
Neuer Pflege-TÜV Schluss mit den Bestnoten
Stand: 01.10.2019 14:05 Uhr
Die Krankenkassen haben den neuen Pflege-TÜV gestartet. Er soll Pflegebedürftigen und Angehörigen helfen, aussagekräftigere Heimbewertungen zu erhalten. Es gibt aber jetzt schon Kritik.
Die Entscheidung, einen Angehörigen in ein Pflegeheim zu bringen, ist keine leichte. Umso wichtiger ist es, dass die Betroffenen bei der Entscheidungsfindung Zugang zu Informationen erhalten, wie es um die Qualität der 13.000 Heime bestellt ist. Erleichtern soll das künftig der neue Pflege-TÜV. Dieser ist heute vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nach jahrelangen Vorbereitungen gestartet worden.
Das neue System soll den bisherigen Pflege-TÜV mit seinen Noten ablösen. Nach Ansicht von Experten sind sie seit Jahren viel zu positiv. So erzielten die Heime in zentralen Bereichen regelmäßig Spitzenbewertungen. Das sei dann natürlich wenig aussagekräftig. Anstelle der Noten soll es für die Heime daher künftig Bewertungen geben, die detaillierter über die Qualität oder Mängel aufklären.
Neues Prüfsystem für Pflegeheime
tagesschau 20:00 Uhr, 01.10.2019, Ole Hilgert, RBB
Wie gut ist die Pflege wirklich?
Die bisherigen Heim-Bewertungen stützten sich schwerpunktmäßig auf die Dokumentation der Heime - also das Festhalten der Pflegearbeit in Unterlagen. Künftig soll gezeigt werden, wie gut die Pflege wirklich ist, etwa beim Erhalt von Mobilität und Selbstständigkeit im Alltag. So werden beispielsweise Ergebnisse zum Vermeiden schwerer Stürze und zur Unterstützung im Notfall dargestellt.
Dafür müssen Einrichtungen ab sofort halbjährlich Angaben zur Qualitätssicherung machen, die im Anschluss von einer unabhängigen Datenauswertungsstelle auf ihre Plausibilität überprüft werden. Hinzu kommt eine Qualitätskontrolle des Medizinische Dienstes der Krankenversicherung (MDK). Bis Ende 2020 sollen alle Heime mindestens einmal geprüft werden. Die Ergebnisse werden auf den Webseiten der Kranken- und Pflegekassen veröffentlicht und in den Einrichtungen ausgehängt.
Auf diese Weise werde die Pflegequalität verbessert, erklärten der GKV und der MDK. Im Mittelpunkt stehe in Zukunft die Frage, wie gut es einer Einrichtung gelingt, auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen einzugehen. Neben einem Gespräch mit den Pflegebedürftigen und der Kontrolle ihres Pflegezustandes werde das Fachgespräch mit den verantwortlichen Pflegefachkräften "wesentlicher Bestandteil des neuen Prüfverfahrens", sagte Peter Pick, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS).
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nannte den neuen Pflege-TÜV einen "Riesenschritt für mehr Vertrauen ins System". Das bisherige Benotungssystem für Pflegeheime sei "leider eine Farce" gewesen. Für die Pflegekräfte habe es "viel Papierkram" bedeutet - "und am Ende hatten fast alle Heime die Note 1".
Monika Kücking, GKV-Spitzenverband, mit Details zum neuen Pflege-TÜV
tagesschau24 15:00 Uhr, 01.10.2019
Kritiker: Keine K.-O.-Kriterien
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, begrüßte, dass der Pflege-TÜV übersichtlich und eindeutig werden solle. Es sei aber fraglich, ob die neue Darstellung wirklich eine schnelle Einschätzung bei der Pflegeheimsuche bringen werde, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Denn im zukünftigen Pflege-TÜV wird es weder eine aussagefähige Gesamtnote noch K.-O.-Kriterien geben."
Für eine rasche Vergleichbarkeit sei dies aber dringend notwendig. Brysch forderte: "Wenn Heime bei der Schmerztherapie, der Wundversorgung, dem Umgang mit Fixierung oder der Medikamentengabe durchfallen, muss dies für den Nutzer sofort erkennbar sein." Die Menschen bräuchten einen Pflege-TÜV, der leicht verständlich sei, die Praxis abbilde und eine schnelle Vergleichbarkeit ermögliche.
Kordula Schulz-Asche von den Grünen begrüßte den neuen Pflege-TÜV grundsätzlich. Allerdings müsse darauf geachtet werden, dass das System nicht zu viel Bürokratie erzeuge. Sonst könnte die Pflege wieder ins Hintertreffen geraten. Im ARD-Morgenmagazin verwies sie auf die angespannte Personallage in den Heimen, wodurch die Beschäftigten bereits unter großem Druck stünden. Die Arbeitsbedingungen in vielen deutschen Einrichtungen seien immer noch schlechter, als das in anderen Ländern der Fall ist.
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