Kampf gegen das Funkloch - Neubaugebiet im Havelland wartet seit einem Jahr auf Internetanschluss

So 04.06.23 | 08:42 Uhr | Von Claudia Baradoy
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Kabel werden im Mai 2023 in Grünefeld, Landkreis Havelland, Brandenburg, verlegt. (Quelle: rbb)
Video: rbb|24 | 04.07.2023 | Material: Brandenburg aktuell | Bild: rbb

Den Traum vom eigenen Häuschen haben sich die Bewohner der neuen Siedlung "Am Sandbogen" in Grünefeld in Schönewalde-Glien erfüllt. Doch seit ihrem Einzug haben sie einen neuen Traum: vom funktionierenden Telefon und Internet. Von Claudia Baradoy

Wenn Steve Hildebrand telefonieren will, geht das nur im Garten, und nur mit dem Handy. Selbst diese Verbindung ist oft schlecht. "Das ist extrem belastend. Wir haben nicht immer so schönes Wetter, es gibt kalte und regnerische Tage, und dann immer rauslaufen zu müssen, Netz suchen zu müssen, das ist nicht toll!", sagt der Anwohner der neuen Siedlung "Am Sandbogen" in Grünefeld, einem Ortsteil in der Gemeinde Schönwalde-Glien im Landkreis Havelland.

Der Traum vom Festnetztelefon

Vom Festnetztelefon kann Steve Hildebrand nur träumen. Seit einem Jahr wohnt er mit Frau und Kind in der neuen Siedlung mit einem Dutzend Häusern. Die kleine Familie ist aus Berlin hier rausgezogen, in dem Glauben, dass eine Versorgung mit Telefon und Internet kein Problem sei. Aber seit einem Jahr tue sich, trotz vieler Nachfragen bei der Firma DNS-Net, nichts: "Am meisten ärgert mich, dass meine Frau eigentlich von zuhause arbeiten könnte. Das wäre für uns eine große Entlastung", sagt Hildebrand. So müsse sie stattdessen nach Berlin-Mitte fahren. "Das ist ein elend langer Arbeitsweg. Sie kann aber nicht von zuhause arbeiten, weil: Kein Internet!"

Aus dem Sandhügel baumelt ein Leerrohr

Gleich gegenüber wohnt Michael Fritsche. Auch sein Haus ist fertig, im Garten sprießt der frisch gesäte Rasen, Bäume und Sträucher sind gesetzt. Doch aus dem Sandhügel vorm Haus baumelt ein Leerrohr - nutzlos und leer, sagt Michael Fritsche. Dort soll irgendwann das Glasfaserkabel herauskommen. Dass das noch nicht längst der Fall ist, ärgere ihn sehr, sagt er.

Michael Fritsche ist selbstständiger Unternehmer, arbeitet von zuhause und ist auf schnelles Internet angewiesen. Für viel Geld hat er sich deshalb eine Satellitenanlage aufs Dach bauen lassen - keine Dauerlösung: "Man kann sich nicht so sehr darauf verlassen wie eben auf eine Festnetzverbindung. Die ja auch, wenn es dann Glasfaser wäre, natürlich besonders gut wäre", sagt er. Die Verbindung mit seiner Satellitenanlage sei es nicht, "das schwankt auch immer."

Kabel werden im Mai 2023 in Grünefeld, Landkreis Havelland, Brandenburg, verlegt. (Quelle: rbb)Verlegung von Kabeln in Grünefeld.

Seit einem Jahr ohne digitale Verbindung

Sich aus dem Funkloch zu befreien ist den Grünefeldern bis jetzt - auch mit Hilfe des Ortsbeirates - nicht gelungen. Die Hildebrands, Fritsches und andere Bewohner haben sich an den Kreistagsabgeordneten Jörg Schönberg (Linke) gewandt. "Wir sind von Pontius zu Pilatus gelaufen", man habe den Investor, DNS-Net und andere Beteiligte angeschrieben. "Alle reden sich raus", sagt Schönberg im Gespräch mit dem rbb. "Es kann doch nicht sein in diesen Zeiten, dass etliche Familien hier seit einem Jahr ohne digitale Verbindung in die Welt sind. Jetzt muss endlich was passieren."

Termin mit DNS-Net steht aus

Direkt im Ort Schönwalde-Glien verlegt DNS-Net seit einigen Wochen Glasfaser. Aber eben nur dort, wo es genügend Glasfaserkunden gibt. Nach Angaben der DNS-Net ist der Ausbau in Grünefeld freiwillig und komplett eigenwirtschaftlich. Deshalb müsse diese Maßnahme gründlich geprüft werden, teilt DNS-Net auf Anfrage des rbb mit.

