Pläne zum Tierschutzgesetz Bedrohung für Bergbauern und die Alpwirtschaft?
Im Allgäu stehen viele Kühe im Sommer auf den Alpweiden, im Winter sind sie im Stall angebunden. Der Bundestag berät über strengere Regeln für die Stallhaltung. Doch Bergbauern warnen, das Gesetz gefährde kleine Familienbetriebe.
Noch stehen die zehn Kühe von Kleinbauer Fritz Blattner auf einer gepachteten Weide außerhalb von Oberstdorf. Doch wenn das Wetter winterlich wird, dann kehren sie zurück in den kleinen Stall. Dort werden sie angebunden. Für Fritz Blattner ist diese Kombihaltung - also im Sommer auf der Weide, im Winter angebunden im Stall - die ideale Haltungsform: "Sie sind angebunden, können sich aber vor und zurück bewegen und sich hinlegen", sagt Blattner. Er ist überzeugt, dass es seinen Kühen auch in der Anbindehaltung gut geht.
Neues Tierschutzgesetz: keine Anbindehaltung mehr - Auslauf auch im Winter
Das Allgäu ist geprägt von kleinbäuerlichen Betrieben wie dem von Fritz Blattner, die oft mitten in einer Ortschaft liegen und auf die Kombihaltung setzen, auch "saisonale Anbindehaltung" genannt. Doch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/ Die Grünen) will das Tierschutzgesetz novellieren: dann soll die ganzjährige Anbindehaltung verboten werden.
Und Landwirte sollen auf Laufställe oder eben auf die Kombihaltung umstellen. Doch die soll künftig nur noch dann erlaubt sein, wenn die Rinder im Winter zweimal die Woche Auslauf bekommen - in einem Laufhof oder auf einer Weide. Heute (26.09.) will der Bundestag wieder über den Gesetzentwurf beraten, nachdem der Bundesrat ihn vor der Sommerpause geprüft und Stellung dazu genommen hatte.
Geplante Änderungen stoßen auf große Ablehnung
Dem Tierschutzbund sind die geplanten Änderungen des Tierschutzgesetzes zu schwach - Anbindehaltung sei Tierqual und gehöre generell verboten. Die bayerische Staatsregierung dagegen teilt mit, dass die Kombihaltung weiterhin ohne Winterauslauf möglich sein müsse - und spricht von "überzogenen Regelungen" des Bundes.
Die Kritik aus Bayern hat das Bundeslandwirtschaftsministerium vernommen. Dass die Kombihaltung überhaupt weiter zulässig ist, sei bereits ein Zugeständnis an die Bergbauern. Und der zweimalige Ausgang pro Woche sei dafür die Bedingung. Und dazu gelte eine zehnjährige Übergangsfrist, teilt das Ministerium mit. Die Bauern hätten also genug Zeit zum Planen.
Laut Bayerischem Bauernverband könnten zwei Drittel der Kombihalter den geforderten Winterauslauf nicht umsetzen. Auch Kleinbauer Fritz Blattner nennt die geplanten Änderungen "praxisfremd". Denn sein Stall liegt mitten in Oberstdorf, gleich gegenüber der stark frequentierten Nebelhornbahn. Bei Winterwetter wollen die Kühe gar nicht raus, sagt der Kleinbauer. Und die nächste Weide sei 1,5 Kilometer entfernt. Platz für einen Laufhof habe er nicht. Und den Stall zu einem Laufstall umbauen, das würde ihn finanziell überfordern, sagt er. Komme das Gesetz, "dann muss ich aufhören, dann ist rum."
Alpwirtschaftlicher Verein sammelt Unterschriften
So werde es vielen kleinen Familienbetrieben im Allgäu und auch in Oberbayern ergehen, warnt der Bayerische Bauernverband. Auch Christian Brutscher vom Alpwirtschaftlichen Verein im Allgäu (AVA) sagt: "Wenn das Gesetz in Kraft tritt, dann ist das ein wahnsinniger Strukturbruch für die Alpwirtschaft und Landwirtschaft. Das wäre für die ganze Region fatal." Darum will der AVA mit einer Petition gegen die geplante Änderung des Tierschutzgesetzes vorgehen und sammelt für Unterschriften.
Mehr Tierschutz, weniger Alpwirtschaft?
Die Befürchtung: wenn viele Betriebe aufgeben, wer pflegt dann noch die Allgäuer Bergweiden? Es drohe eine Verbuschung der Landschaft. Davor warnt auch Christoph Zweng: Die 30 Milchkühe des Bergbauern stehen im Sommer auf der Sennalpe. Dort stellt Familie Zweng aus der frischen Milch Käse her und verkauft ihn an vorbeiwandernde Touristen. "Der Tourismus ist im Allgäu eine große Einnahmequelle. Der hängt an unserer Kulturlandschaft. Man will doch die grüne Landschaft, das Vieh auf dem Berg, alles das, was so die Allgäu-Romantik ausmacht", sagt Zweng.
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Quelle: Mittags in Schwaben 26.09.2024 - 12:00 Uhr