Garderobe in Kita
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Bayern bei Angeboten für Schüler-Ganztag Schlusslicht

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Studie: Bayern gehört zu Schlusslichtern bei Ganztagsbetreuung

Für Eltern ist es immer wieder eine Nervenprobe, bis die Zusagen für Betreuungsplätze für den Nachwuchs vorliegen. Eine Studie liefert nun auch für Bayern Zahlen - und die zeigen große Lücken zwischen Betreuungsbedarf und dem tatsächlichen Angebot.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Bayern gehört im bundesweiten Vergleich der Angebote zur Ganztagsbetreuung von Grundschülern und der Nachfrage dazu nach einer aktuellen Studie zu den Schlusslichtern. 59 Prozent der Eltern im Freistaat gaben demnach an, einen Betreuungsbedarf zu haben, demgegenüber stand aber nur eine Betreuungsquote von 36 Prozent. Das zeigt die Studie "Kindertagesbetreuung Kompakt", die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt wurde. Bundesweit liegt der Bedarf an einer Ganztagsbetreuung im Schnitt bei 73 Prozent.

Defizit vor allem bei den Jüngsten

Auch bei Kindern unter drei Jahren schneidet Bayern allenfalls mittelmäßig ab: Demnach steht hier einer Betreuungsquote von 30,5 Prozent ein Bedarf von 42,4 Prozent gegenüber. Das heißt, fast zwölf Prozent der Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihre Kinder suchen, gingen leer aus. Schlusslichter sind hier Bremen und das Saarland mit Differenzen von mehr als 20 Prozent. Spitzenreiter ist Sachsen, hier lag der Unterschied bei nur 5,2 Prozent.

Beim Ausbau der Betreuungsplätze schneidet Bayern dagegen gar nicht so schlecht ab: Im Bereich der frühkindlichen Betreuung - also der unter Dreijährigen - verzeichnet die Studie im Vergleich zu 2021 ein Plus von 6,1 Prozent. 129.208 Kinder waren demnach 2022 in einer Betreuung. Zum Vergleich: 2006 waren es gerade einmal 27.234.

Zudem wurden 2022 den Angaben zufolge 427.584 Kinder über drei Jahren in Bayern in einem Kindergarten betreut, ein leichtes Plus von 2,1 Prozent im Vergleich zu 2021.

Für Kinder im Grundschulalter weist die Untersuchung für 2022 170.000 Kinder in Hort- und Ganztagsschulangeboten aus, 2021 waren es 169.000 und 2006 nur 51.000.

Familienministerin Paus: Rechtsanspruch enorm wichtig

Zu den bundesweiten Ergebnissen der Studie sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne): "Praktisch jedes Kind von 3 Jahren bis zum Schuleintritt wird in einer Kita betreut. Bundesweit sind es 92 Prozent und bei Kindern unter drei Jahren sind es 35,5 Prozent. Richtig ist aber auch, es gibt nach wie vor eine Betreuungslücke, in den Kitas, aber auch im Bereich der Grundschulen."

Das sei regional durchaus unterschiedlich verteilt. "Deswegen ist die Einführung eines Rechtsanspruchs auf den Ganztagsgrundschulplatz so wichtig. Das ist die nächste Priorität", sagte die Ministerin. Bund und Länder hatten 2021 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule beschlossen, der ab 2026 schrittweise eingeführt wird.

Bayerischer Jugendring fordert Erhöhung der Fördersummen

Der Bayerische Jugendring (BJR) verlangt gemeinsam mit der Freien Wohlfahrtspflege Bayern und der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit vom Freistaat, die Förderpauschalen in der Ganztagsbetreuung zu erhöhen. Konkret fordert der BJR eine Erhöhung im offenen Ganztag um rund 30 Prozent, in den Mittagsbetreuungen um 90 Prozent. Nach Berechnungen des BJR fehlen in Bayern mindestens 100 Millionen Euro, um die derzeitigen und perspektivischen Bedarfe zu decken.

Ab dem Schuljahr 2026/27 gibt es in Bayern einen stufenweisen Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung von Grundschulkindern. BJR-Präsident Philipp Seitz mahnt an, dass immer höhere Elternbeiträge auch für berufstätige Eltern eine große Herausforderung seien und gerade für Kinder aus ärmeren Familien und "bildungsfernen Milieus" die Betreuungsangebote im Ganztag ein wichtiger Türöffner seien. Defizite tragen die Träger der Ganztagsangebote bisher selbst oder die Städte und Gemeinden bezahlen aus ihren kommunalen Mitteln, um die Strukturen aufrecht zu erhalten.

Ganztagsbetreuung "Markenkern der bayerischen Familienpolitik"

Ministerpräsident Markus Söder hat in der vergangenen Woche angekündigt, bis 2028 insgesamt 180.000 neue Betreuungsplätze für Kinder zu schaffen. Die voraussichtlichen Kosten bezifferte er auf eine Milliarde Euro. Für die Mittagsbetreuung hat der Freistaat seine Zuschüsse bereits um 25 Prozent für das kommende Schuljahr angehoben. Der Bayerische Jugendring kritisiert diese Anpassung jedoch als zu gering.

Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf erklärte, der Ausbau der Ganztagsbetreuung sei eine entscheidende familien-, sozial- und integrationspolitische Zukunftsaufgabe der kommenden Jahre und "Markenkern der bayerischen Familienpolitik". 56 Prozent der bayerischen Grundschulkinder werden laut Angaben des bayerischen Familienministeriums in Ganztagsschul- und Hortangeboten und der Mittagsbetreuung auch am Nachmittag betreut. Laut Ministerium berücksichtigt der Bund in seiner Studie die in der Mittagsbetreuung betreuten Kinder nicht und beziffert die Betreuungsquote damit auf nur 36 Prozent.

"Fest steht für mich auch, dass die Kommunen größtmögliche Planungssicherheit brauchen, um die notwendigen Plätze auszubauen", so Scharf. Mit dem "Förderversprechen zum Ganztag werden sie kraftvoll bei den Investitionskosten unterstützt". Die Vorstellungen vom Bund zur Fertigstellung der Projekte seien jedoch fernab jeglicher Realität in den Kommunen. Sie forderte die Bundesregierung deshalb erneut auf, die Frist zur Umsetzung bis 2029 zu verlängern. Familien bräuchten eine verlässliche Kinderbetreuung und "keine leeren Versprechen".

Mit Informationen von dpa

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