Mit einem Protestzug kämpfen die Bürger für den Erhalt ihres Krankenhauses in Mainburg
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Mit einem Protestzug kämpfen die Bürger für den Erhalt ihres Krankenhauses in Mainburg

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Tausende Menschen kämpfen für das Krankenhaus in Mainburg

Sie fürchten um ihre medizinische Versorgung: Am Abend versammelten sich in Mainburg 3.000 Menschen, um für ihr Krankenhaus zu kämpfen. Vor allem der Wegfall der Notaufnahme macht ihnen Sorgen – die nächste ist gut 30 Minuten entfernt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Die sechs öffentlichen Krankenhäuser in der Region Ingolstadt schreiben tiefrote Zahlen. Ein Gutachten der Beratungsfirma PwC rät deshalb dazu, die kleineren Krankenhäuser in Mainburg im Landkreis Kelheim und in Kösching im Landkreis Eichstätt auf "erweiterte regionale Gesundheitszentren" zu verkleinern. Beide Häuser würden damit nur noch über eine ambulante Notfallversorgung verfügen – und nicht mehr über eine echte Notaufnahme. In Mainburg sorgt das für hitzige Diskussionen.

Plakat: "Langer Rettungsweg = Todesurteil"

Die Haltung der Menschen ist deutlich: Sie brauchen ihr Krankenhaus mit Notaufnahme und wollen, dass es erhalten wird. Bei einem Protestzug am Mittwochabend durch die Stadt trägt eine alte Frau trägt ein Plakat, das ihr Enkel gebastelt hat: "Omas brauchen ein Krankenhaus", steht darauf. Auf einem anderen: "Langer Rettungsweg = Todesurteil". 500 Teilnehmer waren angemeldet, doch es kamen viel mehr. Am Ende machten beim Protestzug und einer Kundgebung auf dem Volksfestplatz 3.000 Menschen ihre Sorgen deutlich, sagte die Polizei.

"Wenn ein Notfall eintritt, dürfte das in vielen Fällen sicherlich tödlich sein", sagt ein Mann gegenüber dem BR. "Meinem Mann hat das Krankenhaus das Leben gerettet", erzählt eine Frau: "Er ist einmal schwerverletzt wegen Lungenriss reingekommen." In eine andere Klinik hätte er es nicht mehr geschafft, glaubt sie.

Enormer Andrang: Infoveranstaltung wird live gestreamt

Es waren zu viele Protestierende, als dass alle Interessierten an der anschließenden öffentlichen Informationsveranstaltung in der Stadthalle Mainburg teilnehmen konnten. Der Saal fasst maximal 350 Menschen. Weil die Veranstalter mit dem enormen Interesse gerechnet hat, wurde die Veranstaltung sogar live gestreamt.

Mainburger fordern weiterhin stationäre Notfallversorgung

Die Mehrheit der Anwesenden will "ihr" Mainburger Krankenhaus erhalten. Ab besten so wie es ist: mit seinen aktuell 70 Betten, vor allem aber mit seiner stationären Rund-um-die-Uhr-Notfallversorgung inklusive Innerer Medizin, Anästhesie, Chirurgie, Herzkatheter, Intensivstation. Das sei existentiell für die Gesundheitsversorgung der Menschen und damit auch für den Wirtschaftsstandort. Sollte die Notaufnahme in Mainburg geschlossen werden, befürchten Viele vor allem bei Notfällen lange Wege in die umliegenden Kliniken Landshut (33 Kilometer), Freising (32 km), Kelheim (36 km) oder Pfaffenhofen (29 km). "45 Minuten braucht es dorthin", sagt eine Teilnehmerin: "Wenn ein Notfall ist, dauert es zu lang."

Beraterfirma rät zur Verkleinerung und Verbundlösung

Der Erhalt des "Status-quo" gilt nach dem Gutachten der Beratungsfirma PwC für die Krankenhauslandschaft in und rund um Ingolstadt als Variante C. Die Beratungsfirma rät genau von dieser Variante C ab, weil sie auf Dauer nicht bezahlbar sei. PwC favorisiert die Variante E, die sogenannte Verbundlösung.

Diese sieht vor, die kleinen Krankenhäuser in Mainburg im Landkreis Kelheim und in Kösching im Landkreis Eichstätt zu verkleinern auf "erweiterte regionale Gesundheitszentren, kurz RGZ", die nur über eine ambulante Notfallversorgung verfügen. So ließen sich viele Kosten sparen. Und solch eine langfristige Finanzierbarkeit wollen die Verfechter der Verbundlösung: die kreisfreie Stadt Ingolstadt sowie die Kreis Pfaffenhofen und Eichstätt.

Zehntausende Unterstützer kämpfen per Online-Petition

In Mainburg hat sich in den vergangenen Wochen Widerstand gegen diese Pläne formiert. Anfang Februar hatte sich eine Arbeitsgruppe für den Erhalt des Akutkrankenhauses in Mainburg gegründet. Fast zeitgleich hat sie die Online-Petition "Rettet das Krankenhaus Mainburg" gestartet. Rund 27.000 Unterstützer, davon knapp 17.000 aus dem Landkreis Kelheim, haben bisher unterzeichnet.

