
Reform der Grundsteuer Am Ende entscheiden die Kommunen
In letzter Minute haben sich Bund, Länder und Kommunen auf die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Grundsteuerreform geeinigt. Auch wenn sie vom Bundestag verabschiedet werden sollte, bleiben viele Fragen offen.
Bund, Länder und Kommunen und viele Ökonomen haben jahrelang gestritten, wie die verfassungswidrige Grundsteuer reformiert werden kann. Doch dann ging es ganz schnell. Kürzlich gab es eine grundsätzliche Einigung, vor wenigen Tagen peitschte die Große Koalition den Entwurf durchs Bundeskabinett, und heute befasst sich schon der Bundestag mit der Reform.
Immobilienbesitzer und ihre Mieter, die die Steuer zahlen müssen, wissen dann allerdings noch lange nicht, wie teuer die neue Grundsteuer wird. Es geht um Milliarden-Steuereinnahmen - und um 36 Millionen Häuser und Wohnungen. Im vergangenen November lud Bundesfinanzminister Olaf Scholz zum Grundsteuer-Gipfel. Danach verkündete er: "Entspannt euch, Leute."

Finanzminister Olaf Scholz ist mit der Grundsteuerreform zufrieden.
Die Reform der Grundsteuer betrifft sowohl Grund- und Hausbesitzer als auch Mieter. Erzwungen wurde sie vom Bundesverfassungsgericht.
Die Karlsruher Richter kamen im April 2018 zu dem Urteil, dass die gängige Praxis bei der Erhebung der Abgabe mit dem Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz unvereinbar sei - gleichartige Grundstücke würden unterschiedlich bewertet. Die Steuer für die rund 36 Millionen bebauten und unbebauten Grundstücke basiert bislang auf Werten von 1935 im Osten und 1964 im Westen. Bis Ende 2019 gab das Gericht dem Gesetzgeber Zeit, das zu ändern.
Gezahlt wird die Grundsteuer von Hauseigentümern und Grundstücksbesitzern. Sie können die Kosten über die Betriebskosten auf ihre Mieter abwälzen. Die genaue Höhe wird von den Kommunen über sogenannte Hebesätze festgelegt.
Monatelanges Gezerre
Doch es kam anders: Mieterverbände und die Immobilienwirtschaft sowie die CSU fuhren dem Minister in die Parade. Sie fürchteten Steuererhöhungen und damit steigende Mietkosten. Kommunen wiederum sorgten sich um ihre Einnahmen.
Die jetzt nach Monaten erbrachte Einigung sieht vor, dass es künftig zwar eine bundeseinheitliche Regelung geben wird, die Bundesländer aber mit einem eigenen Modell davon abweichen dürfen. Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, verbuchte das als Sieg über den Bundesfinanzminister. "Wir haben uns zu 100 Prozent durchgesetzt. Die Länder können künftig vollumfänglich abweichen. Mit einer eigenen Gesetzgebung bei der Grundsteuer."

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die bisherigen Vorschriften für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig.
Weiterhin kein einheitliches Modell
Bayern will ein unbürokratisches Flächenmodell einführen. Die Steuer soll nur anhand der Quadratmeter berechnet werden - egal, wo die Immobilie steht. Dann würde eine Luxuswohnung genauso hoch besteuert werden wie eine einfache Wohnung in gleicher Lage. Auch Sachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt liebäugeln mit dieser Regelung.
Scholz will den Wert der Immobilie abbilden. Die Größe des Grundstücks und des Hauses zählt zum Wert - genauso wie alt die Immobilie ist und in welcher Lage es steht. Das heißt dann Bodenrichtwert. Hinzu kommt die durchschnittliche Nettokaltmiete.
Dieses detaillierte Modell sei gerecht, sagt Scholz: "Ich möchte, dass jemand, der in einer preiswerten Wohnung in einer superteuren Wohngegend wohnt, nicht die Grundsteuer zahlen muss, die in den teuren Luxuswohnungen nebenan anfällt."
Grundgesetzänderung erforderlich
Das Scholz-Modell halten die Gegner für viel zu bürokratisch. Damit die Länder überhaupt abweichen dürfen, muss das Grundgesetz geändert werden. Die Große Koalition ist auf die Stimmen von Grünen und FDP angewiesen. Innerhalb der Opposition heißt es: Die Große Koalition halte sich mit Verhandlungen zurück. Man rechne offenbar mit den notwendigen Stimmen.
Mit welchem Modell es am Ende teurer oder günstiger wird für Mieter und Eigentümer, ist völlig unklar. Im Gesetzentwurf zur Reform der Grundsteuer schreiben SPD, CDU und CSU: "Wir gehen dabei davon aus, dass auch Kommunen in einem Haushaltssicherungsverfahren landesrechtlich nicht die Möglichkeit verwehrt wird, ihre Hebesätze zur Wahrung der Aufkommensneutralität entsprechend anzupassen."
Kommunen setzen letztlich Höhe fest
Mit dem Hebesatz setzen die Kommunen die Höhe der Grundsteuer letztlich fest. Im Ergebnis hofft die Bundesregierung, dass Städte und Gemeinden nach der Reform nicht mehr, aber auch nicht weniger Geld einnehmen als bisher. In ganz Deutschland sind es rund 14 Milliarden Euro pro Jahr. Mit den Einnahmen der Grundsteuer werden öffentliche Güter finanziert wie etwa Schulen, Kindergärten und die Infrastruktur vor Ort. Die neue Grundsteuer soll ab 2025 gelten.