
Merkel wiedergewählt 35 Abweichler bei Kanzlerinwahl
Stand: 14.03.2018 13:02 Uhr
Die Wiederwahl Merkels als Bundeskanzlerin fiel recht knapp aus. Trotz deutlicher Mehrheit bekam sie nur neun Stimmen mehr als nötig. Bundespräsident Steinmeier überreichte Merkel danach die Ernennungsurkunde.
Angela Merkel ist zum vierten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt worden. Die 63 Jahre alte CDU-Vorsitzende erhielt im Bundestag in geheimer Wahl 364 von 688 abgegebenen gültigen Stimmen. Das sind lediglich neun Stimmen mehr als die absolute Mehrheit von 355 Stimmen, die für die Kanzlerwahl nötig ist.
Zahlreiche Abgeordnete der Koalitionsfraktionen stimmten offensichtlich nicht für Merkel. Union und SPD verfügen im Bundestag über 399 Sitze. Der Bundestag hat insgesamt 709 Abgeordnete.
Bundestag wählt Merkel zur Kanzlerin
tagesschau 14:00 Uhr, 14.03.2018, Thomas Kreutzmann, ARD Berlin
Vor vier Jahren ähnlich viele Abweichler
Merkel lächelte kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses durch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und sagte dann: "Ja, Herr Präsident, ich nehme die Wahl an." Schäuble wünschte Merkel "Kraft und Erfolg und Gottes Segen bei Ihrer großen Aufgabe".
Vor vier Jahren hatte Merkel 42 Stimmen weniger bekommen als Union und SPD gemeinsam hatten. Allerdings war damals deren Mehrheit noch größer als diesmal. Auch 2005 und 2009 hatten nicht alle Parlamentarier der Koalitionsfraktionen für sie gestimmt.
Tatsächlich ist das Ergebnis nicht so schlecht, wie es im ersten Moment erscheint. Sieht man von möglichen Einzelstimmen aus der Opposition ab, haben 91,2 Prozent der GroKo-Parlamentarier für Merkel gestimmt. 2013 sah es ähnlich aus. 462 Stimmen von 504 Groko-Abgeordneten entfielen damals auf die Kanzlerin, das entspricht einem Anteil von 91,6 Prozent.
Opposition: Kein guter Start für die GroKo
Die Opposition sieht in dem Wahlergebnis keinen guten Start für die Große Koalition. "Nur neun Stimmen über den Durst, das ist ein holpriger Start für diese Regierung", teilten die Linken-Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger mit. "Dieses Wahlergebnis zeigt unverkennbar, dass sich die kleinste Große Koalition aller Zeiten zerrissen, lustlos und kraftlos auf die Regierungsbank schleppt."
Nach Ansicht der Grünen spiegelt das Ergebnis den Koalitionsvertrag wider. "Da sind deutliche Lücken drin", meinte die Parteivorsitzende Annalena Baerbock.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag Leif-Erik Holm twitterte: "Merkel und ihre geschrumpfte Koalition schleppen sich sichtbar lustlos in die hoffentlich letzte Amtszeit der Kanzlerin."
"Das ist für sie kein guter Start", sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki dem TV-Sender Phoenix. Das Ergebnis zeige, dass eine Reihe von Abgeordneten aus den Reihen von Union und SPD mit der Politik der Kanzlerin und Merkel selbst nicht einverstanden seien.
Der designierte Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU wertet das Wahlergebnis nicht als Fehlstart. "Eine 'Watschn' wäre es gewesen, wenn wir keine Mehrheit gefunden hätten", sagte Scheuer dem Sender "Welt".
Vereidigung steht noch an
Knapp eine Stunde nach der Wahl ernannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Merkel im Schloss Bellevue erneut zur Kanzlerin. Anschließend fuhr Merkel zurück in den Bundestag, wo sie von Schäuble vereidigt wurde.
Die 15 Bundesminister wurden danach von Bundespräsident Steinmeier ernannt und werden als nächstes im Bundestag vereidigt. Das Kabinett kommt am Nachmittag zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammen.
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