
Corona-Sommerwelle Lauterbach fordert mehr Schutz in Pflegeheimen
Besucher in Pflegeeinrichtungen sollen sich testen und FFP2-Masken tragen, fordert der Gesundheitsminister. Er hofft auf das Hausrecht - denn die Maßnahmen sind trotz steigender Corona-Zahlen im aktuellen Gesetz nicht vorgesehen.
Wegen der aktuellen Corona-Sommerwelle ruft Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Träger von Pflegeeinrichtungen dazu auf, Tests und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes für Besucher vorzuschreiben. Die Pflegebedürftigen sollten sich zudem eine vierte Impfung verabreichen lassen.
Besucher in Pflegeheimen sollten Lauterbach zufolge idealerweise eine FFP2-Maske tragen und sich vorab testen lassen. "Ich appelliere hier an die Einrichtungsträger, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen", sagte der SPD-Politiker nach Beratungen mit den Trägern in Berlin.
Nicht im Gesetz vorgesehen
Besucher von Pflegeheimen, pflegende Angehörige und Betreuer von Menschen mit Behinderung bekommen auch über den 30. Juni hinaus kostenlose Corona-Schnelltests. Die neue Corona-Testverordnung, die am Donnerstag in Kraft tritt, ermöglicht kostenlose Schnelltests ansonsten nur noch für bestimmte Risikogruppen und Menschen, die sich nicht impfen lassen können. Alle anderen müssen drei Euro pro Test zahlen.
Ohne weitere Maßnahmen in den Pflegeeinrichtungen drohten zahlreiche Infektionen bei besonders gefährdeten Menschen, sagte Lauterbach. Nur 30 Prozent der Pflegebedürftigen hätten derzeit eine zweite Auffrischungsimpfung bekommen. Diese senke das Sterblichkeitsrisiko aber deutlich.
Im Moment sei es nicht möglich, dass Bund oder Länder den Einrichtungen Vorschriften machen, weil dies nicht im Infektionsschutzgesetz vorgesehen sei, räumte Lauterbach ein.
Schnellere Reform gefordert
In der kommenden Woche will sich die Ampelkoalition mit einer Novelle des Gesetzes befassen, das am 23. September ausläuft. Dem Gesundheitsministerium zufolge will Lauterbach sich noch vor der bald beginnenden Sommerpause des Bundestags mit Bundesjustizminister Marco Buschmann über die Eckpunkte einigen. Das neue Infektionsschutzgesetz solle nach der Sommerpause beschlossen werden.
Am Freitag will der Sachverständigenrat der Regierung seine Bewertung der Corona-Lage vorlegen. Ein Mitglied des Sachverständigenausschusses, Andrea Kießling, forderte vorab eine schnellere Reform. Das neue Infektionsschutzgesetz könne "handwerklich nicht gut werden, wenn man die Sommerpause verstreichen lässt und erst im September den Stift in die Hand nimmt", sagte Kießling der "Zeit". Sie ist Expertin für Gesundheitsrecht.
Auch der Corona-Expertenrat der Bundesregierung hatte sich bereits für neue Corona-Schutzmaßnahmen ausgesprochen.
Die Corona-Zahlen steigen
Die Corona-Zahlen stiegen in der vergangenen Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz betrug dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge 646,3. Am Dienstag lag sie noch bei 635,8. Es gab 133.950 Neuinfektionen - im Vergleich zu 119.232 am Mittwoch in der vergangenen Woche. Die Dunkelziffer könnte dem RKI zufolge deutlich höher liegen. Es gab 175 neue Todesfälle.
Auch die Zahl der Corona-Patienten in den Intensivstationen ist in den vergangenen Tagen wieder gestiegen. Aktuell ist sie leicht auf 914 gesunken, am Dienstag war sie bei 959. Die Zahl folgt den Neuinfektionen meist mit Verzögerung.