Wohnungsbau vs. Moorlandschaft - Anwohner und Aktivisten protestieren gegen Baupläne in Berlin-Buch

So 04.06.23 | 18:10 Uhr
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In Berlin-Buch sollen auf einem großflächigen Gebiet Tausende Wohnungen entstehen. Anwohnende und Aktivisten sehen ein anliegendes Kinder-Abenteuerdorf und ein nahes Naturreservat dadurch bedroht. Mit einer Demo machen sie auf das Problem aufmerksam. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 | 04.06.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: rbb

Auf einem großen Gelände Berlin-Buch will der Senat in den kommenden Jahren Tausende Wohnungen errichten. Anwohnern und Aktivisten gefallen die Pläne jedoch nicht, sie fürchten um eine Moorlandschaft und ein Abenteuerdorf für Kinder.

Im Berliner Ortsteil Buch (Bezirk Pankow) sollen rund 2.700 neue Wohnungen entstehen. So plant es derzeit der Senat. Vorgesehen ist dafür das große Gebiet "Am Sandhaus", das östlich vom S-Bahnhof Berlin-Buch liegt. Heute befindet sich dort unter anderem eine Moorlandschaft und der Abenteuerspielplatz "Moorwiese" - beide sehen Anwohner und Aktivisten durch die aktuellen Bauplanungen bedroht.

Gegen die Pläne gibt es Protest. Rund 300 Menschen kamen am Samstag zu einer Demonstration in der Nähe des Gebietes zusammengekommen. Die Gegner sind nicht völlig gegen die Bebauungspläne, fordern aber, dass nicht in dem geplanten Ausmaß genaut wird, um Naturräume und den Abenteuerspielplatz zu erhalten. Zudem seien seltene Tierarten gefährdet. Die anliegende Moorlinse Buch, ein Landschaftsschutzgebiet, soll den Wohnungen zwar nicht weichen, in den Augen der Anwohnenden kommen diese dem Gebiet durch die geplante Randbebauung aber gefährlich nahe.

Nicht nur Umweltaspekte spielen eine Rolle

"Das Problem in Berlin ist, dass immer mehr wertvolle Grünflächen verschwinden", sagte Juliana Schlaberg vom Naturschutzbund der rbb24 Abendschau, "und hier haben wir ein Gebiet, um dass es sich zu kämpfen lohnt, das wirklich schützenswert ist. Und deswegen sind wir dagegen, dass direkt hier so viele Wohneinheiten gebaut werden sollen". Auch die Anrainer fordern deshalb, dass sich der Senat auf rund 1.000 Wohneinheiten beschränken solle - beispielsweise durch niedrigere Bauten als derzeit vorgesehen.

Das fordern auch die Menschen, denen der Kinder-Abenteuerspielplatz "Moorwiese" am Herzen liegt. Seit 2009 haben dort Kinder unter Anleitung ein kleines Dorf vorwiegend aus Lehm und Holz errichtet. Künftig soll der Spielplatz von hohen Wohnhäusern umringt sein. Hier sieht die "Initiative Buch" mögliche Konflikte: "Wir kennen das von anderen Abenteuerspielplätzen, wo gebaut worden ist", sagte Giesela Neunhöffer von der Initiative, "hier wird Feuer gemacht, hier ist es laut". Zudem sei auch noch nicht vom Tisch, dass der Spielplatz eines Tages völlig für den Wohnungsbau weichen muss.

Gehör beim Senat - vor dem Machtwechsel

Zuständig für die Entwicklung des Wohngebiets ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Dort konnten Initiative und Anwohnende mit ihren Forderungen eine Anhörung erwirken. Das war allerdings noch vor den Neuwahlen. Jetzt scheint vieles wieder offen.

Die Initiative bleibt in ihrem Vorhaben jedoch sehr deutlich: "Wenn die Senatsverwaltung nicht bereit ist, die Bürger zu hören, dann müssen die Abgeordneten sie dazu zwingen", so Neunhöffer.

Sendung: Abendschau, 03.06.2023, 19:30 Uhr

41 Kommentare

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  1. 41.

    Nein, muss man nicht, wenn dafür wichtige Fauna und Flora unwiederbringlich zerstört wird. Es gibt genug, bereit versiegelte Flächen zum Bebauen.

  2. 40.

    Nun dann müssen Sie eben halt mit steigenden Mieten rechnen. Entweder Neubauten und die in ausreichender Menge oder steigende Mieten. Letzteres ist unsozial und damit verdrängen Sie die einkommensschwachen Schichten aus der Stadt. Wer bedient Sie den beim Bäcker oder im Supermarkt? Sie müssen sich also mit Neubauten abfinden!

  3. 39.

