
Nach der Wahl Das Saarland sortiert sich neu
Die Landtagswahl bestätigt die saarländische Sonderrolle. Für die Wahlsiegerin SPD werden die nächsten Wochen nicht einfach - und die CDU kann sich eine lange Schockstarre nicht leisten.
In der SPD-Parteizentrale in Saarbrücken war man optimistisch angesichts der Umfragen der vergangenen Tage und Wochen. Das Ziel, nach 23 Jahren wieder in die Staatskanzlei zu ziehen, schien fast schon sicher. Allen pflichtschuldigen Unkenrufen, dass Umfragen ja nur Umfragen seien, zum Trotz. Doch dass am Ende nicht nur Anke Rehlinger die neue Ministerpräsidentin ist, sondern dass die SPD das Land künftig mit einer absoluten Mehrheit regieren kann, hatten selbst die größten Optimisten nicht zu glauben gewagt.
Und so stand dann am Ende selbst Rehlinger im Jubel der Partei auf der Bühne und suchte vergeblich nach einer vollumfänglichen Erklärung: "Am Ende hatten wir ein besseres Paket. Das hat dazu geführt dass wir souverän punkten konnten."
Rehlingers Botschaft
Es war - so oder so - vor allem das Ergebnis einer langangelegten Kampagne. Einer Kampagne, die stärker auf die Botschaft als auf konkretes politisches Handeln setzte. Früh hatte Rehlinger das Thema Arbeitsplätze in den Fokus gerückt. Angesichts des Strukturwandels im Saarland und der lahmenden wirtschaftlichen Entwicklung ein naheliegendes Thema, das dann aber auch im Wahlkampf immer mehr verfing. Die meisten Befragten hielten es am Ende für das wichtigste Thema.
Doch neben dem erfolgreichen Agenda-Setting profitierte die SPD vor allem von Rehlinger selbst. Die ohnehin für eine Herausforderin guten Umfragewerte wurden spätestens ab Herbst vergangenes Jahres immer besser. Der Amtsbonus, der zuletzt so viele Landtagswahlen entschieden hat, zahlte im Saarland vor allem auf das Konto der Herausforderin ein. Rehlinger war die zupackendere, die greifbarere Kandidatin im Vergleich zu Amtsinhaber Tobias Hans.
Und trotzdem dürfte die Aufgabe in den kommenden Wochen nicht einfach werden. Sind doch bei einer Alleinregierung fast alle personellen Planspiele über den Haufen geworfen. Plötzlich sind da deutlich mehr Ministerien zu besetzen als ursprünglich geplant, und der Proporz spielt selbst im kleinen Saarland eine nicht zu unterschätzende Rolle. Doch es dürfte unangenehmere Aufgaben geben.
Bei der CDU wird es grundsätzlich
Bei der CDU wird es um Grundsätzliches gehen. Der Rücktritt von Ministerpräsident Hans ist nur eine Frage der Zeit. Es war die Wahl Rehlingers, es war aber auch die Abwahl von Hans. Die CDU wird sich neu ordnen müssen. Nicht nur, weil sie diese Wahl verloren hat, sondern wegen auch der Art und Weise, wie sie verloren wurde. Es war eine Kampagne, die nie verfing und in der immer wieder Fehler passierten.
Dazu verlor Amtsinhaber Hans zusehends an Zustimmung - spätestens als die Kritik an der Corona-Politik wuchs. Seine selbstgewählte Rolle als Corona-Manager schadete ihm nun. Zumal sein Schlingerkurs zusehends die Menschen verunsicherte. Dabei gelang es weder ihm noch der Partei gegenzusteuern, die hektische Thematisierung der Spritpreise kurz vor der Wahl wirkte da fast hilflos.
Nun steht die Partei vor einem Scherbenhaufen und dem schlechtesten Ergebnis, seitdem das Saarland zur Bundesrepublik gehört. Die Partei muss sich schnell sortieren, auch um zu verhindern, dass die Nachfolgekämpfe losgehen. Zudem wird sie gebraucht - als funktionierende Opposition, sollte Rehlinger eine Alleinregierung wagen. Nachdem nicht nur die Linke und die FDP, sondern auch die Grünen den Einzug verpasst haben, bleibt der CDU kaum Zeit, sich nur um sich selbst zu drehen.
Tiefpunkt für die Kleinen
Für die ohnehin chronisch schwachen kleinen Parteien im Saarland ist das Ergebnis ein neuer Tiefpunkt. Sowohl Grüne als auch FDP hatten sich nicht nur Hoffnungen auf den Wiedereinzug in den Landtag, sondern sogar Chancen auf eine Regierungsbeteiligung mit der SPD ausgerechnet. Nun stehen sie wieder vor fünf Jahren außerparlamentarischer Opposition. Die politische Landschaft im Saarland ist traditionell ein schwieriges Pflaster für FDP und Grüne, und auch diesmal reichte ein positiver Bundestrend nicht.
Die Linke im Saarland steht am Ende vor dem Scherbenhaufen ihres innerparteilichen Streits. Der Austritt von Oskar Lafontaine kurz vor der Wahl war der Sargnagel für jegliche Hoffnungen. Es ist ein fast beispielloser Absturz, nachdem die Partei 2009 noch 21 Prozent holen konnte.
Saarländische Sonderrolle
Am Ende bestätigt das Saarland wieder in vielen Punkten seine Sonderrolle in der politischen Landschaft. Ein Drei-Parteien-Parlament mit zwei Volksparteien, die zusammen auf über 70 Prozent der Stimmen kommen und der AfD, die mit gerade einmal drei Abgeordneten in den Landtag einzieht. Ob da überhaupt eine funktionierende Fraktionsarbeit möglich ist, scheint fraglich. Die drei neuen Abgeordneten gehören unterschiedlichen Partei-Lagern an und gelten als zerstritten.
Und so bleiben auch am Ende eines tatsächlich historischen Wahlabends neben dem Jubel der SPD und der Schockstarre der CDU auch viele fragende Gesichter, wie sich die politische Landschaft im Saarland in den kommenden fünf Jahren sortieren wird.