
Digitalstrategie beschlossen Empfang an jeder Milchkanne - bis 2024
Stand: 18.11.2019 19:35 Uhr
Deutschland muss bei der Digitalisierung aufholen, will es wirtschaftlich mithalten. Doch noch immer gibt es viele Funklöcher, sogenannte weiße Flecken. Die Bundesregierung will die nun schließen.
Von Tobias Betz, ARD-Hauptstadtstudio Berlin
Lange war die Situation aussichtslos für die Gemeinde Schonungen in Unterfranken. 8000 Einwohner, ein Museum, eine Kirche. Aber kein Mobilfunkmast, also kein Netz. Doch dann starteten die Einwohner zusammen mit der Gemeinde Aktionen zur Schließung der Mobilfunklücken. Das führte schließlich zum Erfolg, freut sich heute Bürgermeister Stefan Rottmann. "Wir haben dann erreicht, dass in einigen Ortsteilen jetzt Mobilfunkmasten errichtet wurden. Aber alles nur durch politischen und medialen Druck."
Neue Mobilfunkstrategie: Was kann die Regierung noch erreichen?
tagesthemen 22:15 Uhr, 18.11.2019, Ariane Reimers/Matthias Schlott, ARD Berlin
Auf dem Land mag niemand investieren
Rottmanns Kritik: In jeder Stadt kämpfen mehrere Anbieter um jeden Kunden, ums beste Netz. Auf dem Land müssen Kommunen sich selbst darum kümmern. Das hat die Bundesregierung offenbar erkannt und will das ändern. Zwei Tage lang berieten Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Minister darüber im Schloss Meseberg in Brandenburg.
Mit Blick auf den schleppenden Mobilfunkausbau stellt Merkel fest, "dass die Planungsräume zu lange dauern. Wir haben gestern sehr intensiv darüber gesprochen, dass es in Deutschland teilweise anderthalb Jahre dauert, um einen Funkmasten aufzustellen für die Verbesserung des Mobilfunkes. Und dass das in anderen Ländern in Europa sehr viel schneller geht. Das heißt: Ich sehe dort erst einmal die Aufgabe. An Investitionsgeld mangelt es meiner Auffassung nach zur Zeit nicht", so die Kanzlerin.
Planung soll erleichtert werden
Die Bundesregierung hat nun eine Digitalstrategie aufgesetzt. Demnach soll die Zusammenarbeit mit den Kommunen verbessert werden. Das betrifft nicht nur eine effizientere, unbürokratische Planung. Auch die Akzeptanz vor Ort soll hergestellt werden. Der Bau neuer Mobilfunkmasten scheitert oft daran, dass es Vorbehalte in der Bevölkerung gibt - wegen der Angst vor hoher Strahlung. Verkehrsminister Andreas Scheuer, der auch für digitale Infrastruktur zuständig ist, meint: "Wir haben in Deutschland oft schon eine verquere Diskussion, Mobilfunk gibt es nur mit Sendeinfrastruktur und Digitalisierung nur mit Mobilfunkmasten, und da müssen wir auch aufgeschlossener werden."
Aufklärung gegen Strahlenangst
Mit Aufklärungskampagnen sollen Vorbehalte gegen Masten und die Angst vor Strahlenbelastung abgebaut werden, so Scheuer. Aus Sicht des Bundesamts für Strahlenschutz müssen sich Bürger keine Sorgen um Gesundheitsschäden durch Mobilfunkmasten machen, solange die Grenzwerte eingehalten werden. Wichtige Überzeugungsarbeit für die Bundesregierung. Denn sie will 1,1 Milliarden Euro in die Hand nehmen und 5000 Mobilfunkmasten aufstellen.
Das Geld dafür kommt von den Einnahmen aus der Versteigerung der Lizenzen für das schnelle Internet 5G. Immerhin habe die Bundesregierung an der 5G-Auktion prächtig verdient: 6,5 Milliarden Euro waren es am Ende. Kritik kommt von der Opposition. Grünen-Chef Robert Habeck: "Dieses Geld ist in den Bundeshaushalt geflossen. Es fehlt jetzt aber den Firmen. Und wird jetzt in Teilen wieder ausgegeben. Das heißt, die Bundesregierung stopft Löcher, die sie selber gerissen hat."
Bürgermeister Rottmann bleibt skeptisch
Der Bürgermeister von Schonungen in Unterfranken jedenfalls hofft, dass die Bundesregierung die Kommunen beim Mobilfunkausbau entlastet. „Also es bleibt abzuwarten, ob den Ankündigungen auch Taten folgen. Also ich bin da sehr skeptisch.“
Bis 2024 will die Bundesregierung die Funklöcher gestopft haben.