Kommentar | Vorfälle an Südbrandenburger Schule - Rechtsextremismus ist hier kein Randphänomen

Do 27.04.23 | 15:35 Uhr | Von Sebastian Schiller
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Symbolbild:Ein Lehrer schreibt das Wort "Demokratie" an eine Tafel.(Quelle:dpa/L.Ducret)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.04.2023 | Sebastian Schiller | Bild: dpa/L.Ducret

An einer Schule in Spree-Neiße sollen rechtsextreme Vorfälle zum Alltag gehören. Lehrer haben anonym in einem Brief um Hilfe gerufen. Aber ist die Überraschung über die Zustände wirklich angebracht? Nicht wirklich, findet Sebastian Schiller.

Wenn man in Südbrandenburg aufwächst und ein bisschen darauf achtet, ist Rechtsextremismus kein Randphänomen. Das betrifft nicht nur den Süden des Landes Brandenburg, sondern auch andere Teile Deutschlands. Aber hier ist es selbst im Alltag deutlich spürbar.

Ein paar der bekanntesten Versandhändler für rechtsextremen Lifestyle haben hier ihren Sitz. Rechtsextreme betreiben neben Klamottenläden auch Restaurants oder Reinigungsunternehmen und hatten eine Zeit lang ihre Leute an so gut wie allen Cottbuser Club-Türen.

Ein rechtsextremer Verein hat hier über Jahre zu Demonstrationen aufgerufen, die so auch zum beliebten Treffpunkt der Szene geworden sind. Bei Konzerten einschlägig bekannter Bands oder Kampfsportevents mit Neonazis in der ganzen Republik sind unter den Hauptsponsoren oft Kleidungslabel aus der Region zu finden. Wer hinguckt, sieht das.

Bedenkenswert ist die Hilflosigkeit

Deswegen müsste es genau genommen auch wenig überraschend sein, was da jetzt über eine Schule im Spree-Neiße-Kreis ans Tageslicht gekommen ist; dass Schüler offen den Hitlergruß zeigen oder Hakenkreuze in Schultische ritzen.

Bedenkenswert ist eher die Hilflosigkeit der Lehrer, die anscheinend so groß war, dass es jetzt zu diesem Aufschrei kam. Aber mal ganz ehrlich, wenn sich junge Männer, vielleicht gerade mitten in der Pubertät und vollgepumpt mit Selbstvertrauen, vor einer möglicherweise überforderten Lehrkraft aufbauen und einschüchtern ... wie würden Sie in so einer Situation reagieren? Schließlich sieht man sich doch trotzdem fast jeden Tag in der Schule. Und irgendwie muss das mit dem Unterricht ja auch weitergehen.

Auch an meiner Schule gab es früher Mitschüler, die im Hitlergruß kein Problem gesehen haben. 'Ist doch lustig, was die sich da trauen, oder?' Natürlich nicht! Aber wir haben das hingenommen und vielleicht maximal den Kopf geschüttelt. Das Bildungsministerium will jetzt eine Handreichung auf den Weg bringen, in der erklärt wird, was strafbar ist und was nicht.

Das Problem liegt viel tiefer

Aber mal ganz ehrlich: Dass gerade in Schulen niemand weiß, ob das jetzt schon strafbar ist oder doch nur ein etwas entgleister Ausdruck freier Meinungsäußerung, das kann mir doch wirklich keiner erzählen. Es riecht nach Aktionismus, obwohl das Problem noch viel tiefer liegt.

Wenn Schüler rassistisch beleidigt werden, wenn Lehrer Angst haben müssen, Dinge anzusprechen oder wie im Fall der Schule im Spree-Neiße-Kreis abends allein vom Schulgebäude zu ihrem Auto zu gehen, dann helfen auch keine Aufklärungsbroschüren. Und allein können die Schule und das Lehrerkollegium das Problem sowieso nicht lösen.

