Impfung
Interview

Koordinator zu Impfzentren "Baubeginn ist in wenigen Tagen"

Stand: 25.11.2020 06:20 Uhr

Schon in drei Wochen sollen die ersten Impfzentren stehen. Wie die Personenströme organisiert werden und woher die Ärzte kommen sollen, erklärt der Berliner Koordinator Broemme im tagesschau.de-Interview.

tagesschau.de: Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen für die Impfzentren?

Albrecht Broemme: Wir sind gerade dabei, die Planungen für die sechs Berliner Impfzentren zu finalisieren. Das ist immer eine Teamarbeit. Es sind beispielsweise Abstimmungen mit den Betreibern der Standorte nötig - Flughafen Tegel, Messe Berlin, Velodrom, Erika-Heß-Eisstadion Wedding, Berlin Arena und Flughafen Tempelhof.

Auch Abstimmungen mit den Gesundheitsämtern laufen. Darüber, wie das innere Konzept aussehen soll und wie die Zugänge geregelt werden können.

Albrecht Broemme
Zur Person

Albrecht Broemme ist der Koordinator für den Aufbau der sechs Berliner Impfzentren. Der langjährige Landesbranddirektor der Berliner Feuerwehr und spätere Präsident des Technischen Hilfswerks koordinierte zuvor die Einrichtung einer Corona-Klinik in Berlin.

"Es muss funktionieren wie bei Ikea"

tagesschau.de: Was ist derzeit die größte Schwierigkeit?

Broemme: Das Hauptproblem wird sein, dass wir den Innenausbau der Impfzentren unter Coronabedingungen realisieren müssen. Und dass wir auch unter Coronabedingungen etwa 3000 Menschen täglich durch diese Zentren schleusen müssen. Die müssen - gut organisiert - zu bestimmten Zeiten bestellt werden, erscheinen und dann auch wieder gehen. Denn das Ziel ist ja, dass die Menschen sich dort gegen Corona impfen lassen und nicht, dass sie sich dort Corona abholen.

tagesschau.de: Wie gewährleisten Sie das?

Broemme: In Grunde muss es so funktionieren wie bei Ikea: Es darf praktisch nur einen Weg in eine Richtung geben, es muss in einem Fluss gehen, ohne Pfropfenbildung. Da werden wir zunächst mit vier Impfkabinen einen Versuch machen, um zu sehen, ob unsere Planungen auch funktionieren.

"Der größte Teil wird zunächst der Biontech-Impfstoff sein"

tagesschau.de: Was ist jetzt der nächste Schritt?

Broemme: Im Moment fehlt noch die finale Bauplanung. Ich rechne aber damit, dass das Bauen in wenigen Tagen beginnen kann. Bauherr wird die Messe Berlin sein. Und Betreiber werden Hilfsorganisationen wie der Arbeiter-Samariter-Bund, die Malteser, Johanniter und DLRG unter Führung des Deutschen Roten Kreuzes sein.

tagesschau.de: Einige der Impfstoffe müssen sehr kühl, teilweise bei minus 75 Grad gelagert werden. Wie lösen Sie dieses Problem?

Broemme: Wir rechnen damit, dass etwa vier Fünftel, also der weitaus größte Teil des Impfstoffes, mit dem wir im Dezember anfangen wollen, der Biontech-Impfstoff sein wird. Der muss bei minus 75 Grad gelagert werden. Dafür gibt es spezielle Kühlschränke, ein spezielles Auftauverfahren und die Weiterverarbeitung vor dem Impfen ist auch nicht ganz unkompliziert. Das heißt, wir müssen in jedem der Impfzentren auch eine Apotheke haben, wo der Impfstoff aufbereitet wird.

Gelagert wird der Impfstoff, der vom Bund an die Länder verteilt wird, zunächst an einem geheimen Ort, der auch bewacht sein muss. Die Vivantes-Kliniken kümmern sich um die erforderlichen Spezial-Kühlschränke.

"Zuversicht, dass wir das gemeinsam schaffen"

tagesschau.de: Wie kommen Sie an das nötige Personal, um die sechs Impfzentren zu betreiben?

Broemme: Die Personalgewinnung ist eine große Herausforderung. Allerdings haben sich durch eine - zwar fehlgeleitete Information - an einer falschen Stelle bereits 250 Menschen gemeldet, die mitarbeiten wollen, ohne dass es bislang einen offiziellen Aufruf gab. Das ist schonmal ein wunderbares Signal und gibt mir die Zuversicht, dass wir das gemeinsam schaffen.

tagesschau.de: Aber es braucht ja Personal mit medizinischen Vorkenntnissen, wo könnte das herkommen?

Broemme: Beim eigentlichen Impfgeschehen braucht es natürlich speziell vorgebildetes Personal. Aber wir brauchen auch helfende Hände. Menschen, die beim Registrieren helfen oder wenn ältere Personen Hilfe brauchen, aus dem Mantel raus und wieder rein zu kommen. Es wird verschiedene Bereiche geben, wo Menschen sich engagieren können.

Auch die Bundeswehr und das Technische Hilfswerk werden eingebunden, so wie schon bisher in den Teststellen. Aber wir brauchen natürlich auch Ärzte. Um die zu bekommen, laufen Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung, der Bundeswehr und den Krankenhäusern.

"Es wird wohl ein Jahr dauern"

tagesschau.de: Werden die Helfer extra angestellt oder bauen Sie auf Ehrenamtliche?

Broemme: Wir brauchen beides. Dieser Prozess der Phase eins, in der besonders vulnerable Personen und beispielsweise Gesundheitspersonal geimpft werden soll, wird etwa drei Monate dauern, an sieben Tagen in der Woche. Jeder muss zweimal geimpft werden. Das ist nicht allein durch Ehrenamtliche zu leisten, sondern es werden auch Menschen dafür eingestellt werden.

Die genaue Personengruppe, steht noch nicht fest. Wir rechnen aber mit etwa 400.000 in Phase eins. Die werden dann angeschrieben werden.

tagesschau.de: Wann werden alle Impfwilligen durchgeimpft sein?

Broemme: Um so bald wie möglich mit dem Impfen zu beginnen, müssen wir eine Punktlandung schaffen: Die Zentren müssen fertig sein und das Personal vorhanden, sobald der Impfstoff da ist. Wir rechnen damit, etwa 20.000 Berliner am Tag impfen zu können.

Ich denke, es wird zunächst mehr Bedarf geben als wir Impfstoff haben. Der wird erstmal eine knappe Ressource sein, aber im Laufe des kommenden Jahres, wohl schon im ersten Quartal, wird es am Impfstoff keinen Mangel mehr geben. Wie lange es dauern wird, bis alle Impfwilligen geimpft sind, ist sehr schwer zu sagen. Ich rechne in etwa mit einem Jahr.

Das Interview führte Sandra Stalinski, tagesschau.de.

Das Interview führte Sandra Stalinski

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 25. November 2020 um 09:11 Uhr.