    In einer freiheitlichen Demokratie hat auch niemand das Recht, für sein Ego Natur zerstören zu lassen, nur um dort exklusiv wohnen zu wollen.

  4. 38.

    Quatsch. Sie plädieren also für die Versiegelung der Moorlinse in Buch, weil Sie meinen, die Natur habe gegenüber den Zuzüglern kein Recht? Und die "Einheimischen" werden wohl kaum eine jetzt bezahlbare Wohnung gegen eine bedeutend teurere Wohnung tauschen? Ziemlich schwaches Argument ubd Versuch, die dort Lebenden gegen irgendwelche Leute ausspielen zu wollen, die sich die dort geplanten teuren Wohnungen leisten können, zu deren Gunsten Fauna und Flora zerstört wurde?

  5. 37.

    Das ist korrekt, regelt sich aber in einer freiheitlichen Demokratie eben über den Preis. Es gibt nämlich auf der Gegenseite auch kein Bleiberecht für Einheimische, wenn diese keine neue Wohnung zu bezahlbaren Preisen findet. Ich denke, Neubau ist da doch die wesentlich humanere Methode.

  6. 35.

    Es gibt vielleicht keinen Zuzugsstopp für Berlin, aber es gibt auch kein Zuzugsrecht, wenn ich keine Wohnung finde. damit müssen viele "Berlinattraktivfinder" umzugehen lernen!

  7. 34.

    Schon mal darüber nachgedacht, wenn zu den ca. 16 000 Einwohnern(Stand2021) weitere 10000 dazu kommen? Und da sind die angedachte Bebauung des Nachbarortes Karow noch nicht mit einbezogen. Der Blankenburger Süden soll auch mit 6000 Wohneinheiten bebaut werden. Die Elisabethaue in Buchholz steht auch zur Debatte. Alles in der näheren Umgebung. Und dann diese schlechte Anbindung nach Berlin rinn. Große Klasse was hier so geschrieben wird. Diese vielen neuen Leute wollen sich auch in der Natur erholen. Aber die ist dann weg wa!

  8. 33.

    Einen Zuzugsstopp kann es schon alleine wegen unseres Grundgesetzes nicht geben. Damit ist diese Lösung erledigt und es bleibt doch wieder beim Bedarf nach mehr Wohnraum. Wir leben nicht in einer Diktatur, wo Wohnraum zugewiesen wird. So lange Berlin für immer mehr Menschen attraktiv bleibt, werden diese auch nach Berlin ziehen wollen und meist haben diese Zuzügler auch die höhere Finanzkraft und können höhere Mieten zahlen. Das ist nun mal die Realität und damit muss die Stadt umzugehen lernen.

  9. 32.

    Berlin braucht keinen neuen Wohnraum. Berlin braucht einen absoluten Zuzugsstop und ein Verbot von Ferienwohnungen, die eigentlich als Mietwohnungen vermietet werden könnten.
    Berlin kann sich nicht in der Fläche ausdehnen, also ist die Konsequenz Zuzugsstop.

  10. 31.

    Wo ist die Unterschriftenliste gegen die Bebauung? Ich unterschreibe sofort. Berlin hat zu viele Menschen .

  11. 30.

    Ich verstehe nicht ganz, was die beiden Punkte mit "not in my backyard“ zu tun haben. Natürlich geht es auch um den Kampf um Ressourcen. Ressource Natur/Abenteuerspielplatz vs. Ressource Wohnraum. Und auch um den backyard. Würden diese 2700 Wohnungen stattdessen auf einer anderen Grünfläche im Stadtgebiet gebaut, würden die jetzt betroffenen Bewohner wohl kaum dagegen protestieren. Höchstens der NABU. Aber dem geht es u.a. um Profilierung und Mitgliederaquise. Auch eine Ressource.

  12. 29.

    Berlin braucht aber nun mal dringend neuen Wohnraum und die verfügbaren Flächen dafür sind stark begrenzt. Es bleibt der Stadt also gar nichts anderes übrig, als neue Wohngebiete zu erschließen. Am schnellsten geht das, wenn das Gebiet infrastrukturell bereits erschlossen ist und man daher nicht erst neue S- oder U-Bahnlinien dort hin bauen muss. Dass, egal wo neu gebaut werden soll, die Alteingesessenen auf die Barrikaden gehen, ist leider ein wiederkehrendes Phänomen, während man sich gleichzeitig über Wohnungsmangel und steigende Mieten beklagt. Das Problem dann auf den Speckgürtel übergeben zu wollen, ist leider auch keine Lösung, denn dort leidet man genau so unter dem Zuzug und steht vor den selben Herausforderungen. Nur steht dort halt meistens nicht die ÖPNV-Infrastruktur zur Verfügung, was sich an den steigenden Autopendlerzahlen bemerkbar macht.

