SYMBOLFOTO Einem Angeklagten werden im Gerichtssaal die Handfesseln abgenommen.  (Foto: dpa Bildfunk, SYMBOLFOTO picture alliance/dpa | Julian Rettig)

Geplanter Staatsstreich?

Weitere mutmaßliche Reichsbürger festgenommen - auch in BW

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Holger Schmidt

Am Montag sind drei weitere Verdächtige aus der "Reichsbürger"-Szene festgenommen worden. Bundesinnenministerin Faeser forderte eine weitere konsequente Entwaffnung von "Reichsbürgern".

Die Bundesanwaltschaft hat am Montag nach Informationen des SWR und des ARD-Hauptstadtstudios drei weitere Personen festnehmen lassen. Sie sollen der "Reichsbürger"-Szene angehören und einen Umsturz geplant haben. Einer Frau und zwei Männern wird demnach vorgeworfen, zu der Gruppe um Prinz Reuß zu gehören, gegen die der Generalbundesanwalt Anfang Dezember 2022 vorgegangen ist und die er für eine terroristische Vereinigung hält.

Nach SWR-Informationen nahmen die Ermittlerinnen und Ermittler im Bodenseekreis Johanna F.-J. und im Kreis Freudenstadt Steffen W. fest. Hans-Joachim H. wurde in Harburg in Niedersachsen festgenommen. Am Dienstag wurden die Haftbefehle gegen beide in Vollzug gesetzt, teilte der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof am Dienstagnachmittag mit.

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Das wird den Festgenommenen vorgeworfen

Der Frau aus dem Bodenseekreis wird vorgeworfen, sich seit Mai 2022 in der Vereinigung engagiert zu haben. So habe sie sich auch am sogenannten Rat beteiligt. Der "Rat" habe das Ziel gehabt, die bestehende Staatsordnung über den Haufen zu werfen. Die neue staatliche Ordnung in Deutschland habe mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs verhandelt werden sollen. Spätestens im November 2022 habe die Frau Kontakt zu einem Generalkonsul der Russischen Föderation gesucht und ihn danach zweimal getroffen. "Die Gespräche sollten dazu dienen, Unterstützung für das Handeln der Vereinigung zu erhalten." Nach "Spiegel"-Informationen hatte die Frau bei der Bundestagswahl 2021 erfolglos für die Partei "Die Basis" kandidiert.

Der Mann aus dem Kreis Freudenstadt soll Militärverantwortlicher einer sogenannten Heimatschutzkompanie gewesen sein, die die Verschwörer um Prinz Reuß gebildet hatten, so die Bundesanwaltschaft. Zu seinen Aufgaben habe unter anderem gezählt, Personal zu gewinnen und militärisch auszubilden. Außerdem soll er mit weiteren Beschuldigten die Übernahme einer ehemaligen Kaserne und die Anschaffung von Waffen, Munition und Kampfausrüstung geplant haben. Laut Bundesanwaltschaft wurde er wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhaftet. In den Ermittlungen um die so genannten Reichsbürger geriet der Kreis Freudenstadt schon einmal in den Fokus: Im Dezember wurde bekannt, dass Angehörige der Szene sich mehrfach in Horb getroffen hatten.

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Innenministerin fordert konsequente Entwaffnung von "Reichsbürgern"

Waffenbehörden sollten "Reichsbürger" weiter konsequent entwaffnen, forderte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag in einem Gespräch mit der Funke Mediengruppe. "Wir haben es nicht mit harmlosen Spinnern zu tun, sondern mit einer mutmaßlich terroristischen Vereinigung, die von Umsturzfantasien mit Waffengewalt geprägt ist", sagte Faeser. Behörden müssten sich engmaschig austauschen. Rund 400 "Reichsbürger" hätten noch Ende 2022 mindestens über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügt. "Wir müssen sicherstellen, dass bei jedem Anzeichen für die Gefährlichkeit eines Waffenbesitzers Waffen konsequent entzogen werden", erklärte die Innenministerin.

"Reichsbürger": Mehr als 20 Haftbefehle ausgesprochen

Bislang sind im Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßliche Gruppe um Prinz Reuß 25 Haftbefehle ausgesprochen worden, von denen derzeit noch 23 in Vollzug sind. Die Festnahmen am Montag sind dabei nicht mitgezählt. Ein weiterer Beschuldigter des Verfahrens sitzt in Untersuchungshaft, weil er bei seiner Festnahme auf Polizeibeamte geschossen haben soll. Weit mehr als dreißig Personen sind ebenfalls Beschuldigte in diesem Verfahren, befinden sich aber auf freiem Fuß.

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Laut den Ermittlungen soll die Gruppe die Beseitigung der Demokratie und die Wiedererrichtung des Deutschen Reiches von 1871 geplant haben. Zu den Beschuldigten gehören neben Prinz Reuß auch eine Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete, aktive Bundeswehrsoldaten und Polizisten, eine Ärztin und eine "Seherin". Die Gruppierung wird der sogenannten Reichsbürgerszene zugeordnet.

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Holger Schmidt