
Plastikmüll Lemke will Müllexport-Verbot durchsetzen
Seit Jahren ist es gängige Praxis: Deutschland exportiert seinen Plastikmüll in andere Länder. Doch häufig wird der Abfall dort nicht ordnungsgemäß entsorgt. Umweltministerin Lemke will deshalb ein weitgehendes Müllexport-Verbot durchsetzen.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will ein Exportverbot für Plastikmüll aus Deutschland durchsetzen. "Ich setze mich auf EU-Ebene für ein weitgehendes Exportverbot ein", sagte Lemke dem "Tagesspiegel". Illegale Abfallexporte müssten aufhören. Das lasse sich sinnvollerweise aber nur im Rahmen des EU-Binnenmarkts regulieren, damit es in der Praxis nicht immer wieder unterlaufen werde.
Umweltschützer sehen das Thema Abfallausfuhren seit Jahren kritisch. Sie warnen vor Umweltschäden, wenn der Müll in ärmeren Staaten landet und sein weiterer Verbleib kaum kontrolliert wird. Zuletzt hatte Greenpeace im Dezember gefordert, dass die Bundesregierung und die Bundesländer mehr als hundert aus Deutschland stammende Abfallcontainer aus der Türkei, Griechenland und anderen Ländern zurückholen müssten. Abfälle waren teils illegal dorthin verfrachtet worden.
Lemke will mit den Bundesländern darüber beraten, "wie wir den Vollzug der bestehenden Regeln verbessern können". "Die Container in der Türkei und Griechenland werden wir im Auge behalten", betonte die Ministerin.
Deutlicher Rückgang der Exportmenge
Neueste Zahlen vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) zeigen, dass deutsche Firmen bereits 2021 deutlich weniger Plastikmüll exportiert haben als zuvor. Im vergangenen Jahr seien etwa 697.000 Tonnen Kunststoff-Abfall ins Ausland transportiert worden und damit ein Drittel (32 Prozent) weniger als 2020, wie der BDE der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage mitteilte.
BDE-Chef Peter Kurth wertet den Rückgang der Exportmenge positiv. Es zeige sich, dass die Inlandsnachfrage nach den Rohstoffen gestiegen sei. Kurth gab aber zugleich zu bedenken, dass auch stärkere Importrestriktionen asiatischer Staaten und die Corona-Pandemie samt unterbrochener Lieferketten eine Rolle gespielt haben dürften. "2021 war ein Ausnahmejahr." Der Rückgang sei aber so deutlich, dass man hieraus einen Trend ableiten könne, zumal die Exportmenge schon im vergangenen Jahr gesunken sei, so Kurth - damals um neun Prozent.
Preise für Müllexporte offenbar gestiegen
Bemerkenswert ist zudem, dass der mit den Plastikexporten gemachte Umsatz trotz des Mengeneinbruchs mit 259 Millionen Euro fast gleich geblieben ist: Nur ein Mini-Minus von einem Prozent weisen die Statistiker aus. Eine mögliche Schlussfolgerung: Die Preise insgesamt und die Qualität des Exportguts stiegen an.
Deutliche Änderungen gab es zudem bei der Liste der Importeure. Jahrelang war China der Hauptabnehmer. Peking verschärfte jedoch vor einigen Jahren die Importregeln für Abfälle. Die Müllströme verlagerten sich in andere asiatische Staaten, ab 2018 war Malaysia der abnehmerstärkste Importeur von deutschem Plastikmüll.
Niederlande neuer Hauptimporteur
Der Statistik zufolge hat sich das Bild nun durch weitere Restriktionen auch in anderen asiatischen Staaten wesentlich verändert. Malaysia ist im vergangenen Jahr von Platz 1 auf Platz 4 der stärksten Importeure deutschen Plastikmülls abgerutscht. Neuer Spitzenreiter sind die Niederlande mit einer Kunststoff-Importmenge aus Deutschland von 136.000 Tonnen im vergangenen Jahr, das waren 12 Prozent weniger als 2020. Ausfuhren in EU-Nachbarstaaten wie die Niederlande gelten als weniger kritisch, weil die Recycling-Standards dort ähnlich hoch sind.
Auf Basis einer Branchenschätzung von 2019 fallen jedes Jahr in Deutschland etwa sechs Millionen Tonnen getrennt gesammelte Kunststoffabfälle an. In Deutschland anfallender Plastikabfall muss verwertet werden, er wird zu Kunststoff-Granulaten verarbeitet oder endet als Brennmasse in Kraftwerken. Die Granulate werden zur Herstellung neuer Produkte genutzt, etwa Polyester-Kleidung, Mülltüten oder Straßen-Poller. Dies kann auch im Ausland geschehen.