-Ulrichstein (FNU) in Homberg (Ohm). Es arbeitet eng mit den Universitäten in Gießen und Marburg zusammen. Der FNU-Leiter und Mitbegründer des Biologikums ist Peter Ebke. Zu den Forschungsschwerpunkten gehören die Artenvielfalt und die Ökologie von Fließgewässern, wie er sagte.
Der Mitgründer des Biologikums Mittelhessen, Peter Ebke, und die beiden Lehramtstudentinnen Ronja Sauerwald (l) und Angélique Stein (M) bei der Entnahme einer Wasserprobe auf dem Gelände des Mitmach-Forschungszentrums Biologikum Mittelhessen.
Artenvielfalt und Klimawandel als Themen
Die Schwerpunkte der künftigen Arbeit im Biologikum mit den Heranwachsenden sollen die Themen Umweltverschmutzung, Artenvielfalt und Klimawandel sein, wie Ebke erläuterte. Untersucht und gezeigt werden soll, wie Lebewesen in einem System miteinander zusammenleben.
Die Besucher können bei ihren Forschungen und Experimenten beispielsweise Erde ausgraben und Würmer untersuchen oder Insekten zählen. Sie können auch aus großen Wassertanks Proben entnehmen und nach kleinsten Lebewesen suchen.
Wie sich Organismen in unterschiedlich warmem Wasser entwickeln wird ebenfalls im Biologikum demonstriert.
Oder Besucher können Bakterienkulturen unter dem Mikroskop untersuchen, die durch Abstriche von Türklinken in Schulen oder aus dem Wasser der Lahn gewonnen wurden. Die Marburger Studentin Lara Büchner zeigte am Donnerstag, wie Bakterien sichtbar werden, nachdem sie bei 37 Grad im Brutschrank gewachsen waren. "Die E.coli-Bakterien erkennt man am grünen Schimmer", erklärte Büchner.
Studentin Lara Büchner hält eine Schale mit einer Bakterienkultur in die Kamera und erklärte, wo und wie sich auf Alltagsgegenständen Bakterien vermehren.
Für den Direktor der Ohmtalschule in Homberg (Ohm), Carsten Röhrscheid, bietet das Biologikum einen großen Mehrwert im Vergleich zum trockenen Theorie-Unterricht. "Die Schüler sollen auch mal ihren üblichen Lernort verlassen, die Lehrbücher zur Seite legen und selbst in der Natur forschen. Das Fach Biologie kann so ganz anders erlebt werden."
Lesch befand: "Die Schulen machen ja mittlerweile nur noch wenig Exkursion." Da komme eine Einrichtung wie das Biologikum genau richtig. Es sei aber nicht nur für Heranwachsende interessant. "Eigentlich ist es wichtig für alle Menschen. Aber an die jungen Leute kommt man über die Institution Schule besser ran."
Lesch unterstrich die Bedeutung der Umweltbildung für jedermann und das Wissen um die Folgen des Klimawandels: "Die Art und Weise, wie die Natur in Zukunft aussehen wird, wird maßgeblich darüber entscheiden, ob wir ein einigermaßen gutes Leben führen können oder nicht", betonte Lesch.