Bremen Eine Privatschule verklagt Bremen – das sind die Gründe
Die private Evangelische Bekenntnisschule steckt im Rechtsstreit mit der Stadt Bremen. Wir erklären, worum es bei der Klage geht.
Warum verklagt die Bekenntnisschule die Stadt Bremen?
Es geht ums Geld. Die Freie Evangelische Bekenntnisschule klagt vor dem Verwaltungsgericht, weil sie zu geringe Zuschüsse von der Stadt bekomme, um den Schulbetrieb zuverlässig zu gestalten. "Wir werden erhalten, aber nicht gefördert", sagt Bodo Masuhr, pädagogischer Vorstand der Schule. Sie bekämen nicht, was ihnen zusteht. Dass sie Geld aus der öffentlichen Kasse bekommen, ist im Privatschulgesetz geregelt – allerdings ist die Gestaltung der Zuschüsse aus Sicht der Schule zu intransparent.
Am Freitag wurde das Verfahren vertagt, aber: Sollte die Schule vor dem Verwaltungsgericht Erfolg haben, könnten auch andere Privatschulen ähnliche Forderungen stellen, deswegen wird die Klage als Musterklage gesehen. Schon 2022 hatten sich die Privatschulen in der Stadt Bremen an die Bildungssenatorin gewandt und mehr Geld gefordert.
Die Privatschulen argumentieren, dass ihr Angebot einen vielfältigen Bildungsansatz in Bremen befördert und sie deshalb auch entsprechend unterstützt werden sollten. Tatsächlich geht aus einem Bericht der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2019 hervor, dass in anderen Bundesländern nicht nur teilweise prozentual höhere Zuschüsse gezahlt werden, sondern auch beispielsweise Betriebskosten übernommen werden.
Wie viel Geld bekommen Privatschulen von der Stadt Bremen?
Die Höhe der Zuschüsse ist im Bremer Privatschulgesetz genau geregelt, nach einer etwas komplizierten Rechenart. Alle Privatschulen bekommen einen festen Zuschuss für die Personalausgaben. Grundlage dafür sind die Ausgaben pro Schülerinnen und Schüler auf Basis von Daten des Statistischen Landesamtes, der sogenannte Schülerkostensatz. Bei öffentlichen Schulen werden die Kosten komplett von der Kommune gezahlt, bei Privatschulen eben nur ein Teil. Bei privaten Grundschulen liegt dieser Satz bei 72,3 Prozent der Gesamtkosten, bei privaten Oberschulen und Waldorfschulen bei 76 Prozent und bei privaten Gymnasien bei 93 Prozent. Nur die Tobias-Schule in Oberneuland, eine Förderschule, bekommt die vollen Schülerkosten erstattet.
Die Bildungsbehörde argumentiert, dass die Privatschulen immer diese festgelegten Sätze bekommen haben – und dass es wegen der gestiegenen Ausgaben pro Schüler einen Anstieg der Zuschüsse um bis zu 58 Prozent seit 2014 gab, der die Kosten decken sollte.
Wieviel Geld bekommen die Schulen dann?
Laut einer Erhebung der Kultusministerkonferenz lag der Jahresbetrag pro Schüler in 2019 für private Grundschulen in Bremen bei knapp 3.600 Euro, bei Ober-, Waldorfschulen und Gymnasien bei mehr als 4.500 Euro. Die restlichen Kosten müssen über Schulgebühren gedeckt werden; je nach Schule variiert dieser Betrag. Bei den Freien Waldorfschulen sind es monatlich bis zu 290 Euro, bei der International School je nach Alter der Kinder bis zu 18.000 Euro im Jahr.
Wie viele Privatschulen gibt es in Bremen und Bremerhaven eigentlich?
Es gibt 16 Privatschulen in Bremen und zwei in Bremerhaven. Dazugehören drei Waldorfschulen, ein Förderzentrum, sechs Grundschulen, zwei Gymnasien, fünf Oberschulen und eine Gesamtschule.
Das Angebot der Schulen variiert: Die Evangelische Bekenntnisschule beispielsweise gibt es seit knapp 50 Jahren und erklärt explizit, dass sie einen christlichen Bildungsansatz hat und damit auch eine andere Weltsicht für Schülerinnen und Schüler ermöglicht. Sie sieht sich als Ergänzung für das allgemeinbildende Schulsystem. Die Waldorfpädagogik beruht beispielsweise auf der "anthroposophischen Menschenkunde" nach Rudolf Steiner. Außerdem gibt es einige Grundschulen in Bremen, die von der katholische Kirche mitgetragen werden - allerdings geraten sie auch wegen der sinkenden Einnahmen durch die Kirchensteuer unter Druck.
In Bremen besuchen knapp 5.500 Schülerinnen und Schüler aktuell eine Privatschule, vergangenes Jahr waren es knapp 5.600. Gemessen an der Gesamtschülerzahl (2024: 57.179, 2023: 55.479) werden also knapp zehn Prozent der Bremer Schülerinnen und Schüler an einer Privatschule unterrichtet. In Bremerhaven gibt es keine aktuellen Zahlen zu Privatschülern, vergangenes Jahr waren es 660 Kinder und Jugendliche – das entspricht knapp fünf Prozent aller Schülerinnen und Schüler.
Warum gibt es eigentlich Privatschulen?
Privatschulen werden von vielen Menschen kritisch gesehen, auch wegen mancher pädagogischen Ansätze. Allerdings sind Privatschulen durch das Grundgesetz gesichert. In Artikel 7, Absatz 4 heißt es:
"Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist."
Das heißt: Der Staat muss dafür sorgen, dass Privatschulen erhalten bleiben. Und zur Wahrheit gehört auch: Weil die Privatschulen ein Angebot für knapp zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler machen, entlasten sie das öffentliche Schulsystem. Denn: Bräuchten all diese Kinder und Jugendliche Plätze an staatlichen Schulen, wo Lehrkräfte genauso wie Klassenräume fehlen, würde ein ohnehin überlastetes System wahrscheinlich zusammenbrechen.
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buten un binnen, 27. September 2024, 19: 30 Uhr