  13. 28.

    Ihre völlig übertriebenen Behauptungen werden auch durch ständige Wiederholung nicht wahrer. Vollkommen verlässliche Zahlen gibt es gar nicht, aber Senat und verschiedene Verbände gehen von gerade einmal 10.000 bis 35.000 Ferienwohnungen aus. Ein bedeutender Teil davon ist aber von vornherein rein gewerblicher Natur und als dauerhafter Wohnraum weder geeignet, noch vorgesehen. Dazu kommen Angebote, die zeitlich befristet sind, weil die Hauptmieter temporär abwesend sind, die Wohnung deshalb aber nicht aufgeben möchten. Ein dritter Block sind reine Zimmervermietungen, gar nicht ganze Wohnungen. Der gesamte Bestand an Ferienunterkünften würde noch nicht mal im Ansatz ausreichen, das Wohnungsproblem in Berlin zu lösen. Der Bedarf liegt um Größenordnungen höher. Jedes Jahr werden mindestens 20.000 bis 25.000 neue Wohnungen benötigt, besser 40.000.

  14. 27.

    Kleine Anmerkung zum Argument "Nicht vor meiner Haustür" ... was hier einige vorbringen.

    1) Berlin Buch ist kein Ort der besseren Wohngegend - der ganze Ort definiert sich entgegen manch einer verklärten Auffassung im Großteil durch Plattenbauten. Alles andere als eine Luxuswohngegend.
    2) Berlin Buch hat bereits 3 sehr große Komplexe für Notunterkünfte von Geflüchteten. Man hat sich da also nicht ausgespart.

    Berlin Buch ist schlicht ein kleines Marzahn direkt am Moor- und Waldrand. Und da liegt der Kern des Problems vom Bauvorhaben.

  15. 26.

    Diese Antwort ging am #1 vorbei und auch am Artikel vorbei, statt desen aus der Luft gegriffene Behauptungen.
    Beispielsweise die Pläne für Berlin - Buch stammen von vorherigen Regierung und der jetziger Senat führt aus,
    Zum Leerstand gibt es keine Statistik und die Schätzung 2021 lag bei ca 0,8%, statistisch sind 1,2% Wohnungen in Berlin auf Airbnb gelistet, Die Käuflichkeit von Senat, egal welchen, öffentlich zu behaupten, dass traut man sich nur anonym, sonst hätte man eine Strafanzeige an der "Backe".

  16. 25.

    Wer am Stadtrand wohnt, nimmt in der Regel bewusst in Kauf, dass er weite Wege mit schlechtem ÖPNV und volle Straßen in die City hat.
    Dafür lebt man etwas ruhiger (wenn man es denn durch den Moloch geschafft hat) und hat es schön grün.
    Mit den Plänen, jedes Eckchen Grün mit Häusern zu bebauen, wird diese Rechnung komplett verfälscht: Jetzt hat man furchtbaren Verkehr, dazu trotzdem viel zu viele Leute und kein Grün mehr.

  17. 24.

    Sie schrieben "Berlin braucht Wohnraum, bezahlbar und gut an den ÖPNV angebunden."
    Damit mögen Sie recht haben. Allerdings ist hier von Buch die Rede. Und da greift "gut an den ÖPNV angebunden" definitiv nicht. Eventuell mag es nach Studium des Regelfahrplans so aussehen, praktisch gibt es gefühlt jedes zweite Wochenende Schienenersatzverkehr und jede zweite Fahrt irgendeine Facette des "wir fahren heute nicht nach Plan"-Glücksrads.
    Was Buch definitiv bräuchte, wäre eine deutlich bessere Anbindung an den ÖPNV.
    Außerdem hätte es was, wenn die Straßenbauarbeiten, die seit 2015 oder 2016 laufen, jemals fertig werden würden.

  18. 23.

    Der Oberklassiker: Viel Meinung, wenig Ahnung. Die Initiativen fordern Wohnungsbau auf bereits versiegelten Flächen. Aber wenn Ihnen Artenschutz egal ist, passen Ihre Aussagen zueinander.

  19. 22.

    Ach kommt schon ziert euch nicht, lasst uns die Stadt komplett versiegeln, zu betonieren, den allerletzten Sumpf trocken legen. Bauen wir Hitec Hochhäuser 20, 30, 70 Etagen dazu 5 Spurige Straßen, im Zweifel unterirdische Straßen nur für
    E Roller oder so. Damit alle was von haben noch viel größere Shopping Paläste, für noch mehr Konsum. Da wo Straßen Bäume stehen kommt Tiny Häuschen hin so ganz schmale, ach und dann erst die Sportplätze, ich sehe da soviel Potential. Schönes neues Berlin

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