
Energiekrise Geht Sportvereinen die Energie aus?
Flutlicht, beheizte Hallen, heiße Duschen: Auf die rund 90.000 Sportvereine kommen im Winter massive Kostensteigerungen zu. Wird aus der Energiekrise eine Existenzkrise?
Die Folgen der hohen Energiepreise sind spürbar, auch bei den Sportvereinen. Um genau zu sein: Drei Grad kälter ist es in den Hallen des TSV Schott Mainz. Noch größere Einsparungen bei den Heizkosten seien kaum möglich, sagt Till Pleuger, Manager des Vereins, der mit knapp 4000 Mitgliedern zu den größten Breitensport-Anbietern in Rheinland-Pfalz zählt. "Selbst beim Sport müssen die Hallen auf ein Mindestmaß beheizt werden. Auch die Duschen können wir nicht einfach abstellen. Unser Spielraum ist begrenzt."
Beim Mombacher Turnverein 1861, einem weiteren großen Mainzer Sportverein, sieht man das ähnlich. Um die Strom- und Gaskosten zu drücken, käme etwa ein Wechsel des Energieanbieters infrage, sagt Vorstand Mathias Grünewald. In den vergangenen Jahren sei das eine Möglichkeit gewesen, um Kosten zu sparen - doch die Zeiten sind vorbei. 21.000 Euro jährlich bezahle der Verein bislang für das Gas, mit dem zwei Sporthallen beheizt werden. Ein Vertragswechsel würde jetzt aber auch nicht helfen, im Gegenteil: Bei der Konkurrenz sei teils das Fünffache des Preises fällig, erzählt Grünewald. "Das wären mehr als 100.000 Euro im Jahr. Das wäre Wahnsinn und gar nicht zu stemmen."
Wird aus der Energiekrise eine Existenzkrise?
Die Energiekrise droht für viele der 90.000 Sportvereine in Deutschland zur Existenzkrise zu werden, denn auch die finanziellen Folgen der Pandemie setzen ihnen weiter zu. "Die Hälfte der Mitglieder, die wir während Corona verloren haben, ist inzwischen zurückgekommen - die andere Hälfte nicht", sagt Vereinsmanager Pleuger. Durch fehlende Mitgliedsbeiträge und Kursausfälle habe der TSV Schott Mainz 300.000 Euro Verlust gemacht. Ohne staatliche Hilfe hätten sie das nicht überlebt, sagt Pleuger. Ähnlich die Lage beim Mombacher Turnverein: Hier habe man allein wegen des Ausfalls von Großveranstaltungen, etwa an Fastnacht, einen sechsstelligen Betrag verloren, erzählt Mathias Grünewald.
Die Sorgen der Vereine seien wegen der Energiekosten noch höher als wegen der Einschränkungen durch die Pandemie, fasst Christian Siegel, Ressortleiter Breitensport beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), die Lage zusammen. "Uns erreichen täglich Hilferufe von Vereinen und Landessportbünden", sagt Siegel. Besonders groß sei die Not bei Schwimm- und Eissportvereinen, deren Sportstätten sehr viel Energie benötigen. Der DOSB appelliert an alle Vereine, mindestens 20 Prozent Energie einzusparen und hat dafür einen Katalog mit Maßnahmen erarbeitet. Darunter: verzichtbare Elektrogeräte ausschalten, Isolierung der Heizungs- und Warmwasserleitung, Umrüstung auf LED-Beleuchtung.
Rücklagen sind aufgebraucht
Gerade die Beleuchtungssysteme, etwa für den Hockeyplatz und das Leichtathletikstadion, seien ein wichtiger Punkt, sagt auch Schott-Mainz-Manager Pleuger. Sein Verein habe bereits vor einigen Monaten auf LED umgestellt. "Doch Geld sparen werden wir wegen der Preissteigerung beim Strom nicht", ergänzt er. "Und ich wüsste nicht, wie wir jetzt noch zusätzlich 20 Prozent an Energie einsparen könnten."
Vereinsvorstand Grünewald sieht hier ein weiteres Problem. Während der Pandemie hat der Mombacher Turnverein, wie viele andere auch, seine Rücklagen beinahe vollständig aufgebraucht. Inzwischen stecke der Verein im Sanierungsstau. Um auch mittel- und langfristig Energie einzusparen sei etwa eine energetische Sanierung der Sporthallen notwendig. "Die Kommunen bieten hier mitunter Förderprogramme an, für die die Vereine aber Eigenmittel brauchen", sagt Grünewald. "Diese Eigenmittel können wir aber nicht aufbringen."

Viele Turnhallen bräuchten eine energetische Sanierung. Aber wer soll das bezahlen?
Vergisst der Bund den Breitensport ?
Der DOSB sieht daher bei der Bundesregierung Handlungsbedarf. Als Anschub nach den Pandemie-Einschränkungen waren noch 500 Millionen Euro für den Breitensport bereitgestellt worden. Nun drohe der Sport vergessen zu werden, befürchtet Siegel: "Das dritte Entlastungspaket des Bundes nimmt die existenzielle Bedrohung der Vereine gar nicht wahr." Es brauche einen Unterstützungsfonds für Vereine und die Kommunen, die wiederum für den Großteil der Vereine die Sportstätten bereitstellen. Auch die Umrüstung auf erneuerbare Energien, etwa durch Solarmodule auf Vereinsgeländen, müsse von der Politik gefördert werden, verlangt Siegel.
Vereinsmanager Pleuger wünscht sich ebenfalls mehr staatliche Unterstützung. Die Mitgliedsbeiträge seien schon wegen der Pandemie erhöht worden. Die Mehrkosten könnten nun nicht mehr weitergegeben werden. Beim Mombacher Turnverein 1861 denkt Grünewald über eine moderate Anhebung der Preise nach, die ohnehin alle drei Jahre anstehe. "Aber da könnten wir uns auch einen Bärendienst erweisen, wenn Mitglieder kündigen."