Das schafft nur die Gesellschaft als Ganzes. Aber wenn man in Südbrandenburg aufwächst, beschleicht einen manchmal ganz leise die Frage, ob es überhaupt genug Menschen gibt, die bereit sind, sich aktiv dafür einzusetzen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.04.2023, 08:10 Uhr

Beitrag von Sebastian Schiller

31 Kommentare

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  1. 30.


    alles relativ. Leute, die mit Deutschland nichts anfangen können, sind nicht richtig Quell der Erkenntnis. Die SPD findet momentan sowieso vieles "Nationalismus", wo Andere ein legitimes Recht der Interessenswahrung sehen. Angesichts der starken illegalen Zuwanderung warnt die Union: Grenzkontrollen nur zu Österreich reichten nicht aus. Die Regierung müsse „endlich“ gegensteuern, wenn dieses Jahr nicht deutlich mehr als 300.000 Asylbewerber kommen sollen. Die SPD bekräftigt ihr Bekenntnis zu offenen Grenzen. Der SPD-Migrationsexperte Lars Castellucci sagte WELT AM SONNTAG: „Die Union kippt in den Nationalismus.

  2. 29.

    @ Herr Krüger. Nein, nein, so einfach dürfen Sie es sich nicht machen. Die Schuld auf den >Vorgänger< zu schieben und dann ist man fein raus. Ich habe auch bis '89 immerhin 28 Jahre in der DDR gelebt und habe ein gefestigtes Verhältnis zur Demokratie. Mit wenig bis gar kein Verständnis zu rechts- bzw. linksextremen.

  3. 28.

    Also auch wenn ich sonst völlig bei Ihnen bin, dass das von den Medien und gerade dem rbb nicht so benannt wird, kann ich wirklich nicht bestätigen. Ich habe im Gegenteil viel öfter den Eindruck, dass das pauschal auf alle aus der Region pauschalisiert wird und überhaupt keine Differenzierung mehr stattfindet.

  4. 27.

    Zitat: "Und was ist mit den linksextremen klimakaoten, das ist natürlich kein Thema beim mittlerweile links grünen rbb. Ich will echt meine rundfunkgebühren zurück haben."

    Nun geduldigen Sie doch mal noch ein bisschen. Da Sie den rbb ja wohl für ein regierungs- bzw. senatstreues Medium halten, dürfte die Berichterstattung demnächst logischerweise in Richtung Schwarz/'Rot' und weg von Links/Grün schwenken. Und es geht ja schon los: Ihr 'heißer' Kommentar wurde, entgegen Ihrer Befürchtung, veröffentlicht.

  5. 26.

    >"Und was ist mit den linksextremen klimakaoten, das ist natürlich kein Thema beim mittlerweile links grünen rbb. "
    Äh??? Wo waren Sie die letzten 4 Tage? Jedenfalls nicht hier auf dem rbb24 Newsportal! Bis gestern war dies hier schon ausgiebig Thema.

  6. 25.

    Jetzt sind Sie platt... Selbst so ein bescheuerter und faktisch auch noch falscher Beitrag wird gebracht. Ich glaube in Russland gibt es keine Rundfunkbeiträge......

  7. 24.

    Die Beobachtungen zur Verfestigung der rechtsextremen Szene im öffentlichen Bereich sind zutreffend. Allerdings ist der indirekt formulierte Vorwurf, man müsse gesamtgesellschaftlich etwas bewegen, scheinheilig und nicht zielführend für die Lehrkräfte. Denn wenn man nach eigenen Angaben selber in der Vergangenheit nur kopfschüttelnd wegsah, lag vielleicht genau darin das Problem - Missstände nicht anzusprechen, kein "Nestbeschmutzer" zu sein, war der gewählte öffentlich-rechtliche Umgang mit sämtlichen rechtsextremen Phänomenen in den 90'ern. Darin kann wohl kaum ein Vorschlag liegen.

    Ferner ist es anmaßend und unempathisch, den - notwendigen - Hilfeschrei der Lehrkräfte kleinzureden. Gegennarrative zu setzen, für rechtsextreme Netzwerke zu sensibilisieren, ihen keinen öffentlichen Raum zu gestatten, das ist sehr wohl möglich. Hinzu kommt, dass man beim rbb kaum Ahnung von Hilfsprojekten hat. Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus wäre hier ein angemessener Hinweis.

  8. 23.

    Quatsch. Hier wird häufiger über Klebeaktionen ausführlich berichtet. Übrigens:
    Kaoten schreibt man mit Ch.
    Links-grüne Grüße vom WestBerliner FDP-Wähler
    Rajko Peter Petrow

  9. 22.

    Statt die "Letzte Generation" als linksextrem zu diskreditieren sollten Sie lieber deutsche Rechtschreibung lernen. Was rechtsextre Deutsche schreiben ist vorhersehbar. Nur wie sie es schreiben ist immer wieder überraschend.

  10. 21.