Lohnt es sich für DNS-Net finanziell nicht, die kleine Straße "Am Sandbogen" in Grünefeld anzuschließen, weil es dort nur ein Dutzend Häuser gibt? "Der Ortsteil Grünefeld ist derzeit allerdings zeitlich im Ausbauplan noch nicht so festgelegt, dass man diesen verbindlich benennen kann", schreibt DNS-Net daraufhin. Und: In der Gemeindeverwaltung habe man einen Kooperationsvertrag mit DNS-Net abgelehnt.

Im Rathaus schaut man nun, wie man die Kuh vom Eis bekommt, um Grünefeld doch noch ans Netz zu bringen. Bürgermeister Bodo Oehme (CDU) erklärte im rbb, dass es dafür einen Gesprächstermin geben soll. "Wir sind jetzt mit dem Regionalleiter von der DNS-Net so verbleiben, dass es einen gemeinsamen Termin geben wird, an dem die betroffenen Bürger, der Investor, die DNS-Net und die Gemeinde zusammen sehen, wie man eine Lösung hinbekommt."

Die Grünefelder hoffen nun, dass dieses Gespräch möglichst schnell kommt. Er bleibe dran, versichert auch der Bürgermeister dem rbb. Steve Hildebrand wird aber wohl noch oft mit dem Handy in den Garten rennen müssen, zum Telefonieren. Denn DNS-Net habe leider noch keinen konkreten Termin für das Gespräch im Rathaus vorgeschlagen, so Oehme.

Sendung: Antenne Brandenburg, 01.06.2023, 17:00 Uhr

Beitrag von Claudia Baradoy

18 Kommentare

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  1. 18.

    Leider ist D. beim Ausbau der Infrastruktur, Ladestationen u. schnelles Internet irgendwo stehengeblieben u. nur noch max. Durchschnitt. Das gilt für viele Orte u. Bereiche, auch in MOL. Es wird nur da ausgebaut, wo Profit zu erwarten ist. Ich fühle mich an die DDR 1986 erinnert, als meine Eltern (privat selbständig), nach 12 J. Wartezeit mit Dringlichkeit, zu Hause Telefon bekommen sollten. Kabel wurden gelegt, aber die Anschlüsse erhielten NVA- Offiziere. Es wurde erst Mitte 10/1990 etwas...

  2. 17.

    Mit zunehmender Enfernung steigen die Kosten für den Arbeitnehmer, um auf den Arbeitsplatz zu gelangen, und die Steuerberücksichtigung denkt diese Kosten nur zum Teil.
    Der Gedanke mit der steurlicher Förderung von Zersiedelung des Umlandes ist Quatsch, wäre etwa wünschenswert, wenn alle Pendler nach Berlin ziehen, und die Fläche entsiedelt wird?

  3. 16.

    Vielen Dank für die Information.
    Es stimmt allerdings wohl auch, das mit zunehmender Entfernung der Steuervorteil wächst. Also wird die Zersiedlung des Umlandes steuerlich gefördert.
    Oder verstehe ich das falsch?

  4. 15.

    Diese Pauschale ist eine Entfernungspauschale, die man übrigens auch bekommt, wenn man z.B. von Lichterfelde nach Spandau zur Arbeit fährt. Selbst mit der S-Bahn.

  5. 14.

    Sie haben absolut nicht verstanden, worum es geht. Frau Hildebrandt würde sehr gerne "in der Pampa" arbeiten und nicht in Berlin Mitte, leider ist es ihr aber durch die sehr schlechte Netzabdeckung in Brandenburg nicht möglich.
    Diese ist übrigens "in der richtigen Pampa" deutlich besser als im Havelland. Auch auf Safaritouren durch Afrika ist 4G-Empfang keine Seltenheit, sondern eher die Regel, in weiten Teilen Brandenburgs hat man mit Glück eine Notrufverbindung. Ein Festnetzanschluss ist da also das Mindeste, was die Versorger hinkriegen sollten.

  6. 13.

    Ich war gerade in Dänemark, dort am Strand, am westlichsten Zipfel, hat man locker "5 G" ;-)

  7. 12.

