Karl Lauterbach mit FFP2-Maske.

"Talkshow-Modus" Kölner Karnevalisten kritisieren Lauterbach

Stand: 25.12.2021 15:59 Uhr

Karneval im Sommer? Bei Kölner Karnevalisten stößt dieser Vorschlag von Gesundheitsminister Lauterbach auf heftige Kritik: Der Politiker solle raus aus dem "Talkshow-Modus", schreiben sie in einem Brief - und fordern klare Vorgaben.

Nach Aussagen über eine mögliche Verschiebung des Karnevals in den Sommer haben Kölns Karnevalisten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach scharf kritisiert. "Es ist schade, wie wenig Sie als Rheinländer über den Karneval wissen. Sonst würden Sie sich nicht öffentlich eine Verlegung der Karnevalsaktivitäten in den Sommer wünschen", schrieb Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, in einem Offenen Brief an den im rheinischen Düren geborenen SPD-Politiker.

Der Karneval sei mehr als Feiern um jeden Preis und vielmehr ein wichtiges und erhaltenswertes Kulturgut, schrieb Kuckelkorn weiter.

Der Karneval ist ein Fest im Jahreskreislauf wie Weihnachten oder Ostern. Niemand würde ernsthaft fordern, alle weihnachtlichen Feiern vom Weihnachtsmarkt über die Christmette bis zu den Treffen im Familienkreis auf den Sommer zu verlegen - selbst in Pandemiezeiten nicht.

"Mir wäre ein Sommer-Karneval lieber"

Lauterbach hatte den Karnevalisten am Donnerstag im WDR wenig Hoffnung auf eine normale Saison gemacht. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir den Karneval durchführen können. Und es ist auch kein guter Karneval", sagte er und gab zu bedenken: "Was ist das für ein Karneval, wo man versucht, fröhlich zu sein, wo es aber immer mit dem Risiko einhergeht, dass man sich selbst oder andere infiziert und dann möglicherweise mit einer schweren Krankheit rechnen muss?"

Der Mediziner schlug zugleich vor, die närrischen Aktivitäten wegen der drohenden Omikron-Welle in die warme Jahreszeit zu verlagern. "Mir wäre tatsächlich ein Sommer-Karneval lieber, der dann unter sicheren Bedingungen stattfindet, als dass wir versuchen, uns jetzt hier durchzulavieren und uns gefährden."

"Als seien Karnevalisten unbelehrbare Corona-Leugner"

Der rheinische Karneval sei "zu Recht" als immaterielles Kulturgut der Bundesrepublik anerkannt, konterte Kuckelkorn nun - "denn unser Brauchtum besteht eben aus viel mehr als wilden Partys und zügellosem Alkoholkonsum". Dass dies nicht zur Pandemielage passe, sei völlig unstrittig. "Aber der Karneval gibt den Menschen auch Hoffnung und Zuversicht."

Man wolle "gerade nicht um jeden Preis feiern", hieß es in dem Schreiben weiter. Der Schutz der Gesundheit gehe vor - das hätten die Karnevalisten in den vergangenen Monaten etliche Male bewiesen. Und auch in der aktuellen Session übernähmen die Vereine Verantwortung und sagten freiwillig ihre Karnevalssitzungen ab. Der organisierte Karneval versuche dabei gerade nicht, sich "durchzulavieren". Vielmehr bemühten sich die Vereine, "dort Orientierung zu geben, wo die Politik es leider versäumt, klare Regeln zu formulieren". Schon im Sommer habe man erste Impfaktionen gestartet, um möglichst viele Menschen vom Impfen zu überzeugen. Am 11.11. habe man freiwillig 2G zur Pflicht gemacht, lange bevor staatliche Stellen dies vorschrieben.

Lauterbach ignoriere dies und werfe "Bilder von einer Partymeile am 11.11., die mit Karneval nichts zu tun hat, mit hervorragend ehrenamtlich organisierten Veranstaltungen in der Innenstadt in einen Topf", kritiserte Kuckelkorn. Der Minister tue so, "als seien alle Kölner Karnevalisten unbelehrbare Corona-Leugner" - das sei man nicht. "Wir erwarten lediglich einen respektvollen Umgang mit dem immateriellen Kulturerbe rheinischer Karneval, und wir erwarten klare, rechtlich bindende Vorgaben der Regierung statt moralischer Appelle, die unsere Vereine geradewegs in die Pleite führen. Denn bei einer freiwilligen Absage müssen Künstler, Saalbetreiber und andere Dienstleister selbstverständlich entschädigt werden." Lauterbach solle heraus aus seinem "Talkshow-Modus" und wie ein Minister agieren.

Lauterbach reagiert via Twitter

Der Minister reagierte bereits auf die Kritik und schrieb auf Twitter: "Auch mir ist der Karneval in Köln sehr wichtig. Besonders das Leben der Feiernden. Die Vereine müssen planen können. Wir erwarten eine so massive Omicron Welle, dass der Karneval unter den geplanten 2G Bedingungen wahrscheinlich nicht sicher genug ist."

Kuckelkorn merkte auch an, dass laut einer Studie die Wertschöpfung des Karnevals allein in Köln bei 600 Millionen Euro pro Jahr liege. "Davon erhalten die Karnevalsgesellschaften den kleinsten Anteil, aber ohne die von ihnen veranstalteten Sitzungen, Bälle und Karnevalsumzüge haben auch Hotels und Kneipen, Taxifahrer und Kellner, Friseure und Kostümfachgeschäfte keinen Umsatz im Karneval."

Kuckelkorn lud den Minister zu einem Gespräch ins Kölner Karnevalsmuseum ein. Dort solle man "so schnell wie möglich" über Perspektiven für ehrenamtliche Vereine, Künstler und andere Betroffene sprechen. "Denn im zweiten Jahr der Pandemie ist das Thema Karneval für viele Menschen sprichwörtlich zu einer ernsten Sache geworden"

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 11. November 2021 um 22:15 Uhr.