Schild mit der Aufschrift "Verwaltung Regiomed-Kliniken" vor eine Gebäude
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Der Klinikverbund Regiomed hat Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Der Betrieb soll nicht beeinträchtigt werden.

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Länderübergreifender Klinikverbund Regiomed insolvent

Er war der erste länderübergreifende Klinikverbund Deutschlands und sollte sieben Kliniken in Oberfranken und Thüringen vor der Privatisierung retten: Nun hat Regiomed Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Der Klinikverbund Regiomed hat einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Nürnberg gestellt. Das hatte der BR vorab aus Klinikkreisen erfahren. Am Dienstag gab es dann die Bestätigung im Rahmen einer virtuellen Pressekonferenz. Auf den Klinikbetrieb soll die Entscheidung jedoch keine Auswirkungen haben.

Insolvenz in Eigenverwaltung

Nach intensiven Überlegungen in den vergangenen beiden Wochen sei man zu dem Schluss gekommen, dass man für diverse Gesellschaften des Verbunds einen Antrag zur Eröffnung eines Eigenverwaltungsverfahrens stellen müsse, so Regiomed Geschäftsführer Michael Musick am Dienstag. Betroffen von der Entscheidung sind unter anderem die Kliniken in Coburg, Lichtenfels, Neustadt bei Coburg und die thüringischen Kliniken im Verbund.

Die Anträge umfassen auch die zugehörigen Seniorenzentren, Wohnheime und den Rettungsdienst. Die zentrale Botschaft laute aber, dass die Gesundheitsversorgung und die Bewohnerversorgung in allen Regiomed-Einrichtungen im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren aufrechterhalten bleibe, so Musick weiter. Für die Angestellten in den betroffenen Gesellschaften werde bis einschließlich Ende März Insolvenzgeld bezahlt. Insgesamt beschäftigt Regiomed rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Oberbürgermeister: Situation auch eine Chance

Auch nach dem Ende der Zahlungen des Insolvenzgeldes Ende März sei die Fortführung der Klinikbetriebe gesichert. Der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner (CSU) sagte in der Konferenz, es sei ein schwieriger Tag. Die Kliniken und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lägen den Verantwortlichen sehr am Herzen. An das Personal gewandt sagte Meißner, er hoffe, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "blieben bei der Stange", die Gesundheitsversorgung in der Region müsse weitergehen.

In einer gemeinsamen Mitteilung von Stadt und Landkreis Coburg heißt es, man konzentriere sich nach dem Antrag auf den Erhalt der Arbeitsplätze und eine weiterhin qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung. Man sehe die nun eingetretene Situation auch als Chance, sich vom Ballast der Vergangenheit zu lösen, so Coburgs Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD).

Insolvenzantrag für Gesundheitsministerin Gerlach ein "Alarmsignal"

Nach dem Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung des Klinikverbunds hat Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) die Bundesregierung aufgefordert, "endlich ernsthaft gegen die bundesweit drohende Pleitewelle in der Kliniklandschaft vorzugehen." Sollten die Krankenhäuser keine raschen Finanzhilfen zur Kompensation ihrer massiven Betriebskostendefizite bekommen, werde die Insolvenzwelle von Kliniken weiterrollen, betonte die Ministerin laut Pressemitteilung vom Dienstag. Den Insolvenzantrag des Klinikverbunds bezeichnete Gesundheitsministerin Gerlach als "Alarmsignal".

Sitz von Regiomed in Coburg. Zu sehen ist ein Schild "Regiomed Kliniken, Gustav-Hirschfeld-Ring 3; Verwaltung" und im Hintergrund ein Gebäude.
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Sitz von Regiomed in Coburg. Zu sehen ist ein Schild "Regiomed Kliniken, Gustav-Hirschfeld-Ring 3; Verwaltung" und im Hintergrund ein Gebäude.

Bayern fordert vom Bund Soforthilfeprogramm für Kliniken

Die Ministerin appellierte an den Bund, den Krankenhäusern bei den nicht refinanzierten Sach- und Personalkostensteigerungen rasch unter die Arme greifen. Bayern habe deshalb in einer gemeinsamen Bundesratsinitiative mit anderen Ländern ein Soforthilfeprogramm für die Krankenhäuser über fünf Milliarden Euro gefordert sowie eine Anpassung der Vergütungsregelungen, damit Kostensteigerungen künftig vollständig und zeitnah refinanziert werden können.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dürfe sich nicht länger aus der Verantwortung des Bundes für die Betriebskosten der Kliniken stehlen, so die bayerische Gesundheitsministerin Gerlach. Es gehe um das Wohl der Patientinnen und Patienten.

Nach Coburgs "Nein": Insolvenz war absehbar

Zu Regiomed gehören sieben Krankenhäuser in Oberfranken und Thüringen, darunter Kliniken in Coburg, Neustadt bei Coburg und Lichtenfels. Die Insolvenz war absehbar, nachdem Stadt und Landkreis Coburg eine Rückführung der Krankenhäuser in kommunale Trägerschaft kurz vor Weihnachten abgelehnt hatten.

Um eine Insolvenz abzuwenden, sollten die Kliniken ab Januar 2024 wieder den Kommunen zugeordnet werden. Ziel des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung sei eine wirtschaftliche Genesung. Der zuständige Sachwalter und Rechtsanwalt Rainer Eckert sagte, der Klinikverbund erfahre, wie viele andere Kliniken in Deutschland auch, enormen finanziellen Druck. So seien Coronahilfen ausgelaufen und die Sachkosten hingegen gestiegen. Der Antrag auf ein Eigenverwaltungsverfahren durch die Regiomed-Geschäftsführung sei zum jetzigen, frühen Zeitpunkt der richtige und vernünftige Schritt. Die "Dinge seien in der Spur" so Eckert.

2008: Erster länderübergreifender Klinikverbund Deutschlands

2008 war der Verbund als erster länderübergreifender Klinikverbund Deutschlands gegründet worden. Das Ziel: Die Übernahme der Kliniken durch private Betreiber sollte vermieden werden. Die Kommunen schlossen sich zusammen und gründeten den Klinikverbund Regiomed. Allerdings mussten sie in den vergangenen Jahren bereits viele Millionen Euro an den Klinikverbund zahlen – sonst wäre eine Insolvenz schon deutlich eher im Raum gestanden.

In Deutschland haben nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft im vergangenen Jahr (2023) insgesamt 28 Kliniken an 33 Standorten Insolvenz angemeldet. Die Krankenhausgesellschaft geht davon aus, dass die Zahl in diesem Jahr weiter steigen dürfte. Die Insolvenzanmeldung beim Amtsgericht Nürnberg ergibt sich aus der Zuständigkeit für Gruppeninsolvenzen.

Sitz von Regiomed in Coburg. Zu sehen ist ein Schild "Regiomed Kliniken, Gustav-Hirschfeld-Ring 3; Verwaltung" und im Hintergrund ein Gebäude.
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Der Klinikverbund Regiomed hat Insolvenzantrag beim Amtsgericht Nürnberg gestellt. Das hat der BR aus Klinikkreisen erfahren.

Der Artikel wurde ursprünglich am Dienstag (02.01.24) um 11:55 Uhr veröffentlicht. In dieser ersten Version hatte der BR bereits vor der offiziellen Verkündung über den Insolvenzantrag berichtet. Nach der offiziellen Pressekonferenz wurde der Artikel nun ergänzt.

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