Kritik an Flüchtlingspolitik Union sieht allein Italien in der Pflicht

Stand: 12.04.2011 16:07 Uhr

Die EU hat schnell klargemacht, dass Italien im Umgang mit afrikanischen Flüchtlingen nicht mit Hilfe rechnen könne. Bundesinnenminister Friedrich warnte davor, Signale zu senden, dass die "Schleusen" nach Europa offen seien. Unterstützung bekommt er aus der Fraktion. Der Koalitionspartner jedoch ging auf Distanz.

Im Streit um den Umgang Italiens mit Flüchtlingen aus Nordafrika hat sich die Unionsfraktion hinter Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich gestellt. Dieser hatte erklärt, das Flüchtlingsproblem auf der italienischen Insel Lampedusa erfordere kein europäisches Eingreifen.

Dass Italien Flüchtlingen aus Tunesien ein Touristenvisum für den Schengen-Raum ausstelle, sei ein Missbrauch der gemeinsam beschlossenen Regeln, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. "Es wäre auch ein falsches Signal an Nordafrika, das wir da geben, nämlich die Türen Europas zu öffnen. Das wäre fatal", sagte sie. Ein Großteil der auf Lampedusa angekommenen rund 25.000 Menschen seien Wirtschaftsflüchtlinge. Nur 2500 hätten überhaupt Asylanträge gestellt.

Schünemann erwägt Sanktionen gegen Italien

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, sagte, Italien sei keineswegs übermäßig von der Flüchtlingsproblematik betroffen und habe im vergangenen Jahr nur halb so viele Asylbewerber und Flüchtlinge aufgenommen wie etwa Deutschland oder Frankreich: "Der Fall Italien ist kein Fall", sagte er. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann brachte Sanktionen gegen Italien ins Spiel: Sollte die Regierung in Rom nicht einlenken, dann "müssen wir die finanzielle Hilfe einfrieren", sagte der CDU-Politiker der "Bild"-Zeitung. EU-Staaten wie Italien mit Außengrenzen zu sogenannten Drittstaaten erhalten Geld aus mehreren Fonds der Gemeinschaft, um ihre Grenzen zu schützen, Flüchtlinge zu integrieren oder abuzschieben.

In den Tagesthemen hatte Friedrich Italien davor gewarnt, Signale an Nordafrika zu senden, dass die "Schleusen" in Europa offen seien. Deutschland nehme Menschen auf, die "wirklich schutzbedürftig" seien. Diese Linie unterstützen auch die meisten seiner europäischen Amtskollegen, die Italien beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg direkte Unterstützung bei der Versorgung tausender Flüchtlinge aus Nordafrika verweigerten.

Italien hatte angekündigt, tunesischen Flüchtlingen befristete Aufenthaltsgenehmigungen geben zu wollen, mit denen sie im Schengen-Raum legal in andere EU-Staaten reisen können. Die Bundesregierung erklärte dazu, diese Visa würden nicht anerkannt, ließ aber offen, wie sie mit Einreisenden umgehen würde. Friedrich kündigte "situationsangepasst" verstärkte Grenzkontrollen an. Verschärfte Kontrollen gibt es bereits in Frankreich.

Kritik an der Position Friedrichs kam vom Koalitionspartner. Sie halte es für falsch zu argumentieren, es sei allein die Aufgabe Italiens, mit Tunesien über die Rücknahme der Flüchtlinge zu verhandeln, sagte Außenamts-Staatsministerin Cornelia Pieper. "Das ist ein europapolitisches Problem und eine Menschenrechtsfrage", sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters.

Grüne fordern vorübergehende Aufnahme von Afrikanern

Weniger überraschend stellte sich auch die Opposition gegen den Kurs der Regierung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck sagte, Deutschland solle ein Signal nach Nordafrika senden und "Leute vorübergehend aufnehmen". Die EU solle einen neuen Mechanismus vereinbaren, um Flüchtlinge, die in einem EU-Staat ankommen, auf andere Mitgliedstaaten verteilen zu können. Nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin ist Europa verpflichtet, bei solchen "Massenfluchtsituationen" vorübergehenden Schutz zu gewähren. Stattdessen finde ein "bizarrer, innenpolitisch motivierter Streit in Europa statt", beklagte er.

Italien enttäuscht

Italiens Innenminister Roberto Maroni zeigte sich enttäuscht über die Haltung der EU-Staaten: Er frage sich, ob es noch Sinn habe, EU-Mitglied zu sein. Er kritisierte die Haltung der EU-Länder scharf. "Wir haben um Solidarität gebeten und uns wurde gesagt, helft euch selbst", sagte er.