Staatsschutz ermittelt Schulklasse in Brandenburg rassistisch beleidigt
Eine Schulklasse aus Berlin ist in einer Brandenburger Ferienanlage von anderen Gästen rassistisch beleidigt und bedroht worden - so sehr, dass die Schüler mitten in der Nacht abreisten. Nun ermittelt der Staatsschutz.
- Schülerinnen und Schüler aus Berlin sollen in einer Ferienunterkunft in Brandenburg von anderen Jugendlichen rassistisch beleidigt und bedroht worden sein
- Die Schüler:innen sind teils offensichtlich muslimisch, die Angreifer waren teils vermummt und wollten in die Anlage gelangen
- Die Klassenfahrt wurde abgebrochen
- Die Kriminalpolizei ermittelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Bedrohung
- Politiker und die Leiterin der Anlage verurteilen den Übergriff
Nach rassistischen Beleidigungen gegen Schülerinnen und Schüler aus Berlin während eines Ausflugs in Brandenburg ermittelt der Staatsschutz wegen Volksverhetzung und Bedrohung.
Am Wochenende wurden Berliner Schülerinnen und Schüler einer 10. Klasse in einer Ferienanlage in Heidesee (Dahme-Spreewald) von alkoholisierten, teils vermummten Jugendlichen offenbar rassistisch beleidigt und bedroht. Die 15- bis 16-jährigen Schüler haben größtenteils einen Migrationshintergrund, einige Betroffene sind laut Polizei erkennbar muslimischen Glaubens und hätten Kopftücher getragen.
Die Jugendlichen waren Teilnehmer einer Geburtstagsfeier und hätten die Schülerinnen und Schüler der Klasse laut Polizei zunächst rassistisch beleidigt. In der Nacht zu Sonntag hätten die Angreifer dann versucht, in das Objekt der Schulklasse zu gelangen, sagte Kettlitz, sie hätten an Türen und Fenstern geklopft und Gewalt angedroht.

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Polizei stellt Identität von 28 Personen fest
Bei den Angreifern handelte es sich um 17- bis 19-jährige Jugendliche aus der Region, die in der Ferienanlage am Frauensee einen 18. Geburtstag feierten, teilte Maik Kettlitz von der Polizeidirektion Süd dem rbb mit. Es habe sich um Personen aus einem benachbarten Ort gehandelt. 20 Personen dieser Gruppe seien als Übernachtungsgäste und weitere 60 Personen als Tagesgäste angemeldet gewesen.
Von 28 Personen seien die Identitäten festgestellt worden, sagte eine Polizeisprecherin am Montag. Ob es sich bei allen um Tatverdächtige handele, sei noch unklar.

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Schulklasse reiste am Sonntagmorgen ab
Gegen 0:30 Uhr habe ein Schüler der Schulklasse die Polizei angerufen. Die eintreffende Polizei habe beide Gruppen räumlich voneinander getrennt und die Identitäten festgestellt. Eine körperliche Auseinandersetzung konnte die Polizei demnach verhindern.
Unter Berufung auf einen Vater eines Schülers berichtete die "B.Z." [externer Link], die Eltern hätten ihre Kinder gegen 3.00 Uhr aus der Unterkunft abholen müssen. Nach Angaben der Polizei wurden sie von Beamten geschützt und begleitet. "Viele Kinder stehen unter Schock. Sie kannten diese Ausländerfeindlichkeit aus Berlin nicht. Es wird jetzt überlegt, die Matheprüfung am Mittwoch zu verschieben", sagte der Vater der Zeitung. Die Jugendlichen hätten sich eigentlich in Brandenburg auf die Prüfung des Mittleren Schulabschlusses MSA vorbereiten wollen, schrieb die "B.Z.".
Um 6.00 Uhr am Samstagmorgen sei der Bereitschaftsdienst der Einrichtung informiert und gebeten worden, die verbliebenen sieben Personen, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte zum Bahnhof Königs Wusterhausen zu bringen. Die anderen Schülerinnen und Schüler seien vorab bereits von ihren Eltern abgeholt worden.
Ferienanlage und Bürgermeister von Heidesee verurteilen Vorfall
Am Montag äußerte sich die Geschäftsführerin der Ferienanlage, Nora Runneck [externer Link], auf der Homepage des Betriebes selbst zu dem Vorfall. Sie "verurteile jegliche Form von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus". Sie bestätigte den Vorfall, der sich in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai 2023 ereignet hatte.
Man unterstütze die polizeilichen Ermittlungen "vollumfänglich" heißt es in dem Statement weiter. Man stehe zudem mit der betroffenen Schule in Kontakt und bedaure den Vorfall sehr. Der Gruppe rund um die Geburtstagsfeier habe man ein Hausverbot für die Einrichtung erteilt.
Auch der Bürgermeister von Heidesee, Björn Langner (parteilos) äußerte sich bestürzt zu dem Vorfall: "Wir werden uns dafür einsetzen, dass rassistische und diskriminierende Verhaltensweisen keinen Platz in unserer Gemeinde haben und dass jeder, unabhängig von Herkunft, Religion und Hautfarbe, willkommen ist." Die Gemeinde distanziere sich von jedem fremdenfeindlichen Verhalten.

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Berliner Polizei übernimmt weitere Zeugenvernehmungen
Nach Angaben der Polizei sind in der Nacht zu Sonntag erste Zeugen befragt worden. Weitere Vernehmungen von Lehrern und Schülern werden laut Kettlitz von der Berliner Polizei übernommen. Unklar ist zur Zeit noch, welcher Tatverdacht sich gegen welche Personen der angreifenden Gruppe richtet. Wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Bedrohung laufen derzeit die Ermittlungen beim dafür zuständigen Staatsschutz der Kriminalpolizei.
Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch verurteilte den Angriff auf die Schulklasse: "Mit solchen Übergriffen will ich mich und dürfen wir uns nicht abfinden. Nun gilt es zunächst, den Schülerinnen und Schülern die beste Hilfe zu geben." Ihren Angaben nach wurde umgehend das Krisen- und Interventionsteam des Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ) verständigt. Noch am Montag habe der Bildungssenat der Schule Termine zur psychologischen Aufarbeitung des Geschehens für die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern angeboten.
Sendung: rbb|24, 08.05.2023, 13:00 Uhr