Ein Anhänger der Reisch GmbH auf einer Landmaschinenausstellung (Archivbild)
Bildrechte: picture alliance / ZB | Peter Endig

Im März wurden bei Reisch die letzten Fahrzeuge produziert und ausgeliefert. Damit verloren auch die letzten Mitarbeiter ihre Beschäftigung.

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Agrarfahrzeugbauer Reisch: Die Insolvenz und ihre Folgen

Für die insolvente Firma Reisch konnte kein Investor gefunden werden. Deswegen läuft beim Agrarfahrzeugbauer in Ehekirchen zurzeit die Betriebsauflösung. Für die über 200 gekündigten Mitarbeiter gibt es aber zumindest ein bisschen Hoffnung.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Beim insolventen Hersteller von Agrarfahrzeugen Martin Reisch in Ehekirchen im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen läuft die Betriebsauflösung. Aktuell bemüht sich der Insolvenzverwalter, das verbliebene Vermögen für die Gläubiger zu verwerten. Den 150 Mitarbeitern am Hauptsitz in Ehekirchen-Hollenbach sowie den rund 50 Beschäftigten im thüringischen Eliasbrunn wurde bereits gekündigt. Die Gewerkschaft kann ihnen aber ein bisschen Hoffnung machen.

Kein neuer Investor - Betrieb eingestellt

Betroffen von der Insolvenz sind die beiden Schwester-Gesellschaften Martin Reisch GmbH und die Martin Reisch Eliasbrunn GmbH. Durch einen starken Auftrags-Rückgang war der Fahrzeugbauer in finanzielle Schieflage geraten. Im November 2023 stellte das Unternehmen den Insolvenzantrag beim Amtsgericht Ingolstadt.

Wie hoch die Schulden insgesamt waren, ist unbekannt. Im vorläufigen Insolvenzverfahren bekamen die rund 200 Mitarbeiter noch bis Ende Januar 2024 ihre Gehälter über das Insolvenzgeld. Da keine neuen Investoren gefunden wurden, musste der Insolvenzverwalter kurz darauf den Betrieb einstellen. Im März wurden die letzten Fahrzeuge produziert und ausgeliefert. Damit verloren auch die letzten Mitarbeiter ihre Beschäftigung.

Insolvenzverwalter und Gewerkschaft machen Mut

Weil Fach- und Arbeitskräfte überall fehlen, ist die Suche nach einer neuen Stelle für die Ex-Mitarbeiter von Reisch leichter, als man annehmen könnte. Das bestätigen der Insolvenzberater und die Gewerkschaft IG Metall. Bei Insolvenzverwalter Volker Böhm sind bereits mehrere Anfragen eingegangen: "Erfreulicherweise haben sich bei mir bereits Unternehmer aus der Region gemeldet und ihr starkes Interesse an Mitarbeitern aus der Fertigung bekundet, zu denen wir auch gleich den Kontakt hergestellt haben." Ein gutes Drittel der ehemaligen Reisch-Mitarbeitenden habe bereits eine neue Stelle.

Carlos Gil, der als Erster Bevollmächtigter der Gewerkschaft IG Metall Ingolstadt auch für die Reisch-Arbeitnehmer im Kreis Neuburg-Schrobenhausen zuständig ist, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. "Bei mir fragen immer wieder Unternehmer und Personaler an, ob wir als Gewerkschaft bei der Suche nach Arbeitnehmern helfen können." Gil sagt, dass für die ehemaligen Reisch-Mitarbeiter wie auch für andere Arbeitnehmer aus der Branche die Rechtsberatungsstelle der IG Metall offen steht: "Hier informieren wir darüber, wie das mit dem Insolvenzgeld funktioniert und welche Ansprüche bei Arbeitslosigkeit bestehen."

Aktuell organisiert Insolvenzverwalter Volker Böhm die Verwertung des Vermögens der beiden zahlungsunfähigen Gesellschaften; er sucht Käufer für Grundstücke, führt aber auch "bereits Gespräche mit Interessenten zum Beispiel für die Maschinen oder Materialien sowie Vorprodukte für den Bau von Nutz- und Agrarfahrzeugen". Sollte sich keine Paket- oder Gesamtübernahme für all die einzelnen Vermögenswerte ergeben, wird es am 25. und 26. April eine öffentliche Versteigerung geben. Diese wird online durch den Versteigerer Lueders & Partner [externer Link] durchgeführt.

Bei Reisch fehlte frisches Geld für Produktionsanlagen

Als Gründe für die Schieflage bei Reisch sieht die Insolvenzkanzlei zum einen die seit 2022 schwierige Marktlage im Agrarsektor. Diese habe sich bei Reisch in den Auftragseingängen niederschlagen. Die Händler für landwirtschaftliche Maschinen verfügten noch über einen hohen Fahrzeugbestand, den sie aktuell mit Rabatten an die Kunden verkaufen. Entsprechend zurückhaltend seien die Händler aktuell mit neuen Bestellungen. Des Weiteren seien die Produktionsanlagen bei Reisch "nicht mehr auf der Höhe der Zeit". Ohne frisches Geld hätte der Betrieb nicht fortgeführt werden können. Ein zahlungskräftiger Investor habe sich jedoch trotz intensiver Gespräche nicht finden lassen, so Insolvenzverwalter Böhm. "Letztendlich hat die fehlende Planungssicherheit durch das angespannte Marktumfeld in der Bau- und Landwirtschaft den Ausschlag für den Rückzug der Interessenten gegeben".

Die Reisch-Gruppe wurde 1951 gegründet. Noch im Jahr 2022 produzierte Martin Reisch rund 1.100 Fahrzeuge und erwirtschaftete mit rund 200 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 20 Millionen Euro.

Dieser Artikel ist erstmals am 4. April 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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