
Kabinettsbeschluss Bayern klagt gegen Wahlrechtsreform
Der Streit um die Reform zur Verkleinerung des Bundestags geht weiter: Bayern will gegen das neue Wahlrecht klagen. Landesinnenminister Herrmann warnte, die Reform könne zu verwaisten Wahlkreisen führen.
Nach der CSU will auch die bayerische Staatsregierung gegen die im Bundestag beschlossene Wahlrechtsreform klagen. Der Freistaat werde beim Bundesverfassungsgericht eine Normenkontrollklage einreichen. Das hat das bayerische Kabinett nun beschlossen.
Am vergangenen Freitag hatte der Bundesrat die von SPD, Grünen und FDP forcierte Reform passieren lassen. Ein Antrag Bayerns, den Vermittlungsausschuss anzurufen, fand dort keine Mehrheit. Für Staatskanzleiminister Florian Herrmann "ein schwarzer Tag in der Verfassungsgeschichte der Bundesrepublik": "Die Ampelmehrheit bastelt sich hier ein Wahlrecht, dass ausschließlich sie, beziehungswiese die sie tragenden Parteien, stützt." Die Bundesregierung schaffe sich eigene Mehrheiten durch Wahlrecht. Das widerspreche dem Grundgesetz.
Joachim Herrmann warnt vor verwaisten Wahlkreisen
Der Hauptkritikpunkt Bayerns an der Wahlrechtsreform: Bei einem bundesweiten Zweitstimmen-Ergebnis von weniger als fünf Prozent soll eine Partei künftig nicht mehr in den Bundestag einziehen – auch nicht, wenn sie mindestens drei Direktmandate holt. Das war bisher möglich, soll aber jetzt gestrichen werden. Innenminister Joachim Herrmann warnt daher, die Reform könne zu einer Vielzahl verwaister Wahlkreise führen.
"Es kann zur Unterrepräsentation eines Landes kommen", so Herrmann. Und zwar zur Unterrepräsentation Bayerns im Bundestag. Schließlich könne es sein, dass die CSU künftig zwar viele Direktmandate in Bayern holt, aber bundesweit unter fünf Prozent bleibt. Sie dürfte dann nach neuem Wahlrecht trotz der Direktmandate nicht in den Bundestag einziehen.
CSU und Linke besonders betroffen
Allerdings könne das nicht nur auf Bayern zukommen, sondern auch auf andere Bundesländer. Und: Besonders betroffen von der Wahlrechtsreform wäre neben der CSU die Linke. Die Linke profitiert aktuell von der Grundmandatsklausel. Die Partei gewann bei der Bundestagswahl 2021 drei Direktmandate und 4,9 Prozent der gültigen Zweitstimmen.
Die neu geschaffenen Regeln verstießen gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit sowie gegen das Demokratie- und das Bundesstaatsprinzip, argumentierte Innenminister Herrmann nach der Kabinettssitzung. Er hofft, dass das Bundesverfassungsgericht noch vor der nächsten Bundestagswahl 2025 über die Klage aus Bayern entscheidet.
Markus Söder bekräftigte: CSU plant Verfassungsbeschwerde
Auch die CSU will Verfassungsbeschwerde einreichen. Das hatte Parteichef Markus Söder bei der gestrigen CSU-Vorstandssitzung noch einmal deutlich gemacht. Darüber hinaus will die Bundestagsfraktion von CDU/CSU demnächst Klage einreichen.
Die Ampel-Regierung hingegen hält die Wahlrechtsreform für dringend notwendig. Denn damit soll der immer größer werdende Bundestag verkleinert werden. Die Zahl der Abgeordneten soll dann auf 630 begrenzt werden. Aktuell sitzen 736 Abgeordnete im Bundestag.
Martin Hagen: "CSU will nur Wahlkampfgetöse machen"
Für Grüne, SPD und FDP in Bayern ist die Lage nicht einfach. Die umstrittene Wahlrechtsreform bietet der CSU eine Steilvorlage für den Wahlkampf. Der Vorsitzende der FDP in Bayern, Martin Hagen, hatte noch am FDP-Parteitag in Ingolstadt Mitte März deutlich gemacht, dass er das Thema zügig abgeräumt wissen will und seine Parteifreunde im Bund auf eine Anpassung der Reform gedrängt. Dazu kam es allerdings nicht.
Stattdessen solle die CSU eine Listenverbindung mit der CDU eingehen, rät Hagen nun. Die Bundesregierung habe ihr das angeboten, so Hagen. "Das wurde von der CSU brüsk zurückgewiesen." Es gehe der CSU also offenbar darum, im Wahlkampf nochmal ordentlich Getöse zu machen. Normalerweise gebe sich die CSU selbstbewusst, nun sorge sie sich um die Fünfprozenthürde. Das passt für Hagen nicht zusammen.
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Quelle: BR24 16.05.2023 - 14:47 Uhr