Fränkisches Naturschutzgebiet Schambachried - direkt daneben wurden wohl illegale Gräben gezogen.
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Fränkisches Naturschutzgebiet Schambachried - direkt daneben wurden wohl illegale Gräben gezogen.

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Umweltfrevel: Niedermoor bei Treuchtlingen entwässert

Die Fälle von Naturfrevel in Bayern häufen sich: Schon wieder ist ein Naturschutzgebiet im Freistaat massiv beschädigt worden. In einem Niedermoorgebiet bei Treuchtlingen wurden frische Entwässerungsgräben gezogen. Naturschützer stellten Anzeige.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Nach den Zerstörungen am Rappenalpbach bei Oberstdorf und an den geschützten Sinterterassen an einem Bach im Landkreis Forchheim ist nun ein weiterer mutmaßlich illegaler Eingriff bei einem Naturschutzgebiet bekannt geworden. Angrenzend an das Niedermoor-Naturschutzgebiet Schambachried bei Treuchtlingen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen wurden Gräben frisch ausgebaggert. "Was wir hier sehen, ist keine Grabenpflege, sondern eine komplette Neuschaffung", sagte Sebastian Amler vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) dem Bayerischen Rundfunk.

Naturschutzbehörde stoppte die Arbeiten

Die Untere Naturschutzbehörde im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen hatte die Arbeiten vor einer Woche gestoppt. "Die Maßnahmen hatten eine entwässernde Wirkung und führten zu einem massiven Eingriff in das benachbarte Niedermoor", teilte das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen auf Anfrage mit. Die Behörde ordnete Maßnahmen an, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, so die Mitteilung. Allerdings wurden frische Gräben bereits auf einer Länge von etwa einem Kilometer mit einer Breite von ein bis zwei Metern ausgebaggert. "Die von den Baggerarbeiten betroffenen Gräben und Bäche sind gesetzlich geschützte Biotope, deren erhebliche Beeinträchtigung und Zerstörung verboten ist", so die Naturschutzbehörde. Unmittelbar angrenzend befindet sich das Naturschutzgebiet "Schambachried".

Naturschutzverband LBV erstattet Anzeige

Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) hat Anzeige nach dem Umweltstrafrecht gegen Unbekannt erstattet. Der Naturschutzverband will mit seiner Anzeige erreichen, dass der Vorfall aufgeklärt und die Verantwortlichen ermittelt werden. Zudem stellte der Bund Naturschutz (BN) beim Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen einen Antrag auf Durchführung eines Umweltschadensverfahrens. "Es kann nicht sein, dass in der heutigen Zeit, wo wir zwei Millionen Euro in die Wiedervernässung des Donaumooses stecken, in diesem Landkreis hier Niedermoorböden entwässert werden", sagte Sebastian Amler, Kreisverbandsvorsitzender des LBV im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Es sei erschütternd, dass in der heutigen Zeit mit der Klimakrise, dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Grundwasserknappheit so eine Praxis von einigen Leuten weiterhin als gängig angesehen werde, so Amler.

Stadt Treuchtlingen räumt Fehler ein

Nach Angaben des Bund Naturschutz (BN) führte am 28. März eine örtliche Baggerfirma im Auftrag der Stadt Treuchtlingen sogenannte "Grabenräumungen" durch. Der Eigentümer der benachbarten Kohlmühle habe sie von der Stadt erbeten, berichtet der BN. Die Stadt Treuchtlingen räumt unterdessen Fehler ein. Die Stadt ist für die Pflege des Grabens verantwortlich. "Die Kommunikation mit der Naturschutzbehörde im Vorfeld hat gefehlt", sagte Bürgermeisterin Kristina Becker (CSU) dem Bayerischen Rundfunk. Es seien Grabenpflegearbeiten erfolgt, wie sie seit Jahrzehnten üblich, aber nicht mehr zeitgemäß seien. "Wir werden unser Möglichstes tun, um den vorherigen Stand wieder herzustellen", sagte Becker. Sie hoffe, dass noch kein irreparabler Schaden entstanden sei.

Schadensbegrenzung: Plomben alle 50 Meter

Treuchtlingens Bürgermeisterin ist um Schadensbegrenzung bemüht. Die Untere Naturschutzbehörde hatte in der vergangenen Woche angeordnet, in den ausgebaggerten Gräben alle 50 Meter sogenannte Plomben zu setzen. Diese bremsen das Wasser beim Abfließen. "Dies haben wir sofort umgesetzt", so Becker. Allerdings hätte ein erneuter Ortstermin ergeben, dass Nachbesserungen erforderlich seien, so das Landratsamt. Bürger hatten zuvor die Behörden alarmiert, weil sie Baggerarbeiten beim Naturschutzgebiet Schambachried beobachtet hatten. Als die Mitarbeitenden der Unteren Naturschutzbehörde vor Ort eintrafen, seien die Arbeiten jedoch schon fast beendet gewesen. Auf einen Kilometer Länge ist der Graben ausgehoben. Er fließt durch Flächen von elf Hektar, so die Bürgermeisterin. Viele Erdhaufen lassen erkennen, wo er verläuft.

Schambachried schon lange als Naturschutzgebiet ausgewiesen

Das Schambachried sei ein 100 Hektar großes Niedermoor, so der LBV. Das Moor sei als europäisches Flora-Fauna-Habitat-Gebiet geschützt. Der Schaden, der durch die Baggerarbeiten direkt neben dem Naturschutzgebiet verursacht wurde, ist nach Einschätzung der Naturschützer "gravierend". Der Grundwasserstand im Moor sei bereits um etwa 20 Zentimeter abgesunken, so der Bund Naturschutz im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Die mit Binsen, Seggen und weiteren typischen Moorpflanzen bewachsenen Gräben seien vollständig zerstört, die Röhrichte und Hochstaudenfluren neben den Gräben stark in Mitleidenschaft gezogen. Aus Sicht von BN und LBV ist das Niedermoor ein "einmaliges, größeres Feuchtgebiet" und hat große Bedeutung für Mittelfranken.

Innerhalb weniger Monate gab es in Bayern drei Fälle von Naturzerstörung. Im Herbst 2022 war ein Wildbach im Rappenalptal bei Oberstdorf illegal begradigt worden. Kurz darauf war am Eggerbach im Landkreis Forchheim das Bachbett verbotenerweise ausgebaggert worden, und Naturschützer entdeckten, dass ein Quellbach bei Drügendorf, ebenfalls im Landkreis Forchheim, fast vollständig zerstört wurde.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde nach dem Vorliegen neuer Informationen aktualisiert.

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