Interview

RAF-Gnadengesuch Klar-Anwalt: "Ich erwarte eine positive Dynamik"

Stand: 20.04.2007 11:45 Uhr

Mit Michael Buback hat sich erstmals ein Opfer-Angehöriger indirekt für eine Begnadigung des RAF-Terroristen Klar ausgesprochen. Dieser soll nicht unmittelbar an der Ermordung seines Vaters beteiligt gewesen sein. Es gebe neue Informationen aus dem RAF-Umfeld. Über mögliche Folgen dieser neuen Erkenntnisse sprach tagesschau.de mit Klar-Anwalt Heinz-Jürgen Schneider.

Mit Michael Buback hat sich erstmals ein Opfer-Angehöriger indirekt für eine Begnadigung des RAF-Terroristen Christian Klar ausgesprochen. Dieser soll nicht unmittelbar an der Ermordung seines Vaters beteiligt gewesen sein, so Buback. Es gebe neue Informationen aus dem RAF-Umfeld. Über mögliche Folgen dieser neuen Erkenntnis sprach tagesschau.de mit Klar-Anwalt Heinz-Jürgen Schneider. Klar war 1985 wegen Mittäterschaft an der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback verurteilt worden und sitzt derzeit eine mehrfach lebenslängliche Haftstrafe ab. Er hat den Bundespräsidenten um seine Begnadigung gebeten.

tagesschau.de: Der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback hat sich entgegen früheren Aussagen für die Begnadigung ihres Mandanten und früheren RAF-Mitglieds Christian Klar ausgesprochen.

Heinz-Jürgen Schneider: Die Stellungnahme von Herrn Buback hat mich sehr überrascht, zumal er ja der erste aus den Reihen der Opferangehörigen ist, der sich mit diesem Tenor an der gesellschaftlichen Debatte beteiligt.

tagesschau.de: Erwarten Sie einen positiven Effekt für das laufende Gnadengesuch?

Schneider: Ich erwarte schon eine positive Dynamik. Schließlich hat Herr Buback in Veranstaltungen und Talkshows die öffentliche Debatte in den vergangenen Monaten entscheidend mitgeprägt. Die Erkenntnisquellen des Präsidenten sollten natürlich auch Angehörige der Opfer umfassen. Allein deshalb ist die Äußerung von Herrn Buback sehr wichtig für meinen Mandanten.

"Die öffentliche Diskussion bewegt Christian Klar sehr"

tagesschau.de. Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung des Bundespräsidenten?

Schneider: Das Gnadengesuch hat mittlerweile das vierte Jahr erreicht. Es wäre sehr im Sinne von Herrn Klar, wenn sich der Präsident mit seiner Entscheidung nicht mehr allzu lange Zeit lassen würde.

tagesschau.de:Wie verfolgt denn Herr Klar die rege gesellschaftliche Diskussion um seine Person?

Schneider: Das bewegt ihn sehr. Er liest natürlich Zeitung und sieht fern. Er bekommt das alles mit. Deshalb weiß er, dass der Haupt-Tenor eher negativ ist.

tagesschau.de:Nicht zuletzt nach seinem Grußadresse an die Rosa-Luxemburg-Konferenz…

Schneider: Das hat ihn nicht sonderlich überrascht, aber er hat weiterhin die Hoffnung, dass er begnadigt wird. Und so lange darüber nicht entschieden ist, will er die gesetzlich möglichen Hafterleichterungen erhalten. Diese hat das Baden-Württembergische Justizministerium ja gekippt, trotz eines positiven Gutachtens.

tagesschau.de: Mit seinem im typischen RAF-Duktus verfassten Schreiben an die Rosa-Luxemburg-Konferenz hat er viele Menschen erschreckt.

Schneider: Nun ja, die Schriftsprache hätte wirklich schöner sein können. Aber das ist medial hoch gepusht und völlig fehl interpretiert worden. Er nahm da keinerlei Bezug auf Gewalt. Es war eine ganz normale Meinungsäußerung, wie sie auch im deutschen Bundestag von Politikern vertreten wird.

tagesschau.de: Die Öffentlichkeit hatte sich eine andere Wortmeldung Klars erhofft. Eine klare Abgrenzung vom damaligen Terror, ein Zeichen von Reue, oder zumindest eine Entschuldigung an die Hinterbliebenen der Opfer.

"Der ausschließliche Adressat ist der Bundespräsident"

Schneider: Alles, was er in dieser Richtung zu sagen hat, hat er dem Bundespräsidenten geschrieben. Das ist sein ausschließlicher Adressat, nicht irgendwelche Talkshows, Politiker oder überhaupt die deutsche Öffentlichkeit. Im vergangenen Monat hat Klar dem Bundespräsidenten nochmals einen ausführlichen Brief geschrieben. Nun warten wir ab, was passiert.

tagesschau.de:Aber warum richtet er sich ausschließlich an den Bundespräsidenten? Müsste sich Klar nicht auch dezidiert an die Angehörigen der Opfer wenden?

Schneider: Der Bundespräsident ist der Adressat, weil er über die Begnadigung zu entscheiden hat. Was die Angehörigen betrifft, müsste man dafür eine geeignete Form finden. Wir wissen bislang nicht einmal, ob die Angehörigen zu einem Gedankenaustausch überhaupt bereit wären.

tagesschau.de: Wäre Christian Klar dazu bereit?

Schneider: Solche Überlegungen kann es jetzt noch nicht geben, weil dazu die Form fehlt. Das kann man erst nach einer Haftentlassung entscheiden.

Das Interview führte Ulrich Bentele, tagesschau.de