Schweinehälften passieren einen Kontrollpunkt in einem Schlachthof in Ostfriesland

Kabinett berät Dringend Regeln für Schlachthöfe gesucht

Stand: 19.06.2020 14:28 Uhr

Die Corona-Krise zeigt: Die Arbeitsbedingungen in großen Schlachtbetrieben sind oft miserabel. Jetzt berät das Kabinett über strengere Auflagen und auch über Verbote. Die Fleischindustrie warnt.

Die hohe Zahl von Corona-Infektionen unter Schlachthaus-Mitarbeitern hat ein Schlaglicht auf die Bedingungen in der Fleischbranche geworfen. In den Schlachthöfen arbeiten oft Männer aus Ost- und Südosteuropa, die von Subunternehmern in die Betriebe geschickt werden. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter werden häufig als prekär beschrieben.

Über die Missstände berät das Kabinett heute erneut. Das Thema wird seit Jahren debattiert und stand auch am Montag dieser Woche bereits auf der Tagesordnung, wurde aber verschoben. Die Union hatte laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) noch Gesprächsbedarf.

Arbeitsminister für Verbot von Werkverträgen

Heil hat Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie vorgelegt. Wie tagesschau.de aus Regierungskreisen erfuhr, will der SPD-Politiker Werkverträge für die Branche ebenso verbieten wie Leiharbeit. Außerdem ist eine Verbesserung der Unterbringung der Beschäftigen vorgesehen. Die Einhaltung der neuen Vorgaben soll danach durch eine erhöhte Prüfquote in den Fleischbetrieben gewährleistet werden.

Der Minister betonte vor der Kabinettssitzung, strukturelle Probleme der Fleischindustrie seien trotz verschiedener Anläufe nicht behoben. Dazu gehörten Überbelegung und Wuchermieten bei Unterkünften, Verstöße gegen Corona-Hygieneregeln, den Mindestlohn und Arbeitszeitvorgaben.

"Dubiose Vetragsstrukturen"

Diese Missstände seien in der Corona-Krise zu einem "gefährlichen Gesundheitsrisiko" für die Beschäftigten und die gesamte Bevölkerung geworden. Eine Wurzel des Übels seien dubiose Vertragsstrukturen mit Subunternehmern, die auch Kontrollen unmöglich machten. "Da wird organisiert Verantwortung abgewälzt, so dass niemand mehr verantwortlich gemacht werden kann", erklärte er.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sprach sich für ein härteres Vorgehen bei Verstößen gegen den Arbeits- und Gesundheitsschutz aus und brachte höhere Bußgelder ins Spiel.

Fleischindustrie warnt vor Abwanderung ins Ausland

Der Fleischverband legte ein Fünf-Punkte-Programm für Verbesserungen vor und warnte davor, Werksverträge zu verbieten. Bei einem Verbot der Anheuerung von Subunternehmen drohten gravierende wirtschaftliche Schäden, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Fleischwirtschaft, Heike Harstick, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Große Teile der Fleischproduktion würden dann ins Ausland abwandern.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) forderte ein Verbot von Werkverträgen im Kernbereich unternehmerischer Tätigkeit. Fleischkonzernen müsse es unmöglich gemacht werden, das Schlachten und Zerlegen an Fremdfirmen auszulagern.

Grüne: Nicht auf Freiwilligkeit setzen

Die Grünen forderten, die Bundesregierung dürfe gesetzliche Regelungen nicht weiter vor sich herschieben. Die Erfahrung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass die Fleischbranche freiwillig nichts verändern werde.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 20. Mai 2020 um 08:00 Uhr.