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Arbeitslosigkeit in Hessen fällt unterschiedlich aus

Grafik mit einer hessenförmigen Fläche auf mittelblauem Hintergrund. In der "Hessenfläche" sitzt eine Tür, über welcher "Jobcenter" steht. Zur Tür hin führt ein Streifen, der anfangs wie ein Weg erscheint und dann zu einer Diagrammlinie wird, auf welcher kleine Menschen sich auf die Tür zu oder von ihr wegbewegen.

Während die Zahl der Arbeitslosen in Offenbach seit Jahren die höchste in Hessen ist, verzeichnet der Kreis Fulda die niedrigsten Werte. Die regionalen Unterschiede sind groß. Experten sehen dafür verschiedene Gründe.

Die Unterschiede bei den regionalen Arbeitslosenquoten in Hessen sind groß. Die höchsten im Januar verzeichneten in den vergangenen fünf Jahren Offenbach, Wiesbaden und Kassel. Fulda hingegen punktete durchweg mit der niedrigsten Quote in Hessen.

Im Januar dieses Jahres betrug die hessenweite Arbeitslosenquote 5,6 Prozent. Deutlich darüber lag die der Stadt Offenbach mit 9,3 Prozent. Auch Wiesbaden und die Stadt Kassel wiesen mit 8,5 Prozent im Januar verhältnismäßig hohe Zahlen auf.

Ganz anders sieht es im Kreis Fulda (3,7 Prozent), Hersfeld-Rotenburg (4,3 Prozent) und dem Wetteraukreis (4,4 Prozent) aus. Hier lagen die Quoten deutlich unter den hessenweiten.

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Unterschiede zwischen Stadt und Land

"Die Arbeitslosigkeit in Städten ist tendenziell höher als in den ländlichen Regionen", erklärt Johannes Paul, Sprecher der Arbeitsagentur in Hessen. Das sei nicht nur in Hessen, sondern in ganz Deutschland der Fall. Seine Theorie: Im ländlichen Raum habe man oftmals einen anderen Umgang mit Arbeitslosigkeit.

"Die Frage: 'Was denken die Nachbarn, wenn ich mittags den Rasen mähe' wird hier häufiger gestellt", so Paul. Der soziale Druck sei in kleineren Gemeinden oft hoch und nicht zu unterschätzen. In großen Städten wie Wiesbaden oder Offenbach leben die Menschen hingegen deutlich anonymer, oft ohne guten Kontakt zur Nachbarschaft.

Kreis Fulda: Viele mittelständische Unternehmen

Die regionale Arbeitsagentur sieht weitere Gründe für die niedrigen Arbeitslosenzahlen, etwa im Kreis Fulda. "Wir haben einen bunten, vielfältigen Branchenmix", sagt Waldemar Dombrowski, Geschäftsführer der Arbeitsagentur Bad-Hersfeld-Fulda. Im Landkreis Fulda gebe es - anders als in anderen Städten oder Kreisen in Hessen - nicht "das eine große Unternehmen".

Stattdessen seien viele mittelständische Unternehmen vorhanden. "Mit diesem breit aufgestellten Branchenmix minimiert sich das Risiko hoher Verluste, falls ein bestimmter Sektor in Schwierigkeiten gerät", sagt Michael Konow, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Fulda.

Verbundenheit gegenüber Mitarbeitern

Viele der mittelständischen Unternehmen im Kreis Fulda seien familiengeführt. Dort spürt man laut Arbeitsagentur oft eine stärkere Verbundenheit mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als bei vielen großen Firmen.

"Das führt dazu, dass die Unternehmen ein großes Interesse haben, ihre Angestellten zu halten", sagt Dombrowski. Auch die Förderung von Auszubildenden funktioniere hier oft besser.