    Ich war von 2000 bis zu meiner Pensionierung 2009 im Arbeitskreis zur Einführung des BOS-Digitalfunks. Zu konstituierenden Sitzung sagte der Leiter, " Machen Sie sich keine Illusionen, Deutschland ist fernmeldetechnisch auf den Stand einiger Entwicklungsstaaten ". Nun haben wir 2023 ,noch Fragen?

  8. 11.

    Da muss man wahrscheinlich steuerlich subventionieren."
    Gibts ja schon, nennt sich Pendlerpauschale.

  9. 10.

    Ja da haben Sie Recht, es klingt nicht gut, aber auf dem flachen Land oft die reale Wirklichkeit.

  10. 9.

    Hier ist zwar nicht "Bullerbü"; Ärzte, Apotheke, Sparkasse-alles vorhanden in Ortsmitte. Was fehlt ist ein Discounter. Es gibt zwar ein EDEKA, ALDI,NETTO und NORMA-aber alles weiter weg zum Ortsrand. Nun will man aber hier im Zentrum einen sehr großen EDEKA-Supermarkt bauen. Es ist ein bergiges Gelände zu begradigen; Einspeisetrafo der Straßenbahn versetzen etc. Ein Discounter wäre ausreichend aber EDEKA ist der ehemalige "Kaiser s" zu klein und scheut nun keinerlei Kosten. Vekehrsmäßig wird es arge Probleme geben aber unsere Bürgermeisterin hört nicht auf Bürger. Edeka regiert mit.

  11. 8.

    Und am Ende, stellt sich heraus, gibt's in Bullerbü auch keinen Arzt, keine Kita, keine Apotheke, keinen Supermarkt... Da muss man wahrscheinlich steuerlich subventionieren.

  12. 7.

    Wie Sie das so schreiben klingt nicht gut. Wer sich zum Eigentum entscheidet macht auch eine Wohnung frei. Mit der Miete kann man oft auch Eigentum finanzieren und so viel "Pampa" ist es da nun auch nicht. Hier bei uns hat eben gerade DSN-Net die große Werbetrommel gerührt; Buddeltermine bekannt gegeben und es geschah nichts; es waren viel zu wenig Interessenten. (Wären dort in Grünefeld viele Neuanschlüsse zu tätigen würde DSN-Net auch "zuschlagen". ) Ab Hausanschluss würde es ja hier bei Kupferkabel bleiben; es sei denn man stemmt / schlitzt überall die Wände auf.

  13. 6.

    Wer Haus mit Garten hat, kann normalerweise auch eine Antenne für Starlink aufstellen. Damit bekommt man einen sehr ordentlichen Internetzugang direkt vom Satellit. Die 65 Euro im Monat sind auch vertretbar.

    Richtig dumm ist, wenn man in einer Stadt wohnt und dort nur lahmes Internet bekommt. Das kommt auch immernoch vor und wird von den Medien höchst selten thematisiert.

  14. 5.

    Ich fühle mit den Betroffenen. Wohne in Zehlendorf und habe die selben Probleme. Im Haus geht nix, im Garten manchmal. Problematisch ist das auch für Handwerker, die zunehmend sofort online kassieren wollen. Allerdings haben wir einen Festnetzanschluss, der Web und Web Call erleichtern.

  15. 4.

    Tja, das hat man davon, wenn man unüberlegt in die Pampa zieht, immerhin kann die Frau noch Autofahren, wenn das auch noch wegfallen sollte, dann wäre es wohl aus mit dem Berufsleben.

  16. 3.

    Die Digitalisierung 2011 angekündigt und nichts getan, hat die Merkelregierung.
    Die Welt lacht sich kaputt über die unfähigkeit Deutschlands.
    Ich glaube das Chaos geht weiter, weil niemand wirklich die Digitalisierung auf ein normales Niveau zu bringen.

  17. 2.

    So müsse sie stattdessen nach Berlin-Mitte fahren. "Das ist ein elend langer Arbeitsweg. Sie kann aber nicht von zuhause arbeiten, weil: Kein Internet!""
    Wer hätte das gedacht, das man, wenn man in die Pampa zieht aber in Berlin-Mitte arbeiten will, einen elend langen Arbeitsweg hat?
    Is schon bitter, sowas!

  18. 1.

    Das ist hier in Berlin nicht anders.
    Die Leute pendeln teilweise 80km mit dem Auto und weiter, weil die Internetzugänge extrem Langsam sind. Nur sind es hier nicht die Anbieter die mauern, sondern die Vermieter. Da diese dem Ausbau zustimmen müssen. :(

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