Nach EU-Kritik an deutscher Klimapolitik Deutschland sieht sich als Vorreiter beim Klima

Stand: 05.02.2007 15:12 Uhr

Die Kritik von EU-Umweltkommissar Dimas an der deutschen Klimapolitik will die Regierung nicht auf sich sitzen lassen: Deutschland habe sich "ehrgeizige Ziele" gesteckt und seine Vorreiterrolle verdient, sagte Regierungssprecher Steg. Am Wochenende hatte sich der Streit mit Brüssel verschärft.

Die Bundesregierung hat die Kritik von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas an der deutschen Klimapolitik zurückgewiesen. Deutschland habe sich das "sehr ehrgeizige" Ziel gesteckt, die Treibhausgas-Emissionen bis 2012 um 21 Prozent zu reduzieren, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. 19 Prozent seien bereits erreicht. Dies sei nichts anderes als eine Vorreiterrolle. Außerdem sei Deutschland bei erneuerbaren Energien oder umweltrelevanten Technologien führend. Auch das Umweltministerium und das Verkehrsministerium wiesen die Vorwürfe Dimas' zurück.

Nach dem UN-Umweltbericht hatte sich der Streit zwischen Berlin und Brüssel am Wochenende verschärft. Dimas hatte zusätzliche Anstrengungen Deutschlands beim Klimaschutz gefordert und in Frage gestellt, dass die Bundesrepublik in diesem Bereich führend sei. Erst wenn die Bundesregierung "den schönen Reden Taten folgen lässt, können auch die anderen sich nicht mehr verstecken", so der EU-Umweltkommissar in der "Bild am Sonntag".

SPD-Fraktionsvize stützt EU-Position

SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber unterstützte hingegen die Position der EU. Die Signale "vor allem von Frau Merkel" seien nicht gut gewesen, sagte Kelber der "Frankfurter Rundschau". Dimas habe Recht, wenn er an der deutschen Selbstverliebtheit als Klimaschutzvorreiter rüttele. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte im Sender N24, es sei "bemerkenswert schändlich", wenn die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zwar von Klimaschutz rede, aber mit der EU-Kommision über Grenzwerte für den Automobilverkehr streite. Die Regierung stelle sich als Lobbyvertreter der Autoindustrie hin.

BASF-Chef für weltweite Lösungen

Der Vorstandsvorsitzende des Chemiekonzerns BASF, Jürgen Hambrecht, forderte derweil ein globales Schadstoffabkommen. Unterschiedlich strenge Klimaschutzregeln in verschiedenen Teilen der Erde ergäben keinen Sinn, sagte Hambrecht der "Bild"-Zeitung. "Wir können doch keine Käseglocke über Deutschland stellen. Deshalb fordern wir eine verbindliche Emissionsvereinbarung für die gesamte Erde", fügte er hinzu.

Der BASF-Chef verlangte zudem weitere Klimaschutzmaßnahmen für Deutschland. In diesem Zusammenhang sprach er sich für bessere Isolierungen bei Wohnhäusern aus. BASF stellt unter anderem Dämmstoffe für Häuser her. Auch über einen "intelligenten Energiemix" mit längeren AKW-Laufzeiten müsse nachgedacht werden, so Hambrecht.

Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hingegen warnte vor einem Ausstieg aus dem Atomausstieg. Die Atomkraft decke lediglich sechs Prozent des gesamten Energieverbrauchs, sagte Trittin im ARD-Morgenmagazin. Daher sei es "Unsinn", dass eine "kleine Schattenenergie uns vor dem Klimawandel retten könnte".