Franjic von Darmstadt 98

Auf den Derby-Muntermacher folgt der Dämpfer bei Union Berlin: Darmstadt 98 verliert das nächste direkte Duell im Tabellenkeller und steckt in akuter Abstiegsgefahr. Das große Problem ist die harmlose Offensive.

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Highlights: Union Berlin - Darmstadt 98

Im Hintergrund sieht man ein Fussballstadion, davor links das Logo vom 1. FC Union Berlin und rechts das Logo von SV Darmstadt 98
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Der späte Ausgleich im Derby gegen Eintracht Frankfurt (2:2) verhalf Darmstadt 98 durch die vergangene Trainingswoche. Die Stimmung hervorragend, der Glauben an die eigene Stärke und den Klassenerhalt groß wie selten zuvor. Wer zwei Tore gegen den großen hessischen Nachbarn aufholen kann, der kann erst recht die paar Punkte im Tabellenkeller aufholen, so der Gefühlstenor. "Wir wollten diesen Schwung nutzen", sagte Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht am Sonntag.

Allein: Dieser Plan ging bei der 0:1-Pleite bei Union Berlin überhaupt nicht auf. Die Südhessen gaben zwar auch im Kellerduell an der Alten Försterei alles und standen in der Defensive durchaus stabil. Insgesamt war von dem vermeintlichen Selbstbewusstseins-Boost jedoch nichts zu spüren. "Der Wunsch, die Power aus dem Frankfurt-Spiel mitzunehmen, war nur Wunschdenken", fasste Lieberknecht zerknirscht zusammen. Das Vertrauen in die eigene Stärke ging so schnell wie sie gekommen war.

Die Offensive ist viel zu harmlos

Die Lilien, die in der Schlussphase gegen die Eintracht plötzlich großen Druck entfacht und bewiesen hatten, dass sie mehr können als kämpfen, kratzen und beißen, enttäuschten gegen die Eisernen fußballerisch auf ganzer Linie. Bis zum Strafraum kombinierten sie sich zwar das eine oder andere Mal schön durch. Danach war aber so gut wie immer Endstadion, eine hochkarätige Darmstädter Torchance gab es nie. "Wir haben zu zögerlich gespielt, wenn wir zum Abschluss kommen konnten. Wir haben in vielen Aktionen oft zu kompliziert gedacht und waren zu pomadig", kritisierte Lieberknecht.

Auch Torhüter Marcel Schuhen, der sich das ebenso verzweifelte wie ideenlose Anrennen seiner Vorderleute von hinten mit anschauen musste, schlug nach Abpfiff in die gleiche Kerbe. "Wir geben alles, das kann uns keiner vorwerfen. Wir hatten aber keine zwingende Torchance, das war einfach zu wenig." Stets bemüht, aber nie gefährlich. Eine Kombination, die so zum großen Ziel Ligaverbleib nicht reichen wird. Die Offensive, die durch Neuzugang Julian Justvan eine qualitative Steigerung erfahren hat, ist oft einfach zu harmlos.

Mehlem bald wieder eine Option

Nun besteht dank Rückkehrer Marvin Mehlem, der in Berlin erstmals seit seinem Wadenbeinbruch wieder im Kader war, Justvan und Bochum-Leihgabe Gerrit Holtmann zwar durchaus leise Hoffnung auf Besserung.

Die Lilien müssen sich angesichts der bevorstehenden Aufgaben gegen Tabellenführer Leverkusen, Gladbach und Stuttgart aber besser heute als morgen im Spiel nach vorne etwas einfallen lassen. Leichter werden die Aufgaben definitiv nicht. Die Zeit drängt.

Der Abstand zum rettenden Ufer wächst

Wie bitter die Niederlage in Berlin war, verdeutlicht ein Blick auf die Tabelle. Mit einem Sieg hätten die Lilien vorbei an Union und raus aus der Abstiegszone springen können. So sind sie mit elf mageren Punkten weiter Tabellenletzter. Der Abstand zu Platz 15 und Union, das noch ein Nachholspiel in der Hinterhand hat, ist auf sechs Punkte angewachsen.

Dass die direkten Duelle gegen andere Kellerkinder wie Köln und Bochum sowie bereits gleich zweimal Union allesamt verloren wurden und auch gegen Mainz nur ein Punkt heraussprang, spitzt die Lage zusätzlich zu. Gegen wen wollen die Lilien ihre Zähler einfahren?

"Es ist unglücklich und enttäuschend, dass wir ohne Punkte nach Hause fahren", resümierte Lieberknecht, der weiter positiv bleiben will. "Es ist kein Tag, um aufzugeben." Das wäre angesichts von noch 15 offenen Spielen auch definitiv verfrüht, echter Optimismus hört sich allerdings anders an. Der in der vergangenen Woche noch so starke Glaube scheint zu bröckeln.