Interview | SSC Neapel-Fan in Berlin - "Maradona hat es irgendwie von oben gesteuert"

Fr 05.05.23 | 16:20 Uhr
  1
Fans der SSC Neapel feiern den Gewinn der Meisterschaft am Donnerstagabend. Quelle: imago images/LaPresse
Audio: rbb24 Inforadio | 05.05.2023 | Jörg Seisselberg | Bild: imago images/LaPresse

SSC Neapel ist italienischer Meister - zum ersten Mal seit 33 Jahren und erstmals ohne Diego Maradona. In der Hafenstadt feierten Hundertausende. Ein Fanklub aus Berlin verfolgte das Spektakel aus der Ferne und sieht himmlische Gründe für den Erfolg.

rbb|24: Francesco Quattromani, nach 33 Jahren ist die SSC Neapel wieder italienischer Meister. Was ist Ihnen am Donnerstagabend durch den Kopf gegangen, als der Titel durch das Remis in Udine sicher war?

Francesco Quattromani: Da kamen sehr viele Emotionen hoch. Wir haben 33 Jahre auf den Meistertitel gewartet, also quasi ein ganzes Leben. Als Neapel das letzte Mal Meister wurde, war ich gerade einmal 18, jetzt bin ich 51. Es war ein sehr schöner Moment. Leider war ich in Berlin und nicht in Neapel - ich wäre gerne da gewesen. Vor ein paar Tagen war ich noch dort gegen Salernitana, als es leider noch nicht geklappt hat.

Francesco Quattromani, einer der Gründer von Napoli Berlino, in Neapel vor einem Maradona-Gemälde. Quelle: privat
Francesco Quattromani, einer der Gründer von Napoli Berlino, in Neapel vor einem Maradona-Gemälde. | Bild: privat

Wo und mit wem haben Sie das Spiel in Berlin verfolgt?

Wir haben einen Fanklub - "Napoli Berlino". Wir gucken immer in einer Kneipe in der Nähe des Wittenbergplatz. Natürlich waren wir auch am Donnerstag alle dort, haben das Spiel angeschaut, mitgefiebert und dann gefeiert. Unsere Gruppe gibt es seit 2010 und es wurden mit der Zeit immer mehr Leute. Wir haben ungefähr 50 feste Mitglieder, aber am Donnerstag waren zum Beispiel 200 Leute da. Touristen aus Neapel gucken auch oft mit uns, wenn sie in Berlin sind. Wir fahren aber auch zu den Spielen: Wenn Neapel in Deutschland spielt, sind wir immer dabei, waren zum Beispiel aber auch schon in London, Brüssel oder Paris. Auch nach Neapel reisen wir regelmäßig.

In Udine haben die Neapel-Fans nach dem Spiel vor Freude den Platz gestürmt, in Neapel feierten Hunderttausende auf den Straßen. Die Begeisterung ist riesig. Warum ist der Titelgewinn so besonders?

Wir sind die einzige süditalienische Mannschaft, die überhaupt einen Titel geholt hat. Es hat jetzt drei Mal in der Geschichte der Serie A eine Mannschaft aus dem Süden den Titel geholt, drei Mal war es Neapel. Die ersten beiden Male waren 1987 und 1990, jetzt eben die dritte Meisterschaft. Für viele Generationen war es also das erste Mal. Es war eine Erlösung, nachdem die Klubs aus dem Norden viele Jahre eine Übermacht waren. Juve, Inter, Milan - das sind allesamt Serienmeister. Es ist also für ganz Süditalien ein Erfolg und nicht nur für Neapel.

2020 ist Weltstar Diego Maradona gestorben. Zwei Jahre später wurde Argentinien Fußball-Weltmeister, jetzt wurde sein Herzensverein Neapel zum ersten Mal seit dem Ende seiner Ära wieder Meister. Maradona war ein sehr gläubiger Mensch. Wie sah die Party im Himmel am Donnerstag wohl aus?

Bei dieser Frage bekomme ich eine Gänsehaut. Als Neapel 1987 zum ersten Mal Meister wurde, hatte Argentinien im Jahr zuvor den Weltmeister-Pokal geholt. Dieser Ablauf hat sich jetzt quasi wiederholt. Ich weiß nicht, ob das Schicksal ist - so richtig kann ich es mir nicht erklären. Hinzu kommt, dass unser "Stadio San Paolo" nach Maradonas Tod in "Stadio Diego Armando Maradona" umbenannt wurde. Jetzt werden wir wieder Meister, es scheint immer mit ihm zu tun zu haben, irgendwas lag in der Luft. Er hat es irgendwie von oben gesteuert. (lacht)

Der Neapel-Fanklub "Napoli-Berlino" jubelt über den Gewinn der Meisterschaft. Quelle: privatDer Neapel-Fanklub "Napoli Berlino" feiert die Meisterschaft.

Werden Sie zur Meisterfeier nach Neapel reisen?

Das habe ich vor. Ich habe viele Freunde und Familie dort, die mir Videos von den Partys geschickt haben und so konnte ich es schon ein bisschen miterleben. Ich würde aber trotzdem gerne am letzten Spieltag dort sein und nochmal mit der Mannschaft feiern. Im "Stadio Maradona" wird dann der "Scudetto-Cup" übergeben, da würde ich gerne dabei sein.

In Neapel lassen sich gerade viele Menschen die Haare blau färben. Offenbar gibt es kaum noch Haarfarbe zu kaufen. In Deutschland dürfte das anders sein. Machen Sie mit und laufen bald mit blauen Haaren durch Berlin?

Das ist bei mir schwierig, weil ich wenig Haare habe. (lacht) Es gibt aber auch viele Neapel-Fans in Berlin, die das machen. Ich kenne auch eine Gruppe, die sich den "Scudetto" tätowieren lassen wollen. Die Neapel-Fans sind ein verrücktes Volk. Es gibt Menschen, die aus Brasilien oder Australien nach Neapel gereist sind, um mitzufeiern. Die Leute nehmen hohe Kosten in Kauf, weil es ihnen so wichtig ist.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Jonas Bürgener, rbb sport.

1 Kommentar

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 1.

    Ich freue mich riesig für die SSC Neapel und die emotionalen Fans.
    Dass endlich mal wieder die Phalanx der norditalienischen Meisterschaften durchbrochen wurde, finde ich super. Das andere ist diese enorme Begeisterung der neapolitanischen Fußballfans. Es muss großartig sein, die Feiern zu dieser gewonnenen Meisterschaft aktuell in Neapel miterleben zu können.
    Herzlichen Glückwunsch und feiert schön! :-)

Nächster Artikel