
Mecklenburg-Vorpommern Polizeigesetz teils verfassungswidrig
Seit 2020 gilt das neue Polizeigesetz in Mecklenburg-Vorpommern. Nun hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt: Es ist teilweise verfassungswidrig. Mehrere Vorschriften zu Überwachungsmaßnahmen seien nicht verhältnismäßig.
Die ausgeweiteten Ermittlungsbefugnisse der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern sind teilweise verfassungswidrig. Das urteilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Vorschriften zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen seien nicht genau genug und genügten den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit nicht.
Beanstandungen gibt es unter anderem beim Einsatz von V-Leuten und verdeckten Ermittlern zur Abwehr von Gefahren. Sie seien unter bestimmten Umständen gerechtfertigt. Im Ergebnis genügten die vorgesehenen Eingriffsschwellen jedoch nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit, urteilten die Karlsruher Richter.
Auch die Regelungen zur Wohnraumüberwachung und zu Onlinedurchsuchungen seien ganz oder teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz.
Nachbesserungen bis Ende 2023
Die meisten der beanstandeten Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern bleiben dennoch vorläufig eingeschränkt in Kraft. Sie müssen aber bis Ende des Jahres überarbeitet werden.
Mecklenburg-Vorpommerns reformiertes Sicherheits- und Ordnungsgesetz trat im April 2020 in Kraft. Die Gesetzesreform war von Anfang an umstritten, Datenschützer befürchteten Grundrechtsverstöße.
"Erfolg für die Freiheitsrechte"
Die Verfassungsbeschwerde wurde koordiniert von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die die Verschärfung von Polizeigesetzen in nahezu allen Bundesländern kritisiert und dazu schon mehrere Verfahren in Karlsruhe angestoßen hat. Fünf Menschen, darunter eine Anwältin, ein Journalist, eine Klimaaktivistin und zwei Fußballfans, hatten sich mit Unterstützung der GFF an das Bundesverfassungsgericht gewandt.
Deren Verfahrenskoordinator David Werdermann sprach nach der Karlsruher Entscheidung von einem "Erfolg für die Freiheitsrechte", der "über Mecklenburg-Vorpommern hinaus Auswirkungen haben" werde. Die GFF unterstützt mehrere ähnliche Verfassungsbeschwerden in unterschiedlichen Bundesländern.
Eine von ihnen gegen das Polizeigesetz in Baden-Württemberg wurde 2021 als unzulässig zurückgewiesen. Dabei ging es vor allem um den Einsatz von sogenannten Staatstrojanern, Überwachungssoftware auf digitalen Geräten von Verdächtigen, unter Ausnutzung von IT-Sicherheitslücken. Obwohl die Verfassungsbeschwerde damals keinen Erfolg hatte, wiesen die Karlsruher Richterinnen und Richter darauf hin, dass es bei solchen Sicherheitslücken auch eine staatliche Schutzpflicht gebe.