Ein Mann blickt auf einen Monitor | picture-alliance/ dpa
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Ermittlungen im Darknet Schlag gegen Kinderpornografie-Plattform

Stand: 03.05.2021 08:57 Uhr

Ermittlern in Deutschland ist ein Schlag gegen die weltweite Verbreitung von kinderpornografischem Material gelungen. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios wurden vier Männer festgenommen.

Von Michael Götschenberg, ARD-Hauptstadtstudio

Die Plattform mit dem Namen "Boystown" wurde im Darknet als Tauschbörse für kinderpornografisches Material betrieben. Sie soll weltweit rund 400.000 Mitglieder gehabt haben. Wie die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigte, wurden die Betreiber bereits Mitte April festgenommen. Die Ermittlungen werden vom Bundeskriminalamt durchgeführt und dauern noch an.

Hauptbeschuldigte sind vier Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit: ein 40-Jähriger im Kreis Paderborn, ein 49-Jähriger im Landkreis München, sowie ein 54-Jähriger in Paraguay sollen den Ermittlungen zufolge die Administratoren und Betreiber der Plattform gewesen sein. Ein 64-Jähriger in Hamburg wird beschuldigt, eines der aktivsten Mitglieder gewesen zu sein.

Server in Moldau

Die drei Beschuldigten in Deutschland sitzen seit dem 14. beziehungsweise 15. April in Untersuchungshaft. Im Zuge der Festnahmen wurden sieben Objekte in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hamburg durchsucht. Gegen den 54-Jährigen in Paraguay liegt ein internationaler Haftbefehl vor - er soll nach Deutschland ausgeliefert werden. Nach der Festnahme der Hauptbeschuldigten wurde die Plattform von den Ermittlern abgeschaltet.

Wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte, konnten die Nutzer auf "Boystown" im Darknet kinderpornografisches Material tauschen. Die Plattform soll mindestens seit Juni 2019 bestanden haben. Die Server befanden sich demnach in der Republik Moldau und waren dort angemietet worden.

Internationale Taskforce

Bei den Missbrauchsdarstellungen soll es sich überwiegend um Jungen unterschiedlichsten Alters gehandelt haben, darunter den Angaben zufolge auch schwerste Fälle von Missbrauch an Kleinkindern. Demnach bestand die Plattform aus einem Forum, das in unterschiedliche Bereiche gegliedert war, in denen die Missbrauchsdarstellungen abgelegt und gesucht werden konnten.

Darüber hinaus habe es zwei Chatbereiche gegeben, über die die Mitglieder kommunizieren und Material tauschen konnten. Allein der 64-Jährige aus Hamburg, der besonders aktiv gewesen sein soll, habe demnach rund 3.500 Darstellungen auf der Plattform geteilt, so die Ermittler.

Die drei mutmaßlichen Betreiber sollen den Mitgliedern Verhaltenshinweise für das sichere Surfen gegeben haben, um sich vor einer Entdeckung zu schützen. Für die Ermittlungen war auf deutsche Initiative eine internationale Taskforce ins Leben gerufen worden, die von Europol koordiniert wurde. An den Ermittlungen waren Strafverfolgungsbehörden in Schweden, den USA, Australien und Kanada beteiligt.

Große Plattform

Da die Plattform im Darknet betrieben wurde, in dem anonym gesurft werden kann, sind die Ermittlungen besonders schwierig. Für die Ermittler ist die Abschaltung der Plattform und die Festnahme der mutmaßlichen Betreiber ein großer Erfolg im Kampf gegen die Verbreitung von Kinderpornografie.

Mit 400.000 Mitgliedern war "Boystown" um ein vielfaches größer als die Plattform "Elysium", die 111.000 Nutzer hatte und im Juni 2017 abgeschaltet wurde. Sie galt als eine der größten ihrer Art und wurde ebenfalls von Deutschland aus betrieben. Die Betreiber wurden vor zwei Jahren zu Haftstrafen zwischen drei Jahren und zehn Monaten und zehn Jahren und neun Monaten verurteilt.

Über dieses Thema berichtete NDR 2 am 03. Mai 2021 um 10:00 Uhr in den Nachrichten.