Herbstblätter leuchten vor blauem Himmel.
FAQ

Klima Was bedeutet die Dürre für Deutschland?

Stand: 19.10.2018 17:02 Uhr

Ein golden leuchtender Herbst - und kein Regen in Sicht. Was Spaziergänger freut, bereitet Bauern Probleme. Die Auswirkungen der Trockenheit sind spürbar - Fragen und Antworten zur aktuellen Situation.

Mit Staunen blicken Spaziergänger und Anwohner derzeit auf den Rhein. Nach monatelanger Trockenheit zieht sich das Wasser des größten deutschen Stroms in eine immer schmaler werdende Fahrrinne zurück. Nach Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) könnte 2018 eines der fünf trockensten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 130 Jahren werden - Rheinschiffer, Bauern und Waldbesitzer kämpfen mit den Folgen für ihren Betrieb.

Ein niedriger Wasserstand ist am Rhein erkennbar.

Neuhausen im Herbst: Hier fließen derzeit etwa 185 Kubikmeter pro Sekunde den Rheinfall hinunter - ein historisch niedriger Stand.

Wie trocken ist es tatsächlich?

Derzeit seien rund 70 Prozent der Fläche Deutschlands von extremer Trockenheit betroffen, sagt DWD-Agrarmeteorologe Hans Helmut Schmitt. Besonders problematisch sei die Kombination aus hohen Temperaturen und geringen Niederschlägen. Denn je wärmer es ist, desto schneller verdunstet in der Regel der gefallene Regen. Ob 2018 ein Rekordjahr in puncto Trockenheit wird, steht aber erst am Jahresende endgültig fest.

Sind die Folgen überall in Deutschland zu spüren?

Besonders betroffen sind den Angaben des DWD zufolge das südliche Rheinland-Pfalz, dort besonders die Vorderpfalz, außerdem Brandenburg und Sachsen-Anhalt. "In Bayern sieht es ganz gut aus", sagt Schmitt. Auch in Hessen seien die Böden auf das Jahr hochgerechnet noch vergleichsweise feucht. Das liegt unter anderem daran, dass schwere Böden noch bis zum Frühjahr den übermäßigen Regen des vergangenen Jahres speichern konnten, wie der Wetterforscher erklärt.

Wo macht sich die Trockenheit am deutlichsten bemerkbar?

Am Rhein. Der größte deutsche Strom führt an einigen Stellen so wenig Wasser wie seit langem nicht mehr. In Köln beispielsweise ist der Pegelstand auf den bislang niedrigsten gemessenen Wert gefallen. Am Morgen betrug er vorübergehend nur 77 Zentimeter. Das sind vier Zentimeter weniger als beim bisherigen Rekord von 2003.

Doch auch die Spree bereitet Schiffern Sorge. Aus Sicht von Experten droht nach dem Aufbrauchen der verbleibenden Wasserreserven eine Einstellung der Schifffahrt in Berlin. Der Wassernachschub sei bereits so gering, dass sich die Fließrichtung des Wassers teilweise umgekehrt habe. "Die Spree dümpelt rückwärts", sagte ein Sprecher der Berliner Umweltverwaltung. Niedrig ist der Pegelstand auch in der Elbe.

Welche Folgen hat das für Industrie und Verkehr?

Auf dem Rhein können Fährbetriebe und Binnenschiffer derzeit teils gar nicht mehr, teils nur noch eingeschränkt unterwegs sein. Nach Angaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung liegt es in der Verantwortung der Frachtschiffführer, ihre Ladung an die Fahrrinnentiefe anzupassen.

Das wiederum bekommen die Autofahrer zu spüren. An mehreren Tankstellen in Nordrhein-Westfalen sei es zu Lieferengpässen gekommen, sagte ein Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands. Denn die Versorgungsschiffe konnten nicht so schwer beladen werden wie üblich. Deshalb stand zu wenig Kraftstoff für die eingesetzten Tanklastwagen bereit.

Außerdem bekommt Thyssenkrupp wegen der niedrigen Pegelstände nicht mehr ausreichend Rohstoffe für sein Duisburger Stahlwerk. Deshalb fuhr das Unternehmen die Stahlproduktion zurück. Thyssenkrupp Steel habe gegenüber seinen Kunden "Höhere Gewalt" geltend gemacht, teilte das Unternehmen mit.

Auch die Produktion im Chemiekonzern BASF ist vom Niedrigwasser und den damit verbundenen Lieferengpässen beeinträchtigt. Betroffen sei die Herstellung von vier Weichmachern und drei Acrylaten, sagte ein BASF-Sprecher.

Ein Mann beobachtet ein Binnenschiff im Rhein, das in der verbliebenen schmalen Fahrrinne passiert.

Wegen der weiterhin anhaltenden Trockenheit steuern die Pegelstände des Rheins auf ein historisches Tief zu

Wie ist die aktuelle Situation der Landwirte?

Nachdem schon die Getreide- und Gemüseernte im Sommer schlecht ausfiel, setzt sich die Situation nun unverändert fort. Die Folgen würden vermutlich auch im kommenden Jahr spürbar sein, sagt Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied. "In den betroffenen Regionen, in denen noch immer kaum Regen gefallen ist, haben wir schlechte Raps- oder Wintergerstenbestände. Außerdem gehen wir davon aus, dass das Grundfutter für die Tiere knapp wird und sich einige von ihren Tieren trennen müssen." Schwierig sei die Lage insbesondere in Nord- und Ostdeutschland.

Gut sieht die Lage hingegen für die Obstbauern aus. Ihnen bescherte der Rekordsommer eine reiche Ernte. Vor allem die Apfelbäume hängen voll.

Können die Wasserkraftwerke ausreichend Strom produzieren?

Vor allem seit Juli blieb die Stromproduktion wegen der Trockenheit hinter den Vorjahreswerten zurück, sagt Harald Uphoff, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Wasserkraftwerke. Da es bis ins Frühjahr hinein viel geregnet habe, gebe es im Gesamtsaldo aber nur einen geringen Rückgang. Insgesamt profitierten die Erzeuger Erneuerbarer Energien bislang: Die vielen Sonnenstunden haben den Rückgang bei der Wasserkraft bei Weitem wett gemacht. Die Produktion aus Sonnenenergie lag im September ein Drittel über dem Vorjahreswert.

Wie haben die Wälder die Dürre verkraftet?

Für die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände steht der Trockensommer in einer Reihe klimabedingter Extreme, darunter auch Stürme wie "Friederike" vom vergangenen Januar. Waldbrände, zerstörte Neuanpflanzungen und Schädlingsvermehrung hätten nun zusätzlich dauerhafte Schäden verursacht.

Unter dem Strich beziffert die Arbeitsgemeinschaft die Schadensumme für die Forstwirtschaft mit rund 5,4 Milliarden Euro. Auch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald berichtet, unter jungen Pflanzen gebe es hohe Ausfälle, beispielsweise in Rheinland-Pfalz oder Bayern. Fichten hätten besonders gelitten, zumal auch noch Borkenkäfer über sie hergefallen seien. Wichtig sei, dass die Trockenheit bald ein Ende habe und nicht noch andere Störfaktoren wie etwa weitere Stürme hinzukämen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Oktober 2018 um 13:51 Uhr.