Das Fazit von "Ärzte ohne Grenzen" nach dem G8-Gipfel "Große Widersprüchlichkeiten bestehen weiter"

Stand: 18.06.2007 12:40 Uhr

Tido von Schön-Angerer für Ärzte ohne Grenzen: "Erfreulich beim G8-Gipfel war, dass die großen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Aids eine große Aufmerksamkeit erhalten haben. Aber die großen Widersprüchlichkeiten in der Politik der G8 bestehen weiter und wurden vielleicht sogar noch verschärft. Einerseits ein Afrika-Hilfsprogramm zu beschließen, aber andererseits mit einer Innovationsagenda für die Schwellenländer die Arzneimittelversorgung für die armen Länder zu untergraben, ist extrem kontraproduktiv. Die beschlossene Innovationsagenda sieht nämlich vor, den Patentschutz in Schwellenländern weiter zu erhöhen. Das wird direkte negative Auswirkungen auf den Zugang von Medikamenten haben.

Indien als Apotheke für arme Länder

Wir beziehen einen Großteil unserer Medikamente für unsere Projekte, insbesondere HIV-Medikamente, aus Indien. Indien ist quasi die Apotheke der armen Länder. Aber auch Brasilien und Thailand haben die Kapazitäten, gute Nachahmerprodukte, die bezahlbar sind, für die so genannte Dritte Welt herzustellen. Wir sehen jetzt kommen, dass dies durch ein schärferes Patentrecht immer mehr eingeschränkt wird. Dass neue Medikamente in Schwellenländern hergestellt werden können, ist so wichtig, weil die Preisnachlässe der großen Firmen nicht ausreichen.

Hilfsgelder werden für teurere Medikamente ausgegeben

Wir wissen aus Erfahrung, dass die Preise nur dann fallen, wenn es Konkurrenz durch Nachahmerprodukte gibt. Wir sehen die Gefahr, dass ein Teil der von den G8 für den Kampf gegen Aids, Malaria und Tuberkulose in Afrika zugesagten 60 Milliarden Dollar nur für höhere Medikamentenpreise ausgegeben wird."