    Haben Sie Probleme beim Thema zu bleiben oder wollen Sie nur von rechtsextremen Gewalttäter ablenken? 200 Tote durch rechte Gewalt seit 1990 reichen Ihnen nicht als Grund das da genau hingeschaut wird?

  11. 20.

    Jetzt sind Sie platt... Selbst so ein bescheuerter und faktisch auch noch falscher Beitrag wird gebracht. Ich glaube in Russland gibt es keine Rundfunkbeiträge......

  12. 19.

    Und was ist mit den linksextremen klimakaoten, das ist natürlich kein Thema beim mittlerweile links grünen rbb.
    Ich will echt meine rundfunkgebühren zurück haben.
    Da der Kommentar eh nicht erscheinen wird hoffe ich zumindest dass ein verständnisvoller das liest.

  13. 18.

    Das haben Sie gut erklärt. So ist es eben auch...

    >"Das scheint oft eine Hase und Igel-Angelegenheit zu sein."
    Zumal Marken wenig Einfluss haben, für was sie benutzt werden. Sicher fischen Marken wie Lonsdale und Thor Steinar mit martialischem Image im Lager der "harten Männer". Dass sich Rechte als "harte Männer" sehen, trifft dann auch eben solche Marken. Nebenbei: Auch im schwulen Fetischlager sind Lonsdale Klamotten sehr beliebt. Extremer kann sich eine Marke zwischen zwei unterschiedlichen Lebensansichten nicht bewegen und logisch.. auch Geld verdienen.

  14. 16.
    Antwort auf [wolfes74] vom 27.04.2023 um 18:26

    Ich weiß jetzt nicht, wie herum Sie das auflösen wollen - zur Bagatellisierung dt. Rechtsextreme oder um ein in der Tat konsequenteres Verhalten anzumahnen. In der Tat sind die Maßstäbe all zu oft krumm und schief, das aber dürfte einschlägigen Rechtsextremisten herzlich egal zu sein.

    Wenn Großbritannien zur Zeit Thatchers die chilenische Diktatur über den grünen Klee gelobt hat und Franz-Josef Strauß es bei Sonnenschein im Stadion von Santiago de Chile "recht angenehm" fand, kann dies nicht unbedingt als Ausweis einer demokr. Gesinnung angesehen werden. Gleich so, wenn Erdogan als Türsteher der EU "verwendet" wird oder ein Teil - nicht die Mehrheit der Ukrainer! - Anhänger eines einschlägig veranlagten Stepan Bandera sind.

  15. 15.
    Antwort auf [wolfes74] vom 27.04.2023 um 18:26

    Hat ja gedauert bis der erste Putintroll auftaucht.

  16. 14.
    Antwort auf [wolfes74] vom 27.04.2023 um 18:26

    "Anderswo werden Rechtsextremisten von unserer Presse und Politik als Verteidiger "westl. Werte", Freiheit und Demokratie gefeiert und geehrt,"

    Ein Beispiel...?

  17. 13.

    Frage an den RBB:
    Warum mein Kommentar nicht veröffentlicht wurde, er war weder beleidigend, noch mittels fälschlicher Verdächtigung. Er entspricht den Tatsachen!
    Erst das Schulversagen, dann das Landesversagen und dem Medium RBB gefällt meine berechtigte Kritik nicht und wirft sie ab.
    Ich möchte aber auch an das peinliche Schweigen nach den unerträglichen Schmähungen,Bedrohungen und Pöbeleien in der Schule in der Uckermark gegen meinen Freud und ehemaligen Ausländerbeauftragten Ibraimo Alberto erinnern.
    Schon seltsam.

  18. 12.

    Das "Grundproblem" dabei ist, dass im Zuge der Gewerbefreiheit es nicht auf den Inhalt drauf ankommt und der Staat jedesmal nachweisen muss, dass das Handelsgut rechtlich illegal ist. Solange kein Gesetz und keine Verordnung dazu existiert, berufen sich die Einschlägigen auf die Gewerbefreiheit.

    Lonsdale hat sich vom Rechtsextremismus distanziert und beteuert, dass Rechtsextreme sich nur ihres Namens bedient hätten, treffender: der mittleren vier der insgesamt acht Buchstaben. Thor Steinar als Kleidungsmarke oder Ostelbien Dornburg als Fußballverein (Schutz der Kultur) muss dann nachgewiesen werden, dass sie im einschlägigen Spektrum wüten. Das scheint oft eine Hase und Igel-Angelegenheit zu sein.

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