Klimaaktivistinnen, darunter Greta Thunberg (2. v.l.) und Luisa Neubauer (4. v.l.), halten vor einem Baumhaus in Lützerath Protestschilder.

Protest in Lützerath Greta Thunberg nennt Räumung "schockierend"

Stand: 13.01.2023 18:15 Uhr

In Lützerath haben die verbliebenen Aktivisten Unterstützung von Greta Thunberg bekommen. Die Schwedin will auch an der Großdemonstration am Samstag teilnehmen. Die Polizei konzentriert sich derzeit auf die Räumung der Tunnel.

Klimaaktivistin Greta Thunberg hat am Freitag den Braunkohleort Lützerath und den Krater des Tagebaus Garzweiler besucht. "Es ist entsetzlich zu sehen, was hier passiert", sagte sie und hielt ein Schild mit der Aufschrift "Keep it in the ground" (Lasst es im Boden) hoch. Die Räumung des Dorfes durch die Polizei nannte sie "schockierend" und kritisierte das Vorgehen der Einsatzkräfte. "Es ist empörend, wie die Polizeigewalt ist", sagte die 20-jährige Schwedin.

Am Samstag werde sie wie angekündigt an einer Großdemonstration für den Erhalt Lützeraths teilnehmen. "Wir wollen zeigen, wie People Power aussieht, wie Demokratie aussieht", sagte sie. Wenn Regierungen und Konzerne in dieser Weise zusammenarbeiteten, um die Umwelt zu zerstören und zahllose Menschen zu gefährden, müsse die Bevölkerung dagegen angehen und ihre Stimme erheben.

Auflagen für Großdemo am Samstag

Die Organisatoren der Demo und die Polizei hatten sich vor dem Verwaltungsgericht Aachen um die Auflagen für die Versammlung gestritten. Die Polizei wollte den Auftaktort verlegen und untersagte zehn Traktoren die Teilnahme an der Demo. Das Gericht kassierte nun die Verlegung des Auftaktortes, bestätigte aber das Teilnahmeverbot für die Traktoren. Bei erwarteten 8000 Teilnehmern seien diese eine mögliche Gefahrenquelle. Beide Seiten können noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.

Für die Polizei dürfte es am Samstag vor allem darum gehen, ein Vordringen von Demonstranten auf das Gebiet des Tagebaus zu verhindern. Eine Sprecherin des Protestbündnisses kündigte bereits an, die Aktionen in den Tagebaubereich verlagern zu wollen. "Die Polizei ist leider schneller im Dorf als gedacht", sagte sie in einem Video auf Twitter.

Besetzer noch in Bäumen und Tunnel

Am Freitag sei das letzte Gebäude des Dorfes geräumt worden, teilte die Polizei Aachen mit. Es befänden sich allerdings noch Besetzer in Baumstrukturen. Auch in der am Donnerstag entdeckten unterirdischen Bodenstruktur befänden sich nach wie vor mehrere Aktivisten. Bislang lehnten sie ein freiwilliges Verlassen des Tunnels ab, erklärte die Polizei. Die beiden seien entschlossen sich anzuketten, sobald versucht werde, sie herauszuholen, sagte eine Sprecherin der Initiative "Lützerath lebt".

Die Besetzer hatten die Polizei selbst auf die Tunnel aufmerksam gemacht: Auf der Plattform YouTube war am Donnerstag ein Video eingestellt worden. Darin warnen die beiden Aktivisten, die sich "Pinky" und "Brain" nennen, die Polizei davor, mit schwerem Gerät in den Bereich zu fahren.

Polizei räumt weiter Lützerath: Klimaaktivistin Thunberg unterstützt Protestierende

Philipp Wundersee, WDR, tagesschau, tagesschau, 13.01.2023 20:00 Uhr

Räumung fast abgeschlossen

In den Häusern des ehemaligen Dorfes befinden sich laut Polizei keine Menschen mehr, ebenso seien alle Dächer geräumt. Den Tag über holten Höhenretter der Polizei weitere Aktivisten aus Baumhäusern und anderen Gestellen. Geräumte Holzbauten und Steinhäuser des Dorfes wurden abgerissen, Bäume gefällt. "Wir wollen möglichst schnell sämtliche Strukturen räumen, möglichst noch heute", sagte ein Polizeisprecher. Auch an einem früheren Bauernhof, an dem zuletzt das große gelbe Transparent "1,5°C heißt: Lützerath bleibt!" gehangen hatte, das auf vielen Fotos aus Lützerath zu sehen war, begann der Abriss. Dennoch trotzen weiterhin einige Aktivisten der Räumung.

"Oberirdisch fast alles geräumt", Carolyn Wißing, WDR, zur den Räumungen in Lützerath

tagesschau24 18:00 Uhr

Weiter Aktionen gegen die Grünen

In verschiedenen Städten kam es zu Protestaktionen gegen die Räumung Lützeraths, auch militanten. So sollen in Berlin laut Polizei bis zu 200 Menschen im Bezirk Mitte randaliert haben. Schaufenster von 26 Geschäften seien mit Steinen und Farbe beworfen worden, zudem wurde eine Polizeiwache mit Pyrotechnik beschossen. Die Polizei nahm drei Personen kurzzeitig in Gewahrsam. Auch zwei Parteibüros der Grünen wurden beschmiert.

Bereits am Donnerstag hatten Demonstranten in Düsseldorf und Flensburg Grünen-Büros besetzt. In Aachen und Leipzig wurden Scheiben von Parteiräumen eingeworfen.

Auch vor der RWE-Konzernzentrale in Essen protestierten Aktivistinnen und Aktivisten - unter ihnen Mitglieder der Gruppe "Extinction Rebellion". Etwa 20 Menschen versammelten sich vor dem Eingangstor, einige ketteten sich daran fest, wie der WDR berichtet. Auf Plakaten fordern sie unter anderem "Stoppt die Zerstörung unserer Lebensgrundlage". Außerdem haben sie die Parole "Lützi bleibt" auf den Boden gesprüht.

Habeck erneuert Kritik an Protesten

Wirtschaftsminister Robert Habeck zeigte wenig Verständnis für die massiven Proteste. "Es gibt viele gute Anlässe, für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, meinetwegen auch gegen die Grünen. Aber Lützerath ist schlicht das falsche Symbol", sagte Habeck dem "Spiegel". Das Dorf sei eben nicht das Symbol für ein Weiter-so beim Braunkohletagebau Garzweiler im Rheinland, sondern "es ist der Schlussstrich", so der Minister. Man ziehe den Kohleausstieg im dortigen Kohlerevier um acht Jahre auf 2030 vor, was immer auch Ziel der Klimabewegung gewesen sei.

Habeck verteidigte einen entsprechenden Vertrag zwischen dem Bund, dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Energiekonzern RWE. Das bedeute: "Wir retten fünf Ortschaften und Höfe mit rund 450 Bewohnern. Der Hambacher Forst ist gesichert worden. Die genehmigte Abbaumenge für Kohle im Tagebau wurde durch die Vereinbarung halbiert."

"Der Krise geschuldet", Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, zur Position ihrer Partei zur Braunkohle

tagesthemen, tagesthemen, 12.01.2023 22:15 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 13. Januar 2023 um 17:00 Uhr.