Ein kurdischer Kämpfer geht an einer Wand mit IS-Flagge vorbei.
FAQ

Deutsche IS-Kämpfer So soll der Passentzug funktionieren

Stand: 03.04.2019 12:37 Uhr

Deutsche, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, sollen künftig ihren deutschen Pass verlieren, wenn sie für eine Terrormiliz wie den IS kämpfen. Wie sehen die Einzelheiten des Gesetzentwurfs aus?

Von Sabine Müller, ARD Berlin

Was genau hat die Bundesregierung vor?

Sie will Paragraf 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes ändern. Bisher steht dort, dass Mehrstaatler ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn sie sich ohne offizielle Genehmigung bei einer ausländischen Armee verpflichten - beziehungsweise einem vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie auch besitzen. Die Begründung: Wer das tut, der wendet sich von der Bundesrepublik Deutschland ab.

Dieser Paragraf soll jetzt ergänzt werden um den Hinweis, dass der Entzug auch dann gilt, wenn Deutsche, die zwei Pässe haben, im Ausland für eine Terrormiliz kämpfen. Etwa den "Islamischen Staat". Der nennt sich zwar Staat, ist aber kein echter Staat mit echten Streitkräften und deshalb gab es bisher keine rechtliche Grundlage, IS-Kämpfern die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen. Die neue Regelung ändert das. Minderjährige Terrorkämpfer sind davon ausgenommen.

Und was ist mit Terror-Kämpfern, die nur den deutschen Pass haben?

Ihnen darf die Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden. Denn das Grundgesetz schreibt vor, dass niemand staatenlos gemacht werden darf. Das ist eine der Lehren aus der Nazi-Zeit, als reihenweise unliebsame Personen ausgebürgert wurden. Wer also nur den deutschen Pass hat, der darf seine Staatsangehörigkeit behalten, egal, für wen er im Ausland gekämpft hat und welche Gräueltaten er vielleicht begangen hat.

Wie funktioniert so ein Entzug der Staatsangehörigkeit praktisch?

Im Gesetzentwurf heißt es, bei konkreter Beteiligung an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz trete der Verlust der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes ein. Gleichzeitig wird eingeräumt, es sei schwierig zu belegen, dass jemand tatsächlich im Ausland gekämpft hat.

Auf Nachfrage erklärt das Innenministerium, die Bundesregierung werde Informationen der Sicherheitsbehörden auswerten, ebenso Videoaufnahmen oder Zeugenaussagen und Erkenntnisse aus eventuellen Strafverfahren. Ob die Bedingungen für den Passverlust erfüllt sind, entscheiden dann Behörden in den Bundesländern, wenn der Terrorkämpfer in Deutschland ist. Ist er noch im Ausland, wäre das Bundesverwaltungsamt zuständig.

Wen betrifft das neue Gesetz?

Die Bundesregierung geht davon aus, dass es nur relativ wenige Menschen sein werden. Sie rechnet mit Fallzahlen im einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich. Deutsche Mehrstaatler, die sich in den vergangenen Jahren dem IS angeschlossen haben und jetzt vielleicht in Syrien oder im Irak im Gefängnis sitzen und nach Deutschland zurückwollen, wären nicht betroffen vom Passentzug, weil das Gesetz nicht rückwirkend gilt.

Wenn diese Menschen allerdings weiter für den IS oder eine andere Terrormiliz kämpfen, nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, dann kann die zweite Staatsangehörigkeit entzogen werden. Manche Unionspolitiker würden das neue Gesetz gerne rückwirkend anwenden, aber sowohl die Verfassungsrechtler im Justizministerium als auch die im Innenministerium sagen ganz klar: Das wäre verfassungswidrig. Es ist also unwahrscheinlich, dass sich bei den anstehenden Beratungen im Bundestag daran noch etwas ändert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 03. April 2019 um 08:50 Uhr.