Mitbegründerin der "Initiative rettet das Krankenhaus Mainburg" ist die Kreisrätin Annette Setzensack (ÖDP). Sie kämpft für den Erhalt der stationären Notfallversorgung in Mainburg und weiß dabei viele Vereine, Verbände und Unternehmen auf ihrer Seite. "Uns alle vereint die Betroffenheit und Sorge um die Gesundheits- und Notfallversorgung der lokalen Bevölkerung." Die Streiter für das Krankenhaus Mainburg haben sich auch mit einem Brandbrief an Vertreter von Kommunal-, Landes- und Bundespolitik gewandt.

Feuerwehr sorgt sich um schnelle Rettungskette

Die Feuerwehren fürchten, dass die Rettungskette in der Region schwächer wird, wenn Mainburg als Gesundheitszentrum über keine eigene stationäre Notfallversorgung mehr verfügt. Die Unternehmen verweisen zudem darauf, dass im Mainburger Krankenhaus mehrere Tausend Betriebsunfälle behandelt werden.

Schuldenberg spricht gegen Krankenhaus Mainburg

Doch mit all diesen Argumenten lässt sich das enorme Schuldenproblem nicht wegdiskutieren. 75 Millionen Euro Schulden haben die sechs öffentlichen Krankenhäuser in der Region Ingolstadt allein im vergangenen Jahr geschrieben. Eine Zahl, die tiefe Löcher in die Kassen ihrer Träger reißt. Das sind neben der kreisfreien Stadt Ingolstadt auch die Landkreise Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen. Und über die Ilmtalklinik-GmbH eben auch der Kreis Kelheim, denn über die Ilmtalklinik-GmbH gehört neben dem Krankenhaus in Pfaffenhofen auch das Krankenhaus in Mainburg.

Zwar trägt der Landkreis Kelheim aktuell 27 Prozent der Kosten, die durch die Ilmtalklinik-GbmH entstehen, aber das Krankenhaus Mainburg wird künftig noch tiefer in die roten Zahl sinken, prognostiziert der Geschäftsführer der Ilmtalklinik Christian Degen. Der Grund: Die Vorhaltekosten für Mainburg werden steigen. Schon heute belastet es die Kreishaushalte von Jahr zu Jahr mehr. Das Defizit für die Ilmtalklinik-GmbH lag 2022 bei knapp 13 Millionen Euro und 2023 bei 16 Millionen Euro. Für das Wirtschaftsjahr 2024 rechnet die Ilmtalklinik GmbH mit einem Fehlbetrag von rund 23 Millionen Euro.

Auch zu wenig Personal

Der Landkreis und mit ihm der Pfaffenhofener Landrat Gürtner wollen mit der Verbundlösung die Schuldenspirale durchbrechen und deshalb das Krankenhaus Mainburg entsprechend verkleinern – oder die Ilmtal-GmbH auflösen und Mainburg in die Selbstständigkeit entlassen.

Auch personell ließe sich das Krankenhaus Mainburg kaum halten, argumentiert Christian Degen, Geschäftsführer der Ilmtalklinik-GmbH. Es fänden sich einfach zu wenig medizinisches Personal. Degen versucht, den Sorgen der Mainburger zu begegnen. Er sieht die Gesundheitsversorgung der Menschen auch dann als gesichert an, wenn Mainburg nur noch ein Gesundheitszentrum hätte.

Annette Setzensack von der Initiative für das Krankenhaus Mainburg sieht sehr wohl das Defizit, verlangt jedoch von der Politik, "trotz der Schulden die Prioritäten bei der medizinischen Versorgung der Menschen zu setzen". Eine Finanzierungslösung hat aber auch sie nicht.

Kreistag Pfaffenhofen: Grünes Licht für Verbundlösung

Der Kreistag in Pfaffenhofen hat bereits die Weichen für die genannte Verbundlösung gegeben. Damit folgt der Kreistag dem Anfang des Jahres vorgestellten Krankenhaus-Gutachten für die Region Ingolstadt. Für die sechs öffentlichen Krankenhausstandorte der Region in Eichstätt, Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Ingolstadt, Kösching und Mainburg empfiehlt das Gutachten einen "Nabe-und-Speichen"-Ansatz. Als Zentrum fungiert das Klinikum Ingolstadt.

Als Schwerpunktversorger und Krankenhaus der Versorgungsstufe 2 soll es auch sehr komplexe Behandlungen durchführen können. Die anderen öffentlichen Krankenhäuser der Region sind die "Speichen" und sollen in ihren Spezialisierungen aufeinander abgestimmt werden. Während die Standorte Eichstätt, Pfaffenhofen und Schrobenhausen teils ausgebaut werden und Krankenhäuser der Versorgungsstufe 1 bleiben sollen, empfiehlt das Gutachten, die Standorte Mainburg und Kösching in "erweiterte regionale Gesundheitszentren" umzuwandeln.

Auch der Landkreis Eichstätt mit dem kleinen Krankenhaus in Kösching ist bereit, diese vorgeschlagene Verbundlösung umzusetzen. Heftige Diskussionen und Initiativen zur Rettung des Krankenhauses wie in Mainburg gibt es in Kösching nicht.

Krankenhausverbund soll bis Ende des Jahres stehen

Aktuell wartet die Region noch auf den Grundsatzbeschluss des Kreistags Neuburg-Schrobenhausen. Der Kreistag in Kelheim wird voraussichtlich an diesem Freitag abstimmen, ob die Neustrukturierung des Krankenhauses Mainburg weiterverfolgt werden soll oder nicht. Landrat Martin Neumeyer (CSU) sagt, er könne die Sorgen um das Krankenhaus verstehen, aber er wolle ein Konzept für die Zukunft.

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