Drei junge Wölfe
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Die Regierung im Freistaat will die "Entnahme" von Wölfen in Bayern erleichtern.

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Staatsregierung will Abschuss von Wölfen in Bayern erleichtern

Die Staatsregierung will die "Entnahme" von Wölfen in Bayern erleichtern. "Für uns steht der Mensch im Alpenraum an allererster Stelle", sagte Ministerpräsident Söder in München. Tierschützern dürfte das nicht gefallen.

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Die bayerische Staatsregierung will das Abschießen von Wölfen erleichtern. "Uns beschäftigt immer mehr die Sorge um Beutegreifer in Bayern", sagte CSU-Chef Markus Söder in München nach einer Vorstandssitzung seiner Partei. Dabei gehe es insbesondere um den Wolf, mittelfristig aber womöglich auch um andere Tiere wie Bären.

Der Ministerpräsident kündigte einen Beschluss der Staatsregierung an, um die "Entnahme" solcher Tiere aus der Natur zu erleichtern. "Entnahme" kann Fangen von Tieren bedeuten, aber auch das Töten - hier etwa durch Abschuss.

Bislang sei für solche Maßnahmen ein aufwendiges Verfahren mit DNA-Gutachten, einem eigenen Aktenzeichen und Beschlüssen notwendig. Mittlerweile sei der Wolf aber im Alpenraum und der Rhön so stark verbreitet, dass dies nicht mehr nötig sei, so Söder.

Aiwanger: 500 Wölfe im Jahr erlegen

In den vergangenen Tagen hatte insbesondere Freie-Wähler-Chef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger immer wieder Abschüsse von Wölfen gefordert: In Deutschland müssten pro Jahr etwa 500 Tiere erlegt werden, damit sich der Bestand nicht weiter ausbreite und der Wolf nicht gezwungen sei, in Dörfer oder Städte vorzudringen. Politisches Nichtstun produziere "Problemwölfe".

Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatte zuletzt vom Bund noch einmal erweiterte rechtliche Instrumente für das Wolfsmanagement gefordert. Laut Ministerium müsste der Bund dazu eine europäische Richtlinie vollständig im Bundesnaturschutzgesetz umsetzen.

Söder: "Mensch im Alpenraum steht an allererster Stelle"

Söder betonte nun, durch Beutegreifer könnten große Gefahren nicht nur für Nutztiere, sondern auch für Menschen entstehen. "Für uns steht der Mensch im Alpenraum an allererster Stelle." Die geplante Änderung der derzeit gültigen Rechtslage erklärte er auch mit dem Fall eines Joggers in Südtirol, der von einer Bärin getötet worden war. Ein Gericht entschied danach, dass das Tier nicht entnommen werden dürfe.

Wölfe bei Garmisch-Partenkirchen dauerhaft nachgewiesen

In Bayern gibt es aktuell mehrere Wolfsgebiete. Wie ein Sprecher des Bayerischen Landesamtes für Umwelt vergangene Woche sagte, ist seit Ende März das Gebiet "Staffelsee-West" im Landkreis Garmisch-Partenkirchen als neues und damit siebtes Wolfsgebiet in Bayern ausgewiesen.

Als Wolfsgebiet gilt eine Region, in der die Anwesenheit von Wölfen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten dauerhaft nachgewiesen wird. Bestehende Wolfsgebiete liegen im Altmühltal, im Bayerischen Wald, im Veldensteiner und Manteler Forst, im Truppenübungsplatz Grafenwöhr und in der Rhön.

Die Ausweisung als Wolfsgebiet ist vor allem für Weidetierhalter von Bedeutung. In einem Wolfsgebiet haben sie Anspruch auf staatliche Förderung beim Bau oder der Anschaffung von Herdenschutzmaßnahmen wie Elektrozäunen, Nachtpferchen oder Hunden.

Tirol ermöglicht Abschuss von Wölfen

Seit diesem Monat ist der Abschuss von Wölfen im österreichischen Bundesland Tirol bereits erleichtert. Auf bayerischer Seite ist zuletzt der Landkreis Garmisch-Partenkirchen auf ähnliche Art wie die Österreicher vorangegangen. Die Kreisbehörde hatte beantragt, in weiten Teilen des Landkreises die sogenannte Entnahme der bereits vorhandenen Wölfe und künftig zuwandernden Wölfe zuzulassen. Derzeit sei es noch nicht absehbar, wie lange das Verfahren dauern werde, hieß es Anfang April.

In Tirol gilt seit dem 1. April: Greift ein Wolf sachgerecht geschützte Tiere etwa auf Heimweiden oder wiederholt Weidetiere auf den Tiroler Almen und Alpen an, kann er zum Abschuss freigegeben werden. Das gelte auch, wenn bei einem einzelnen Angriff mindestens fünf Schafe oder Ziegen oder ein Rind, Pferd oder Esel getötet oder verletzt werden, erklärt die Tiroler Landesregierung. Die Abschussgenehmigung gilt bis zu acht Wochen innerhalb eines Radius von zehn Kilometern. Das Tier müsse künftig auch nicht mehr genetisch eindeutig identifiziert werden.

Ebenfalls zum Abschuss freigegeben werden Wölfe, sobald sie mehr als einmal in Siedlungen oder an bewirtschafteten Gebäuden auftauchen oder sich im offenen Gelände Menschen nähern und sich nicht vertreiben lassen. Dann gelte das entsprechende Tier als Risikowolf.

Bund Naturschutz für friedliche Koexistenz von Mensch und Wolf

Der Bund Naturschutz in Bayern (BN) hält von Abschussplänen nichts und wirbt "für eine friedliche Koexistenz von Mensch und Wolf". Der Freistaat eigne sich sehr gut als Lebensraum für die Tiere. "Erfahrungen in den benachbarten Bundesländern und europäischen Ländern zeigen, dass ein Zusammenleben von Mensch und Wolf auch in Gebieten möglich ist, die intensiv von Nutztieren beweidet werden", betont der BN. Nötig sei ein guter Schutz von Herden beispielsweise durch Hunde und ein funktionierendes Entschädigungssystem.

Zuvor hatte bereits die Naturschutzorganisation WWF die neue Regelung in Tirol als klar europarechtswidrig bezeichnet. "Streng geschützte Tiere per Verordnung ohne Einzelfallprüfung und ohne Einspruchsmöglichkeit zum Abschuss freizugeben, widerspricht dem europäischen Artenschutzrecht", hieß es von Seiten des WWF.

Mit Informationen von AFP und dpa

BR24 Podcast: Ernte gut, alles gut? Folge 4: Der Wolf

ARCHIV - 08.08.2018, Bayern, Poing: Ein Wolf schaut in einem Wildpark hinter einem Baum hervor. Im Streit um den Abschuss von Wölfen im Alpenraum geht das österreichische Bundesland Tirol neue Wege. Durch eine Verordnung, die zum 1. April in Kraft getreten ist, ist es künftig leichter, die streng geschützten Wölfe zu töten. Auf bayerischer Seite ist zuletzt der Landkreis Garmisch-Partenkirchen auf ähnliche Art wie die Österreicher vorangegangen. (zu dpa «Tirol ermöglicht Abschuss von Wölfen - Prüfung in Bayern läuft») Foto: Lino Mirgeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Lino Mirgeler
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Abschussverordnung für Wölfe in Tirol in Kraft

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