Zusätzlich profitiert die Region Fulda von der zentralen Lage in Deutschland. "Ein positiver Aspekt ist die gute Infrastruktur", teilt die IHK mit. Es gebe zahlreiche Zugverbindungen und Autobahn-Anbindungen, um in umliegende Städte oder Kreise zur Arbeitsstelle zu pendeln.

Wiesbaden: wenig Industrie, viel Verwaltung

In Wiesbaden würde man sich über Arbeitslosenzahlen - wie in Fulda - freuen. Hier liegt die Quote deutlich drüber. Nach Angaben der Stadt Wiesbaden liegt das vor allem an dem Bildungsabschluss. Demnach haben zwei Drittel der Menschen dort, die Bürgergeld beziehen, keinen Berufsabschluss.

Für sie kämen somit nur un- und angelernte Tätigkeiten in Frage. "In diesen Segmenten ist der Arbeitsmarkt in Wiesbaden aber weitestgehend gesättigt", teilt die Stadt mit.

Wiesbaden verfüge über verhältnismäßig wenige Jobs im verarbeitenden Gewerbe und der Industrie. Als Landeshauptstadt gebe es hingegen einen hohen Anteil an öffentlicher Verwaltung. Auch Finanz- und Versicherungsdienstleister seien oft vertreten.

Hohe Quote an Bürgergeld-Beziehern

Das Kommunale Jobcenter (KJC) versuche stetig weiter zu qualifizieren, bedauerlicherweise sei dieser Weg nicht jeder Person offen. "Durch viele Brüche in den Erwerbsbiographien ist die Motivation, die Resilienz und auch die Kompetenzenlage oft nicht ausreichend, um die hohen Anforderungen einer Nachqualifizierung zu absolvieren", heißt es von der Stadt.

Deshalb hat Wiesbaden auch die zweithöchste Quote an Bürgergeld-Beziehern. 6,7 Prozent der Menschen unter 65 Jahren bezogen dort im Januar 2024 Bürgergeld. Noch höher fiel der Wert nur in Offenbach aus. Hier lag der Anteil bei 6,8 Prozent.

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Offenbach: Viele geringqualifizierte Mitarbeiter

"Die Quote ist hier schon seit Jahren konstant höher als im hessischen Gesamtdurchschnitt", teilt die Stadt Offenbach mit. Sie gehe einher mit einem weit unterdurchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen. Grund dafür sei auch hier unter anderem die Qualifizierung der Einwohnerinnen und Einwohner.

"Nach wie vor gibt es viele geringqualifizierte Arbeitnehmer, viele befristete Jobs, und der Anteil der Leiharbeitnehmer ist in den vergangenen Jahren doppelt so hoch wie in Hessen gewesen", heißt es.

Hoher Migrationsanteil und viele Langzeitarbeitslose

Weil in Offenbach vergleichsweise viele Menschen mit eher geringen beruflichen Qualifizierungen leben, seien diese besonders betroffen, wenn sich die wirtschaftliche Lage verschlechtere. Ein wesentlicher Grund für die hohe Quote sei auch die hohe Zahl an Langzeitsarbeitslosen.

In Offenbach kommt der hohe Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund hinzu. Im Jahr 2022 hatten, nach Angaben der Stadt, 66 Prozent der Offenbacherinnen und Offenbacher einen Migrationshintergrund. "Diese haben oft weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt", sagt Paul von der Arbeitsagentur. Die Jobmöglichkeiten seien nicht gleich verteilt.

Fachkräftemangel stark spürbar

Doch auch in Kreisen wie Fulda, mit einer verhältnismäßig niedrigen Arbeitslosenquote, gibt es Herausforderungen. "Der Fachkräftemangel ist bei uns besonders stark spürbar", sagt Dombrowski von der Arbeitsagentur.

Auf einen Bewerber kommen in der Region demnach etwa zwei Arbeitsstellen. In anderen Kreisen sei das Verhältnis oft eins zu eins. "Die fehlenden Azubis von heute sind der Fachkräftemangel von morgen", so Dombrowski.